Vor 40 Jahren prägte ein junges Mädchen aus Brüssel den Stil einer ganzen Generation: Modeschöpferin Diane von Fürstenberg.
Von Anfang an eins mit dem Freigeist
Für viele gleicht sie der personifizierten Emanzipation: Eine Frau mit einzigartigem Erscheinungsbild und unkonventioneller Kreativität, um ihre hoch gesteckten Ziele zu erreichen. Getrieben von ihrem Instinkt und smart genug, um wirtschaftlichen Profit daraus zu schlagen. Diane von Fürstenberg ist eine Ikone in vielerlei Hinsicht: Entschlossen und unermüdlich, leidenschaftlich und abenteuerlustig, und über Jahrzehnte hinweg nicht nur oft zur richtigen Zeit am richtigen Ort, sondern stets zum nächsten Schritt ins Ungewisse bereit. Seit 1974 ist Diane von Fürstenbergs One-Woman-Show im Modezirkus ein unumstrittener Erfolg.
Kein durchgehender, aber ein andauernder. Und keineswegs ein Zufall.
Den notwendigen Ehrgeiz und ihr Durchsetzungsvermögen als Unternehmerin bekam Diane von einer griechischen Kämpfernatur in die Wiege gelegt. Ob ihre Mutter Liliane Nahmia nach einer prägenden Vergangenheit im Konzentrationslager von Auschwitz jemals Kinder haben würde, war ungewiss. Doch ihr Zusammentreffen mit Leon Halfin, einem Unternehmer rumänischer Abstammung, der auf seiner Flucht vor den Nationalsozialisten Kapital über Landesgrenzen schmuggelte, resultierte in einer überraschenden Schwangerschaft. Und gegen den Rat ihres Arztes wurde 1946 Diane geboren.
Verliebt in die Liebe und Unabhängigkeit
In jungen Jahren identifizierte sich Diane nicht mit den Mädchen ihres Alters, sondern vielmehr mit deren Müttern. Sie wollte älter wirken, ernst genommen werden und die Entscheidungen, die ihr Leben verändern sollten, selbst in die Hand nehmen. Bei Familienfesten wurde sie von ihrer Mutter zu Reden vor versammelter Verwandtschaft gedrängt, Schüchternheit war ausgeschlossen. Diane sollte unabhängig werden, Verantwortung übernehmen und sich das Motto ihrer Mutter verinnerlichen: “Fear is not an option”. Diese Strenge lernte sie erst Jahre später zu schätzen. Dann, als Diane im Anschluss an ihr Studium nach Paris zog und dem Modefotografen Albert Koski assistierte, und von dort weiter nach Italien reiste, um dem Textilhersteller Angelo Ferretti bei der Produktion seiner begehrten Jersey-Shirts über die Schulter zu schauen. Mit 19 Jahren lernte Diane in Lausanne den Sohn eines Aristokraten und der ältesten Tochter des Fiat-Clans kennen: Prinz Eduard Egon von und zu Fürstenberg. Ihre Liebe gab Material für zahlreiche Medienberichte. Lunch, Dinner undParties mit Liz Taylor, Jane Fonda, Catherine Deneuve und Audrey Hepburn waren an der Tagesordnung: “I was barely twenty, and only beginning to feel comfortable in Egon’s world”.
Mit 22 Jahren heiratete das Paar und zog nach New York. Diane bewegte sich weiterhin in elitären Kreisen, ging in Andy Warhols Factory ein und aus und zählte eine Riege namhafter Schauspieler, Models und Fotografen zu ihren Freunden. Mit 24 waren Diane und Egon Eltern zweier Kinder.
Vom It-Girl zum Industriemagnat
Bei Ferretti konnte sich Diane das Handwerk qualitativ hochwertiger Modeproduktion abschauen. Als sie 1970 in New York ankam, hatte sie eine revolutionäre Idee im Gepäck: Strickkleider. Diane überredete ihren Mentor Ferretti zu einer kleinen Produktion und klapperte damit die einflussreichsten Einkäufer und Trendsetter der Modebranche ab. Als die legendäre Vogue-Chefredakteurin Diane Vreeland von Fürstenbergs Samples zu Gesicht bekam und sich begeistert zeigte, war der Erfolg fast vorprogrammiert.
