Kaum ist die Schwangerschaft verkündet, prasseln gut gemeinte Ratschläge und unüberlegte Kommentare auf die werdende Mutter ein. Je größer der Bauch wird, desto größer wird auch das Mitteilungsbedürfnis des Umfelds.
Schwanger? Los geht’s mit ungebetenen Ratschlägen
Empathische Menschen verfügen gemeinhin beispielsweise über die Fähigkeit, Gedanken und Emotionen des Gegenübers zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren. In der Schwangerschaft wurde mir einmal mehr deutlich, wie es so um die Empathie meiner Umwelt steht.
Die Freude ist groß, sobald die Schwangerschaft bei Familie, Freunden und Arbeitskolleginnen bekannt geworden ist. Diese Freude mit anderen lieben Menschen zu teilen, ist ein tolles Gefühl. Ich genieße diese besondere Aufmerksamkeit, und die Herzlichkeit der Menschen um mich herum entzückt mich.
Es dauert jedoch nicht lange, da schwappen von allen Seiten ungefragt Ratschläge und unüberlegte Kommentare zurück. Je größer der Bauch wird, desto größer wird auch das Mitteilungsbedürfnis des Umfelds. Versteht mich nicht falsch, es gibt so viele schöne Momente mit Freunden, Freundinnen und Familie, in denen wir uns austauschen, und wie viele andere Erst-Mamis bin ich dankbar für Ratschläge und wertvolle Hinweise. Doch da gibt es eben auch die andere Seite, die mich verwundert hat.
Reaktionen auf die frohe Kunde
Klar reagieren die Menschen erst mit einem freudigen und sicher ernst gemeinten „Glückwunsch!“ auf die frohe Kunde. Doch manchmal folgten darauf Kommentare, die mich überraschten:
„Du bist gar nicht der Typ für Kinder“
„Moment mal! Du bist doch gar nicht verheiratet?!“
„War das geplant?“
Ich dachte immer, dass es die selbstbestimmte Entscheidung einer Frau – und natürlich ihres Partners – ist, ein Kind zu bekommen. Mir ist völlig neu, dass es einen bestimmten Typ Frau gibt, der Kinder bekommt. Genauso verhält es sich mit der Heirat. Ein gemeinsames Kind ist in meinen Augen ein ausdrückliches Bekenntnis zur Partnerschaft und ich dachte, dass wir in den letzten Jahrzehnten so weit gekommen sind, uneheliche Kinder als „normal“ und nicht als „skandalös“ zu betrachten.
Babybauch – Finger Weg!
Ich bin stolz auf meinen Babybauch und freue mich über die Anteilnahme meiner Mitmenschen. Viele sind entzückt vom wachsenden Bauch und dieser zieht die Blicke magisch an. Ich kann mir vorstellen, dass es vielen Schwangeren auch anders geht und sie sich unwohl in ihrem sich verändernden Körper fühlen. Hier ist Feingefühl gefragt, das vielen Leuten leider fehlt. Wenn der Nachbar im Hausflur plötzlich die Hand auflegt, dann ist eine Grenze ganz deutlich überschritten. Bitte geht es noch? Bei manchen Leuten fallen eben alle Hemmungen, wenn sie einen Babybauch sehen. Doch nicht nur die Bauch-Grapscherei ist hemmungslos, auch Kommentare können es sein.
„Der Bauch ist ganz schön klein. Ist wirklich alles in Ordnung?“
Im siebten Monat wurde ich doch tatsächlich von einer mir nicht besonders nah stehenden Person gefragt, ob ich mir sicher sei, dass sich das Baby zeitgerecht entwickelt, denn mein Bauch sei so klein. Zur etwa gleichen Zeit hörte ich auch den folgenden Kommentar:
„Du hast aber einen riesigen Bauch. Sicher, dass es keine Zwillinge sind?“
Mit solchen Kommentaren können Menschen eine Schwangere sehr verunsichern oder belasten. Ich unterstelle niemandem böse Absicht mit solchen Aussagen, doch ein bisschen mehr Feingefühl bei so heiklen Themen wird jede Schwangere danken.
