Seit Jahrzehnten verschmutzen wir mit Mikroplastik unsere Ozeane. Forscher haben jetzt herausgefunden, dass es einen Meeresbewohner gibt, der diesen Plastikmüll weiter zerlegt und das Problem damit sogar noch schlimmer macht.
Unsere Ozeane sind nahezu alle verschmutzt
Noch nie zuvor in der Geschichte unseres Planeten waren die Weltmeere so stark verschmutzt. Millionen Plastikteile treiben durch die Ozeane, stören das sensible Ökosystem und gefährden die Meeresbewohner. Die nicht biologisch abbaubaren Plastikfetzen werden häufig mit der Zeit in kleinere Teile zerlegt, von Fischen und anderen Meerestieren verschluckt und so zu einem Teil der Nahrungskette.
Dieses Unglück hat sich mittlerweile bis in nahezu jeden Winkel aller Ozeane ausgebreitet und unberührte Ökosysteme in mit Mikroplastik verseuchte Lebensräume verwandelt. Wie Forscher nun herausgefunden haben, scheint eine winzige Amphipodenart die Misere auch noch zu verschlimmern.
Ein Team von Wissenschaftlern der University of Plymouth hat entdeckt, dass dieses Kleinstlebewesen eine gewöhnliche Plastiktüte in etwa 1,75 Millionen mikroskopisch kleine Fragmente zerlegen kann. Das Krebstierchen verwandelt die Tüte unbeabsichtigt in kleine Partikel, die zwischen 0,3 und 5 Millimetern groß sind — nicht größer als ein Reiskorn also. Das stellt ein enormes Problem dar, denn, wie Zahlen der Vereinten Nationen zeigen, treiben bereits heute mindestens 51 Billionen Mikroplastik-Partikel durch unsere Meere.
Lisa Schönhaar von unserem Partner Business Insider Deutschland hat sich eingehend mit den kleinen Meeresbewohnern befasst.
Meerestiere verwechseln Plastikteilchen mit Nahrung
Orchestia gammarellus heißt der Übeltäter, ein Salzwiesenkrebs, der an den Nord- und Westküsten Europas beheimatet ist. Er wird nur maximal 1,8 Zentimeter groß, doch der Schaden, den er trotz seiner geringen Körpergröße anrichtet, ist massiv. Die Forscher warnen zudem davor, dass auch „viele andere Organismen potenziell Plastik zerlegen könnten“.
Die Studie, die kürzlich im Fachjournal „Marine Pollution Bulletin“ erschienen ist, zeigt außerdem, dass die Krebse die Plastiktüten sogar viermal schneller auseinandernahmen, wenn sie von einem Biofilm bedeckt waren — ein natürliches Material, das sich an der Oberfläche bildet. Das deutet auf den Versuch einer Nahrungsaufnahme hin.
Wie viele andere Meereslebewesen werden die Krustentierchen von den Plastiktüten angezogen. Sie ziehen und reißen an den Tüten und nehmen die Fetzen schließlich als Nahrung auf, wie Rückstände in ihren Ausscheidungen beweisen. Leider zeigten sowohl Laboruntersuchungen als auch Tests an den Küsten, dass die Art des Plastiks keinen Einfluss darauf zu haben scheint, ob die Tiere den Müll fressen oder nicht. Sowohl biologisch abbaubarer als auch nicht abbaubarer Abfall wird aufgenommen.
Kostenpflichtige Einkaufstüten sind nicht genug, um die Katastrophe aufzuhalten
„Amphipoden spielen eine bedeutende Rolle bei der Zersetzung von organischen Materialien an den Küsten“, schreiben die Autoren. „Schätzungen zufolge landen bis zu 70 Prozent des Plastikmülls im Benthos, wobei signifikante Ballungen vor allem in den Gezeitenzonen auf der ganzen Welt entstehen.“
Ungefähr 120 Millionen Tonnen Einweg-Plastikteile werden jedes Jahr produziert, viele davon landen im Meer. Nachweislich gelangen jährlich etwa acht Millionen Tonnen Plastik in die Ozeane. Wir wissen bereits, dass Meeresschildkröten Plastiktüten häufig für Quallen halten, dass Vögel regelmäßig von Hartplastikteilen stranguliert werden, dass Plastik den Magen von Meeresbewohnern durchlöchern kann und dass schon Wale gefunden wurden, in deren Mägen mehr Plastiktüten als tatsächliche Nahrung gefunden wurde.
Auch wenn viele Supermärkte und Drogeriehändler mittlerweile auf Gratis-Tüten verzichten und dadurch weniger Tüten über die Theken gehen, reicht das längst nicht aus, um die Katastrophe aufzuhalten.
Plastik „stellt bereits eine große Bedrohung für die Meeresflora und -fauna dar, doch die Studie zeigt nun, wie manche Meeresbewohner sogar noch dazu beitragen, dass sich der Müll noch weiter verteilt“, sagte Richard Thompson, Professor für Meeresbiologie an der University of Plymouth in einem Statement. „Es zeigt umso mehr, dass Abfall in den Meeren keineswegs nur ein ästhetisches Problem ist, sondern ernsthafte und bestehende Umweltschäden verursachen kann.“
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