Konstruktive Auseinandersetzungen sind gut fürs Ego und verbessern das Betriebsklima
Harmoniesüchtig wie wir sind, fällt uns Streiten schwer. Dabei können Konflikte auch Chance sein. An ihnen wachsen nicht nur wir, sondern auch das Betriebsklima. Wie geht sinnvolles streiten? Wer von einem Streit überrascht wird, fühlt sich oft nicht genug vorbereitet. Druck und Spannung kommen auf und wir sagen Dinge, die wir bereuen. Das ist destruktiv. Dem Streit mit Kollegen und Chefs gehen wir dann lieber aus dem Weg. Das ist noch viel schlimmer.
Streiten nicht persönlich nehmen
Gerade für die Berufswelt raten Kommunikationsexperten auf der Sachebene zu bleiben. Wer in einen Streit gerät, sollte weniger zwischen den Zeilen lesen, sondern eher versuchen, sich in die Situation des anderen zu versetzen. Fragen wie: Was veranlasst dich zu dieser Reaktion? oder Was ist es genau, das dich stört? bringen uns wieder auf die konstruktive Schiene.
„Machen Sie Ihre Meinung deutlich, aber schildern Sie Ihre Eindrücke an konkreten Beispielen. Sammeln Sie sachliche Argumente und werden Sie auch innerhalb des Gesprächs nicht emotional“, rät Rhetoriker Peter
Flume für das Konflikt-Gespräch.
Sich auf einander einlassen
Wer versucht, den anderen zu verstehen und ihm zuzuhören findet schneller Kompromisse. Und wer weiß, wie sich der Gesprächspartner gerade fühlt, wird weniger häufig verletzend oder übergriffig. Auch Missverständnisse lassen sich klären, indem man einander zuhört und Fragen stellt. Im Fachjargon heißt diese Fähigkeit Konfliktfähigkeit.
„Streiten ermöglicht, sich selbst und andere besser kennenzulernen, Wünsche, Gefühle und Interessen in Worte zu fassen,“ sagt Konfliktforscherin Susanne Jalka und ergänzt: „Ein konstruktiver Umgang mit Konflikten stärkt das Selbstbewusstsein, erweitert mit jedem Streit das eigene Verhaltensrepertoire und erleichtert die Verständigung mit anderen.“ Einen Leitfaden für richtiges Streiten von Jalka gibt es beim Verein Konfliktkultur.
Reden und damit Streits verhindern
Offenheit und Achtsamkeit anderen, aber vor allem sich selbst gegenüber, sorgt dafür, dass wir Spannungsherde erkennen, bevor einer explodiert. Das Thema lieber direkt ansprechen und vielleicht gleich aus dem Weg räumen. Erkennen, was uns provoziert, ist schon der erste Schritt dazu, es zu verhindern.
Peter Flume: „Im Gespräch ist es wichtig, dass sich beide Parteien auf einander einschwingen können. Sonst kommunizieren sie nicht auf der selben Ebene und Missverständnisse sind vorprogrammiert. Auch sollten Sie nach dem Warmup ein klares Ziel formulieren: „Ich möchte mit Ihnen Maßnahmen erarbeiten, um solche Situationen beim Kunden in Zukunft zu vermeiden.“ oder „Ich möchte mit Ihnen den Vorfall aufarbeiten.“
Ich-Sätze bilden
Eine Meinung vertreten, ohne andere zu verletzen, kann man üben. Zum Beispiel, indem wir ich-Sätze bilden. Oder Worte wie immer oder nie vermeiden. Beim Thema bleiben, ohne abzuschweifen. Den Streitpartner nicht vorsätzlich provozieren und zu Wort kommen lassen.
Zeitmanagement beachten
Bloß nicht immer alles gleich ausdiskutieren. „Sie sollten Ihren Mitarbeiter oder Kollegen nicht direkt nach einem Fauxpas ins Büro zitieren und losbrüllen. Lassen Sie sich und ihm Zeit den ersten Schock zu verdauen und den Ärger verrauchen zu lassen. Als Faustformel sollten Sie aber innerhalb von 24 Stunden ein Meeting einberufen. Und: Kündigen Sie das Gespräch an, damit der andere sich innerlich einstellen und seine Argumente vorbereiten kann“, gibt Rhetoriker Flume als Tipp.
Sich entschuldigen und Fehler zugeben
Mit der Bestrafung von Schuldigen ist der Konflikt noch lange nicht gelöst, es wird weiter gestritten. Schließlich sind oft Missverständnisse oder ein Irrtum der Auslöser beim Streiten. Und nicht böse Absicht. Jeder macht Fehler. Diese zuzugeben und sich zu entschuldigen, andere verletzt zu haben, ist persönlich groß.