Wie werden wir uns in Zukunft von einem Ort zum anderen bewegen? Machbar ist vieles, die Umsetzung scheitert jedoch an Gesetzen.
Mobile Zukunftsträume
Werden Autos in Zukunft noch kleiner? Zur Frage der Mobilität im Jahr 2024 brachte die DLDwomen am Montag utopische Ideen und konkrete Produkte zusammen: Die Technologieforscherin Kathry Myronuk diskutierte mit Hildegard Wortmann und Markus Schramm von BMW, die die Bereiche Produktmanagement beziehungsweise Mobilitätsdienstleistungen leiten, über Innovation im Automobilbereich.
Myronuk eröffnete mit den Träumen, die in einigen Jahren entweder Wirklichkeit sein werden oder eine verrückte Science-Fiction-Idee, die sich nicht erfüllt. Ihr Fokus lag dabei auf Transportlösungen, die sich an den tatsächlichen Bedürfnissen von Menschen orientieren. „Können wir Autos kaufen, die für das gemacht sind, was wir wirklich tun? Denn wir sind meistens allein unterwegs”, fragt sie. Eine durchschnittliche Autofahrt ist in den USA, der Heimat von Myronuk, nur mit eineinhalb Personen besetzt. Autos seien daher viel zu groß: „Wir haben noch nicht darüber nachgedacht, wie Autos tatsächlich sein müssen, um in die Städte der Zukunft zu passen”, sagte Myronuk.
In ihrer Vision denkt sie drei Dinge zusammen: Die Anpassung von Fahrzeugen an ihre Fahrer und an Städte, das Umdenken von Menschen, teilen zu wollen, statt etwas zu besitzen und autonomen Transport. Das Sharing von Produkten könnte insbesondere dadurch unterstützt werden, dass Dinge leichter von einem Ort zum anderen transportiert werden könnten, ist ihre Idee. Wenn der Austausch von Gütern, die man nicht ständig brauche, erleichtert werden könnte, ließe sich Besitz deutlich reduzieren: „Die Dinge, die wir brauchen, können dann von unseren Nachbarn oder Freunden in der gleichen Stadt stammen. Nicht nur Menschen sind dann mobil, alles ist mobil.“
Bild: Markus Schramm, Kathryn Myronuk, Hildegard Wortmann (von links nach rechts).
Innovation scheitert an Gesetzen
Dass die futuristischen Bilder von Städten noch keine Wirklichkeit sind, hängt aus der Sicht von Markus Schramm von BMW mit mehreren Dingen zusammen: Die Nachfrage nach neuen Produkten entstehe im Automobilbereich noch langsam, zum anderen scheiterten Ideen der Industrie häufig an Gesetzen, die Innovation erschwerten. Selbstfahrende Autos zum Beispiel könnten in Deutschland nicht mit Sicherheitsbedenken vereinbart werden, nach zehn Sekunden müsse ein Fahrer wieder das Lenkrad berühren, um sicher zu stellen, dass er nicht eingeschlafen sei. Im Bereich der Hybridfahrzeuge und elektrischen Autos kommt hinzu, dass die Infrastruktur der Ladestationen nicht parallel zur Nachfrage nachwachse. „Wir würden die politische Seite gern aktiver sehen”, sagt Hildegard Wortmann, „denn wir wollen so viele elektrische Autos auf den Straßen wie möglich.”
Die Innovationsmöglichkeiten für Autos gehen mittlerweile weit über Verbrauch und Leistung hinaus, erklärt Wortmann. „Connectivity“ sei eines der wichtigsten Unterscheidungsmerkmale, um künftige Käufer für sich zu gewinnen, glaubt die Produktchefin. „Seamless Integration“ sei daher ein Ziel. Sie denkt dabei daran, dass beispielsweise die Musik, die man noch in der Küche gehört habe, direkt im Auto weiterspielt; die Integration von Mobility-Apps zählt ebenso dazu. Alle von BMW entwickelten Autos hätten mittlerweile Connectivity, das sei ein Riesenschritt, so Wortmann. Der Besitzer entscheide dann eben, ob er sie brauche.
Realität sind zudem bereits zahlreiche Sicherheitsvorkehrungen. Dazu zählt der Notrufknopf, den man vom Sitz aus erreichen kann, Sensoren, die Auskunft darüber geben können, wie schwer ein Unfall war, wie viele Personen im Auto sind und prognostizieren können, wie schwer Verletzungen möglicherweise sind, um zum Beispiel direkt ein Notrufteam mit Helikopter zu aktivieren. „Das eine Mal, dass man diese Dinge braucht, ist man unglaublich dankbar”, sagt Wortmann.
Die Kunst, Ideen zuzulassen
BMW hat sich zudem frühzeitig auf den Wertewandel der Kunden eingestellt. Markus Schramm erzählt, dass der Bereich Mobility-Services geschaffen wurde, weit bevor es die ersten Produkte gab. „Die Stärke eines Unternehmens misst sich daran, ob es bereit ist, Raum für Ideen zu schaffen”, erklärt Wortmann, „für einen traditionsreichen Autohersteller ist es ein bedeutender Schritt, sich mit der Idee anzufreunden, nicht mehr nur Autos herzustellen und zu verkaufen.” Für die junge Generation sei Car-Sharing eine eigene Erfahrung, der sie Bedeutung zumesse, für ältere Generationen gelte noch „My car, my castle”. Für die letztere Gruppe sei es vor allem entscheidend, die Zeit, die sie im Auto verbringe, komfortabler zu gestalten. Eine Idee, an der BMW im Bereich Car-Sharing arbeitet, ist ein Peer-to-Peer-Sharing zu ermöglichen, bei der eine Person ein Auto kauft, und es dann mit einer Gruppe von selbst gewählten Menschen teilen kann.
Für Innovation fasst Wortmann zusammen: „Man braucht Führungspersonal, dass an Ideen glaubt – und auch verrückte Ideen zulässt. Die Kunst ist es dann, aus diesen Ideen einen Business Case zu schaffen.”