Foto: Jan 'N June

„Zu jung zum Gründen? Dafür gibt es nicht das richtige Alter – was zählt, ist die Idee.“

Anna und Jula haben mit Anfang 20 ein eigenes Eco-Fashion-Label gegründet. Warum das genau der richtige Zeitpunkt war und wieso man sich nicht von vermeintlichen Hürden aufhalten lassen sollte, haben sie uns erzählt.

 

Du willst gründen? Na, dann trau dich!

Weder das junge Alter noch die Möglichkeit zu scheitern
haben Anna und Jula aufgehalten, als die Idee, ein eigenes Modelabel zu gründen, im Raum stand. Das könnte mit der Flasche Wein zu tun haben, die bei dem
Entschluss, etwas eigenes hochzuziehen, getrunken wurde – ist aber wohl mehr der
Einstellung geschuldet: Wer es nicht versucht, hat schon verloren. Also hoben die beiden Hamburgerinnen im Jahr 2013 ihr Label „Jan ‘N June“ aus der Taufe und machen seither
Eco-Mode, die auch noch bezahlbar ist. Kann dieser Plan wirklich
aufgehen?

Ein Gespräch über den Mut, seinen Traum zu leben – und sich
nicht so sehr vom „typisch deutschen Denken“ aufhalten zu lassen.

Euer Modelabel „Jan ‘N June“ gibt es nun seit etwa zwei Jahren.
Wie kam es zu dem Namen und wie schaut ihr auf die letzten Monate zurück?

Jula: „Der Name setzt sich aus unseren Geburtsmonaten
January und June zusammen. Die letzten Monate in einem Satz? Vielfältig, aufregend und
eine Achterbahnfahrt.“

Anna: „Das würde ich auch so beschreiben, was im letzten
Jahr passiert ist, war einfach unglaublich viel – und viel mehr als wir uns hätten
vorstellen können! Ich glaube, wir haben jede Menge gelernt!“

Ihr habt kurz nach eurer Ausbildung zur Modedesignerin gegründet
– habt ihr nie daran gedacht, erst einmal für jemand anderes zu arbeiten, bevor
ihr euch selbstständig macht?

Jula: „Wir haben Mode- und Designmanagement studiert und
eigentlich mehr einen BWL-Hintergrund. Ich wäre fast in Asien als
Produktmanagerin gelandet. Auch spannend, aber eine ziemlich andere
Ausrichtung.“

Anna: „Ich habe erst angefangen in einer PR-Agentur in Dubai
zu arbeiten – aber da war eben diese Idee im Kopf und wir hatten das Gefühl, dass
es die richtige Zeit dafür wäre.“

Sich selbstständig machen mit Mitte 20: Seid ihr besonders
mutig oder besonders naiv?

Anna: „Ich glaube, der Grund, wieso das in Deutschland vielen so
ungewöhnlich scheint, liegt häufig an eben genau dieser Einstellung: Entweder man muss
mutig sein oder naiv. Dabei kann man doch immer scheitern – auch mit Mitte 30,
40 oder 50. Und selbst wennn, hat man noch jede Menge gelernt (lacht). Ich
glaube, es gibt da gar nicht so den richtigen Zeitpunkt oder das richtige Alter,
sondern es geht mehr um die Idee. Und unsere ist eben gut.“

Jula: „Das sehe ich genauso. Wir machen einfach das, von dem wir
glauben, dass es eine Nachfrage gibt.“

Wie habt ihr denn die erste Kollektion finanziert? Und
würdet ihr es wieder so machen?

Jula: „Über Crowdfunding und ein privates Darlehen. Und ja, wir
würden das auf jeden Fall noch einmal so machen.“

Ihr macht Eco-Mode. Was genau bedeutet das in eurem Fall?
Bio? Fair? Alles zusammen?

