Über den Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Kommunikationsmustern und wie Frau lernt, sich durchzusetzen
Neulich las ich von einem Coach, der Arroganztrainings für weibliche
Führungskräfte hält. Peter Modler hat ein Programm entwickelt, nachdem ihm über Jahre aufgefallen war, dass sich kompetente und kluge Frauen, trotz ihrer
sachlichen Überlegenheit, von männlichen Aufschneidern und Schaumschlägern
unterbuttern lassen. In seinen Seminaren spielen die Managerinnen mit ihm
Konfliktsituation durch, die sie mit Männern in ihren Beruf erlebt haben. Dafür
engagiert Modler immer einen Mann (keinen Schauspieler), der nichts weiter tun muss, als sich im Rollenspiel so zu verhalten, wie er es für die Situation
angemessen hält.
Erstaunlicherweise haben die Männer in den Workshops überhaupt keine Schwierigkeiten, die Situation zu reproduzieren. Sie verhalten sich immer genau so, wie es der entsprechende Mitarbeiter, Kollege oder Chef auch getan hat – bis hin in kleinste Bewegungsmuster hinein. Dahinter steckt also ein Programm, das der Coach als unterschiedliches Kommunikationsverhalten beschreibt. Die Konfliktsituation wird mit der Managerin besprochen, und der Coach weist sie auf alternative Verhaltensweisen hin. Dann wird der Mann wieder in den Raum geholt und die Situation wiederholt. Während die Managerin nun andere Reaktionen zeigt, wird der Mann immer wieder befragt, wie es ihm damit gehe. Seine Antworten fallen völlig anders aus, als es die ringsum sitzenden, anderen Seminarteilnehmerinnen erwartet hatten.
Männer wollen Rangbotschaften
Fällt ihm die Managerin brüsk ins Wort, macht ihm das keinen Stress. Gibt sie ihm deutlich zu verstehen, dass sie die Ranghöhere ist, empfindet er das nicht als peinlich. Und schließlich, wenn sie auf seinen persönlichen Angriff mit einer souveränen Bewegung im Raum reagiert, ringt ihm das sogar Achtung ab. Wie kommt das?
Nicht nur die Beobachtungen von Peter Modler, sondern auch soziolinguistische Studien zeigen, dass Frauen anders kommunizieren als Männer. Frauen wollen sofort inhaltlich und sachlich einsteigen, ausführlich kommunizieren und harmonisch auf Augenhöhe bleiben und dabei Zugehörigkeit zueinander empfinden. Männer müssen erst einmal die Rangordnung klären, das heißt, sehen, wo sie in der Hierarchie stehen, wer unter und wer über ihnen ist. Sie müssen es nach Außen zeigen durch Revierverhalten. Solange das nicht geschehen ist, können sie auf Inhalte nicht eingehen. Sie nutzen dafür sowohl
verbale als auch nonverbale Signale wie Körpersprache oder Reviermarkierungen (der Besprechungstisch, die Sitzordnung, das gesamte Büro). Kommt es zur Meinungsverschiedenheit oder zum Konflikt, eskaliert die Situation sehr schnell, weil Männer sofort die nächste Wirksamkeitsebene der Kommunikation betreten, wenn sie inhaltlich oder hierarchisch nichts entgegen zu setzen haben.
Eisig schweigen, statt argumentieren
Der Konflikt läuft immer so ab: Frau begründet sachlich ihren Standpunkt, im sogenannten High Talk (verbal und intellektuell). Mann hat kein Gegenargument und wechselt auf die nächste Stufe = persönlicher Angriff (Basic Talk, das heißt verbal, aber nicht intelektuell). Es folgen Erwiderungen wie „das ist doch Quatsch“, “das ist nicht das Thema”, es wird auf Nebenschauplätze gewechselt, Details breitgetreten, ins Wort fallen, Vorträge gehalten. Wenn die Frau auf ihrer Kommunikationsstufe bleibt – also schön sachlich, freundlich und vernünftig auf die Äußerungen des Mannes eingeht – hat sie keine Chance mehr, gehört zu werden. Sie muss ebenfalls auf die nächste Eskalationsstufe wechseln oder sogar noch eine höher gehen. Das ist dann die nonverbale Kommunikation: Brachial reingrätschen mit körperlicher Aktion. Raumgreifender werden, sich angriffsbereit vor ihm aufbauen, auf den Tisch hauen, eisiger Blick, vernichtendes Schweigen (tödlich, nicht beleidigt).