Babyname – Und alle reden mit
Ich verstehen nun auch besser, warum viele werdende Eltern den Babynamen nicht mehr vor der Geburt verraten. Die Reaktionen von unbeteiligten Dritten sind oft sehr radikal. Von „das ist aber kein schöner Name“ über verzogene Gesichter als Reaktion bis hin zu „Leonard? So kann man doch kein Kind nennen“. Ich kann zum Glück gut selektieren, welche Meinung ich an mich ranlasse und wann ich einfach weghöre. Die Diskussionen sind jedoch anstrengend. Denn jeder verbindet mit einem Namen eine ganz persönliche Geschichte. Und diese persönlichen Befindlichkeiten machen es schwierig, eine sachliche Diskussion über Babynamen zu führen. Trotzdem möchte jeder und jede mitreden, als sei die Namenswahl ein demokratischer Prozess. Den richtigen Namen für sein Kind auszuwählen, ist eine große Verantwortung und vor allem eine Herzensangelegenheit. Wer sich bei der Namenswahl beteiligen möchte, sollte sich also genau so mit Herz und positiver Einstellung einbringen. Dann macht die Suche nach dem passenden Babynamen auch wieder Spaß.
Ist das ein Ratschlag oder ein Gesetz?
Jede Schwangere freut sich über wertvolle Tipps, die das Leben einfacher machen. Ich stand vor der Frage, ob ich eine Wärmelampe am Wickelplatz aufstellen sollte oder nicht und hörte mich mal um. Ich musste feststellen, dass es bei dem Thema nur Schwarz und Weiß gibt.
„Du musst unbedingt…Wie kannst du nur…“
„Das ist absoluter Nonsens. Lass’ das.“
Entweder man muss unbedingt und ohne Ausnahme auf jeden Fall eine Wärmelampe installieren, oder dieser Gegenstand gehört zu den Dingen, die die Welt nicht braucht. Eben eine Erfindung für panische Eltern, die nur Platz wegnimmt und werdenden Eltern das Geld aus den Taschen zieht.
Das darfst du nicht essen oder stell‘ dich nicht so an
Zum Beginn der Schwangerschaft habe ich leichte Panik bekommen, als ich von meiner Ärztin Informationen zur Ernährung in der Schwangerschaft bekam, sowie eine Liste der Lebensmittel, die ich nicht mehr essen durfte. Die Panik legte sich schnell, als ich ein paar wiederkehrende Regeln entdeckte. Alkohol ist tabu – klar doch. Obst und Gemüse gut abwaschen – mache ich eh. Auf rohe Lebensmittel mit Salmonellen-Gefahr verzichten – okay. Durchgegart ist fast alles in Ordnung – also doch kein absoluter Salami-Verzicht. Alles in Maßen, nichts übertreiben – Zimtsterne sind also okay, ein Kilogramm Zimt auf 100 Gramm Grießbrei sollte ich also vermeiden.
Mit diesen Regeln fühle ich mich wohl und doch werde ich immer wieder angesprochen. „Pfefferminztee? Den darfst du noch nicht trinken.“
„Da ist Joghurt drin. Das darfst du nicht.“
Die Umsicht der Menschen weiß ich sehr zu schätzen. Sie interessieren sich für mich und meine Schwangerschaft. Leider konnte es mir manches Mal den Appetit verderben, diese unbegründeten Sorgen ungefiltert beim Essen zu hören.
Auch beim Essen gibt es zwei Pole. Da wären noch diejenigen, die meinen, ich würde mich anstellen mit meinem Verzicht auf zum Beispiel Spiegeleier oder beschwipste Desserts.
„Früher gab es den ganzen Schnickschnack nicht, und unsere Kinder wurden auch gesund geboren.“
Diesen Spruch hat sicher jede Schwangere heute schon mal gehört.
Nimm es mit Leichtigkeit
Kommentare können Spuren hinterlassen. Sie ermutigen, motivieren, heitern auf, können aber auch verunsichern oder verletzen. Und dabei meinen es die Menschen einfach nur gut mit uns.
Jeder Bauch, ob groß ob klein, ist genau richtig wie er ist. Alle Eltern werden früher oder später den passenden Namen für ihr Baby finden. Jede Schwangere und jede Mama will nur das Beste für ihr Kind und sie wird es auf ihre Art gut machen.
Schwangere legen sich besser eine Elefantenhaut zu in Bezug auf ungebetene Ratschläge, denn wenn das Baby erstmal auf der Welt ist, geht die Geschichte sicher weiter.
Ich habe mir vorgenommen, anderen Schwangeren nicht reinzureden und die ungebetenen Ratschläge mit Leichtigkeit zu nehmen – zugegeben, das ist nicht immer leicht.
Wie war das bei euch? Was hat Euch besonders genervt? Wie habt ihr reagiert?
Dieser Text ist zuerst auf brombeermamas Blog erschienen. Wir freuen uns, dass wir ihn auch bei uns veröffentlichen können.
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