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Elisa und Jennifer: „Gerade jetzt sollten Frauen noch viel lauter sein“

Wie wollen wir zusammen leben? Wie können geflüchtete Frauen und Mädchen selbstbestimmt leben? Das Barcamp Frauen bringt einen Tag lang Menschen zusammen, um diese Frage zu diskutieren. Wir haben die Organisatorinnen interviewt.

 

Die selbstorganisierte Konferenz

Elisa Gutsche und Jennifer Mansey organisieren seit mehreren Jahren ehrenamtlich das „Barcamp Frauen“, bei dem seit 2010 einen Tag lang Menschen zu unterschiedlichen feministischen Workshops zusammenkommen. Zu der Veranstaltung Veranstaltung, die klein gestartet ist, werden in diesem Jahr 500 Teilnehmende erwartet. EDITION F ist Medienpartner des Barcamps und hat mit Jennifer und Elisa darüber gesprochen, was eigentlich ein Barcamp ist, über welche Themen diskutiert wird und in welche politische Forderungen man sich gerade einmischen sollte.

Nicht jede kennt den
Begriff Barcamp. Was verbirgt sich eigentlich dahinter?

Elisa: „Das Barcamp ist eine Open-Space-Veranstaltung. Erst am Tag
selbst wird durch die Teilnehmenden das Programm bestimmt. Jede und jeder
kann sich einbringen,  Ideen vorstellen
und über das Programm bestimmen. Beim Barcamp Frauen haben wir immer ein
übergeordnetes Motto – in diesem Jahr Gemeinsam.
Zusammen. Leben
– unter dem dann insgesamt circa 18 bis 20 einstündige Workshops über
den ganzen Tag verteilt stattfinden. Die Gestaltung der Workshops obliegt den
Sessionleiter_innen, wir lassen da allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern
Freiraum. Einzige Bedingung: Es sollte keine Frontalunterricht sein, sondern
alle in die Diskussion einbeziehen.“

Wie ist die Idee zum Barcamp
Frauen entstanden?

Jennifer: „Das Barcamp Frauen ist 2010 durch junge Sozialdemokratinnen ins Leben gerufen worden, die der
Geschlechterpolitik ihrer Partei ein Update geben woll(t)en. Ausgangspunkt war
der  Stimmverlust der SPD bei der
Bundestagswahl 2009 vor allem in der Wählergruppe der jungen Frauen. Das Format
„Barcamp“ ermöglicht es sehr gut, den Anschluss an aktuelle feministische
Debatten und die Lebenswelten junger Menschen zu halten. In den letzten sechs
Jahren haben wir uns zu einer überparteilichen Ideen- und Debattenplattform und
zu einen Ort entwickelt, an dem neue Netzwerke gesponnen und Ideen entwickelt werden
können.“

Es sind aber nicht
nur Frauen willkommen, richtig?

Elisa: „Genau, wir freuen uns über jede_n, der sich für Feminismus
und die Idee einer gerechteren Gesellschaft begeistern können.“

Wie gelingt es, dass
ganz unterschiedliche Menschen auf die Veranstaltung aufmerksam werden und sich
auch willkommen fühlen?

Jennifer: „Uns gelingt es vor allem über unsere Netzwerke und dank
unserer tollen Kooperationspartner_innen viele unterschiedliche Menschen
anzusprechen – die sich in ganz unterschiedlichen Kontexten, Themen und
Fragestellungen engagieren. Wo wir aber noch Verbesserungsbedarf sehen: Wir
hätten gerne mehr Nichtakademiker_innen beim Barcamp Frauen. Leider ist das
bisher eine Gruppe, die wir nur sehr schwer erreichen.

Dass sich alle willkommen fühlen, liegt vor allem an den
Teilnehmer_innen selbst. Denn erst durch die vielen klugen Menschen und
den gegenseitigen Respekt füreinander entsteht eine offene Diskussionskultur.
Zudem ist den Teilnehmer_innen auch völlig freigestellt, wie sie den Tag selbst
gestalten – egal ob sie einfach nur zuhören oder direkt selbst eine Session
anbieten oder sich zum Vernetzen treffen wollen.“

Wie viele
Teilnehmer_innen hattet ihr beim letzten Mal?

Jennifer: „Beim letzten Frauenbarcamp im Oktober 2014 waren ca. 150 bis 200
Teilnehmer_innen da. Daher sind wir besonders auf das diesjährige Barcamp gespannt, für das sich bereits 500 Personen
angemeldet haben. Leider mussten wir die Anmeldung sogar erst einmal schließen.“

Gibt es schon feste
Themen? Was glaubst du, beschäftigt die Teilnehmer_innen in diesem Jahr ganz
besonders?