Jula: „Alles zusammen. Das geht größtenteils auch einfach Hand
in Hand.“

Anna: „Genau, in unserem Fall bedeutet das: biologische
Naturfasern, recycelte Materialien, was ressourcenschonend ist, eine faire
Produktion und eine transparente Wertschöpfungskette.“

Eure Mode ist für ein nachhaltiges Label sehr bezahlbar. Wie
schafft ihr das?

Jula: „Wir verdienen im Grunde nur am direkten Verkauf. So
ein Geschäftsmodell fordert Geduld. Die meisten Labels gehen den Weg anders
herum und beginnen mit dem Einzelhandel. Wir nutzen das zwar auch, aber alleine
über den indirekten Verkauf könnte unsere Idee nicht funktionieren.“

Anna: „Genau, das Geschäftsmodell ist auf den direkten
Verkauf ausgerichtet. Gleichzeitig bringen erhöhte Stoff- und Produktionsmengen
durch geschicktes Ordern die Einzelkosten pro Teil runter. Aber wie Jula schon
sagt, man braucht Geduld – und die haben wir beide eigentlich gar nicht (lacht).“

Das heißt, ihr könnt bisher noch nicht von eurem Label
leben?

Anna: „Im Normalfall gibt man so einem Label etwa drei
Jahre, was in etwa sechs Kollektionen entspricht. Unsere dritte Kollektion geht
im März in den Verkauf. Frag uns also in einem Jahr nochmal (schmunzelt).“

Wie „grün“ lebt ihr eigentlich selber? Tragt ihr nur
Eco-Mode, oder findet man bei euch auch anderes im Kleiderschrank? Und wie
sieht es in anderen Lebensbereichen aus?

Jula: „Klar findet man auch weniger nachhaltige Sachen in
unserem Schrank. Einfach schon, weil wir noch vieles von ‚früher’ haben und
weil wir einige Artikel ja auch gar nicht führen, wie etwa Schuhe, Unterwäsche
oder auch Jeans. Aber wir sind große Fans von Tauschpartys. Gerade Samstag
haben Anna und ich je eine neue Jeans ergattert im Tausch gegen mehrere
Oberteile.“

Anna: „Ich esse überwiegend Biolebensmittel und bin ein
großer Fan von umweltfreundlichen Produkten, wie recyceltem Papier oder
biologisch abbaubarem Putzmittel. Was meinen Kleiderschrank angeht, bin ich jedoch
Ästhet. Auf der Suche nach nachhaltiger Mode, die meinen Geschmack trifft,
entstand ja die Idee für Jan ‘N June! Somit ist meine Garderobe sehr gemixt,
aber auch überwiegend alt. Ich habe meinen Konsum relativ stark reduziert.
Grundsätzlich sehen wir beide das sowieso nicht so schwarz-weiß, denn wir
finden: ‚ein Schritt ist besser als keiner’ – und deshalb darf so ein Umdenken
auch mal ein bisschen länger dauern. Hauptsache, es wird umgedacht.“

Was würdet ihr denn einer Modestudentin raten, die jetzt
sagt: Das will ich auch! Gibt es eine Hürde auf dem Weg zum eigenen Label, die
gerne vergessen wird?

Jula: „Ich würde sagen: Trau dich! Im schlimmsten Fall hast
du vielleicht Geld verloren, aber 
Erfahrungen gesammelt, die einzigartig und unbezahlbar sind.“

Anna: „Genau, wenn du eine tolle Idee hast: Go for it!
Selbstverständlich ist es aber wie mit allen Dingen im Leben: Erst die Arbeit –
dann das Vergnügen (lacht)!“

Wie würdet ihr folgenden Satz beenden: „Mode ist für
mich…“?

Jula: „…sich auszudrücken, aber auch Verantwortung.“

Anna:“ … Kommunikation ohne Worte – jeder kann selbst entscheiden, was er ausdrücken will.“

Alle Artikelbilder: Frühjahr/Sommer-Kollektion 2016. Quelle: Jan ‘N June.

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