Na, Mädels, wisst ihr nun, warum man euch in den Meetings immer ins Wort fällt? Warum der Chef euch als „unsere Kleine“ tituliert? Warum die Stimme des Kollegen sofort lauter wird, wenn ihr ihn argumentativ widerlegt habt?
Ich gebe zu, das liest sich wie eine Anleitung von Jane Goodall, wie man in einer Gorilla-Sippe im Dschungel überlebt. Aber im Konfliktfall lohnt es sich, die Technik einmal anzuwenden.
Deeskalation durch Aggression
Neulich rief mein geschiedener Mann an, um mit mir über den Kindesunterhalt zu verhandeln. Er kam ohne großes Vorgeplänkel zur Sache und machte mir einen Vorschlag, den er sogleich mit einer Drohung garnierte. Ich war überrumpelt. Meine Antwort: Darauf kann ich noch nichts sagen, das muss ich
mir erst ausrechnen und mit dem Anwalt besprechen. Sofort folgte die erste
Eskalationsstufe. Stimme lauter, der Start der Vorwurfsspirale mit unsachlichen
Argumenten, alte Details aus Nebenschauplätzen, lang anhaltender Vortrag und
schließlich die Moralkeule und die leere Drohung, mit mir über das Sorgerecht
zu streiten.
Ich wechselte, wie ich glaubte, mit ihm die Ebene, allerdings nur, um mich zu verteidigen. In Wirklichkeit blieb ich also weiterhin auf der Sachebene im High Talk, indem ich versuchte, auf seine verquere Argumentation einzugehen und sie zu entkräften.
(Achtung! Große Gefahr! Auf dieser Eskalationsstufe gibt es keine Argumente. Wer das glaubt, lässt sich nur in Scheingefechte verwickeln und verliert seinen Rang).
Innerlich war ich zunächst wie gelähmt, ich wollte überhaupt nicht mit ihm reden und vor allen Dingen nicht so. Doch er stellte sein Artilleriefeuer nicht ein und so wechselte ich auf die non-verbale Ebene (am Telefon, sic): Ich sagte ein letztes Mal, das würde ich jetzt nicht entscheiden und hängte einfach auf.
Ein bisschen Wut tut gut
Erstaunlich war, dass ich mich dabei schlecht fühlte. Ich konnte zunächst nicht das Gefühl auskosten, dass ich ihn mir für den Moment vom Hals geschafft hatte, da unser Gespräch sowieso fruchtlos geblieben wäre. Ich fühlte mich als Versagerin, weil es mir nicht gelungen war, die Kommunikation in harmonische Bahnen zu lenken. Und ich fürchtete, ihn durch mein Verhalten noch mehr in Rage versetzt zu haben, so dass er vielleicht mit seinen Drohungen ernst machen würde.
Nachdem ich mich am nächsten Tag beruhigt hatte, schwamm ich wieder ans rettende Ufer der Sachlichkeit und fing an, seinen Vorschlag von allen Seiten zu analysieren. Und kam zu dem Schluss, dass dies ein echter Einschüchterungsversuch gewesen war, weil er meine Kooperation sehr dringend brauchte. Nachdem ich meine Entscheidung mit Rechtsanwalt und Steuerberater noch einmal abgesichert hatte, startete ich mit Herzklopfen meinen Rückruf. Ich war darauf gefasst, nun wieder in den Fight gehen zu müssen, da ich meinerseits eine neue Forderung hatte. Doch siehe da! Aller Rauch war verzogen. Der Kindsvater war lammfromm. Er zeigte sich glücklich, dass ich auf seinen Vorschlag eingehen wollte (welcher mich nichts kostete) und war mit allem, was ich verlangte, einverstanden.
Und was lernen wir daraus? Du musst die Kerle erst mal anpissen. Und sieh es nicht als ein persönliches Ding. Es ist reine Technik. Ein Ritual. Danach kann man mit ihnen reden.
Ich weiß, das ist verdammt schwierig, weil wir ja so nicht sein wollen. Vielleicht reicht es erst einmal für den Anfang, die Konflikte mit diesem Blick zu betrachten. Die Struktur zu erkennen.
Nach einer Weile wird sich dann schon genug Wut angesammelt haben, dass du beim nächsten Mal erst schießt und dann redest. Wenn es erforderlich ist.