Elisa: „An der unglaublich großen Resonanz sehen wir, dass 2016 ein
gutes feministisches Jahr werden kann. Es gibt in diesem Jahr offenbar einen
enormen Redebedarf in Sachen Feminismus. Die Themen differenzieren sich dabei
immer weiter aus und auch das Barcamp Frauen kann nur einen kleinen Teil dessen
thematisieren, was die Menschen bewegt.

Bei den Vorbereitungen waren wir geleitet von unserem
diesjährigen Motto „Gemeinsam. Zusammen. Leben.“ Uns – als Organisationsteam –
beschäftigen vor allem Fragen nach der Situation geflüchteter Frauen in
Deutschland, das Erstarken des Rechtsextremismus und Rassismus in der
Gesellschaft, aber auch „leichtere“ Themen wie Mode und Feminismus und andere
popkulturelle Themen. Mit dem diesjährigen Motto wollen wir wieder den Fokus
auf die Frage lenken, wie wir eigentlich alle auf diesem kleinen Fleckchen Erde
zusammenleben wollen und wie wir dieses Zusammenleben gemeinsam gestalten können.“

Ist es schwierig,
Sponsoren zu finden?

Jennifer: „Unser ehrenamtliches Engagement wird seit mehreren Jahren von
der der Friedrich-Ebert-Stiftung unterstützt. Ohne
deren finanzielle und organisatorische Unterstützung wäre es nicht möglich, das
Barcamp so zu veranstalten.“

Wünscht ihr euch, mal
eine größere Konferenz zu werden – oder ein mehrtägiges Barcamp zu sein?

Elisa: „Ja, auf alle Fälle! Dieses Jahr gehen wir ja den ersten
Schritt mit einer größeren Teilnehmerzahl – mal sehen, was das nächste Jahr
bringt.

Gibt es eine Session
aus den letzten Jahren, die euch ganz besonders in Erinnerung geblieben ist,
oder die euren Blick auf eine Sache verändert hat?

Jennifer: „Das Schönste am Barcamp ist ja, dass wir so vielfältige
Themen behandeln. Die Workshops und vor allem die Dynamiken, die sich in den
einzelnen Sessions entwickelt, überraschen uns auch oft selbst. Und es ist
immer toll, wenn sich Leute finden und miteinander ins Gespräch kommen.  

Manchmal sind Session unglaublich nahegehend, wie zum
Beispiel die Session zu Burnout, in der die Teilnehmer_innen auch sehr
persönliche Erfahrungen geteilt haben. Manchmal ist es aber auch sehr lustig,
beispielsweise bei Verena Reygers Sessions zur Pärchenlüge, bei der es darum ging, dass uns immer suggertiert wird, man müsse als Single unglücklich sein. Spannend und
inspirierend ist es aber immer, da sich alle kritisch mit vermeintlichen
Wahrheiten auseinandersetzen. Da sind Aha-Erlebnisse vorprogrammiert.“

Das Frauenbarcamp
wird ja von Frauen organisiert, die politisch aktiv sind. Glaubst du, dass
Frauen* in der aktuellen politischen Lage und der Debatte um Zuwanderung und
Rassismus eine besondere Rolle zukommt?

Elisa: „Ja, definitiv. Zum einen engagieren sich viele Frauen in der
Hilfe für Geflüchtete – was auch schon wissenschaftlich untersucht wird. Als
Beispiele fallen mir da die Initiatorinnen von „Moabit hilft“ und „Kreuzberg
hilft“ ein.

Zum anderen haben auch Frauen rund um das
#Ausnahmslos-Bündnis in die politische und mediale Debatte nach Köln
entscheidend interveniert und eine mögliche feministische Perspektive
aufgezeigt. Kluge und engagierte Frauen sollten gerade jetzt noch viel lauter
sein und gehört werden – vor allem auch geflüchtete Frauen selbst. Wie geht es
denen, welche Bedürfnisse bestehen da? Welche Fragen stellen sich aus
Geschlechterperspektive an Integration und Zuwanderung? Wie können wir
geflüchtete Frauen und Mädchen empowern? Diese Fragen müssen noch viel mehr
diskutiert und in den Fokus gerückt werden.“ 

Das Barcamp Frauen findet am 12. März 2016 in der Berliner Kalkscheune statt. Anmeldungen sind aufgrund der großen Nachfrage aktuell nicht mehr möglich. Ihr könnt Updates zum Barcamp via Facebook und Twitter abonnieren.

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