1974 enthüllte Diane von Fürstenberg ihr Wrap Dress und schrieb damit Geschichte. Es kam zu leer geräumten Kaufhäusern. Zwei Jahre später triumphierte Diane auf dem Cover der Newsweek und dem Höhepunkt ihrer Karriere. Mit 29 Jahren war sie das Aushängeschild ihrer eigenen Marke und erweiterte ihr Imperium um eine Luxus-Beautylinie, und den größten Erfolg neben ihrem Wickelkleid: Das nach ihrer Tochter benannte Parfum Tatiana.
Mit 30 Jahren strich von Fürstenberg damit auch den letzten Punkt von ihrer To-Do-Liste: Finanzielle Unabhängigkeit.
Die zurückgewonnene Freiheit passte Diane wie maßgeschneidert – ihre Ehe mit Egon als „Park Avenue Prinzessin“ war nicht von Dauer und doch blickte sie stolz auf diese zurück: “I was truly living my fantasy of having a man’s life in a woman’s body”. Irgendwann wurde das Geld zur Nebensache: “In all of my years in business I had never stuck to a business plan. I always followed my impulses and grew them into business. This kind of energy gives authenticity and a human factor to a company, but it creates a lot of chaos!” Von Fürstenberg lizensierte ihren Namen und verkaufte ihr Beautylinie im Jahr 1983 an die Beecham Group Ltd, um sich kurz darauf einer Couture-Collection zu widmen. Helmut Newton schoss die Kampagne, Brooke Shields kaufte die Kleider, doch Diane konnte sich mit der Mode der 80er schlichtweg nicht anfreunden und suchte in Paris nach neuer Inspiration.
1991 war die in Vergessenheit geratene Modeikone zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Die zweite große Liebe ihres Lebens an der Seite: Barry Diller, Medienmogul mit unternehmerischem Interesse an dem Sender QVC. Der gleiche Sender, wo Diane noch im selben Jahr startete, vor laufender Kamera binnen Minuten tausende ihrer Silk Assets zu verkaufen. Home Shopping revolutionierte den Markt der 90er, Diane wusste die Gunst der Stunde für sich zu nutzen und nahm im Laufe von vier Jahren über 40 Millionen Dollar ein. Nach ihrer zwanghaften Kreativpause war ihr Name wieder in aller Munde und ihr Modeimperium 1997 bereit zum Relaunch. Im Fokus: Das Kleid, das 1974 alles ins Rollen brachte.
Das Vermächtnis von DVF
Es folgten der exklusive Vertrieb bei Saks Fifth Avenue mit einer umwerfenden Danielle Zinaich als Gesicht der Kollektion. Modejournalistin Amy Spindler führte das Wrap Dress schon vorab zu jeder Fashion-Show aus, Kritiker teilten ihren Enthusiasmus und der Relaunch schien als Treffer ins Schwarze. Doch Dianes neue Zielgruppe, die Freundinnen ihrer Tochter, blieb davon unberührt. In den kleinen, hippen Boutiquen, in denen diese Mädchen einkauften, hinterließ die Designerin weit und breit keine Spur.
2012 sollte sich die Marke DVF ihrem ultimativen Neustart stellen. Diane holte den berüchtigten Geschäftsmann Joel J. Horowitz aus der Rente zurück und in den Vorstand ihres Unternehmens, um ihrem Team eine Struktur und ihrer Marke eine neue Vision zu verleihen. Noch im selben Jahr schaffte sie es auf Forbes’ Liste der einflussreichsten Frauen der Modewelt. “What I wanted was to turn a good company into a great company, to leave a legacy, something that would live beyond me.”
Heute sitzt die 67-Jährige in einem spektakulären Kreativ-Hotspot im New Yorker West Village. Sie hält den “Lifetime Achievement Award” und den Vorstand des Council of Fashion Designers of America inne, würdigt mit ihrer Foundation außergewöhnliche Projekte und feiert das Jubiläum ihres ikonischen Kleides. Ihre Marke ist innovativ, ihr Unternehmen stabil und ihre Ziele hoch gesteckt wie zu Beginn ihrer Karriere.
Was von Fürstenberg dabei so einzigartig macht, versteht Freund und Marketing-Genie Lapo Elkann wie kein anderer: “The brand is [Diane], it is [her] story. The European princess who comes to America with a few jersey dresses and turns them into an American Dream.” Wer die komplette Achterbahnfahrt von Diane von Fürstenbergs Leben und Karriere Revue passieren lassen will, dem empfehlen wir wärmstens ihre neuen Memoiren “The Woman I Wanted To Be”.
Die schönsten Teile von Diane von Fürstenberg