Foto: Jasmin Khezri

Jasmin Khezri: „Ich wollte schon als Kind die Welt erobern“

Jasmin Khezri ist die Erfinderin von Irma – eine Illustration, die erst Magazine zierte, und dann selbst Karriere machte. Ein Gespräch über den Hype.

 

Eine Illustration macht Karriere

In ihr Berufleben stieg sie als eine der jüngsten Art-Direktoren Deutschlands ein – kein schlechter Start. Aber seine Chancen muss man auch zu nutzen wissen und das ist offensichtlich etwas, das Jasmin Khezri umsetzen kann. Mit ihrer Illustration Irma wurde sie schließlich international bekannt, heute ist die Figur über die Magazinwelt hinausgewachsen und hat ein eigenes Universum in Form von Irmas World erhalten.

Warum ihre Großmutter für die fiktive Fashion-Ikone Irma Pate stand, wie eigentlich alles ins Rollen kam und sich eine Illustration zu einem Testimonial und Trendsetter entwickeln konnte, hat sie uns erzählt.

Du bist die Erfinderin von Irma und Gründerin von Irmas World, kannst du ein bisschen von deinem Werdegang erzählen?

„Nach meinem Master Degree Anfang der Neunzigerjahre in Communication Design an der Parsons School of Design in Paris und Los Angeles wollte ich eigentlich in den USA bleiben, um für ein Magazin zu arbeiten. Einer meiner Professoren erzählte mir aber begeistert von der Aufbruchstimmung in Deutschland und organisierte mir ein Gespräch beim SZ-Magazin und ich bekam den Job. Die Süddeutsche Zeitung lancierte 1993 das Jugendmagazin „jetzt” und ich wurde einer der jüngsten Art-Direktoren Deutschlands. Wir haben eine eigene Bildsprache entwickelt und viele Preise gewonnen. Das öffnete mir die Türen zu den großen Verlagshäusern und ich konnte für Gruner + Jahr Neuerscheinungen konzipieren, unter anderem den Relaunch der Marie Claire.“

Wie ist die Idee zu Irma entstanden?

„In Los Angeles hatte ich für die großen Filmstudios gezeichnet und die Illustrationen unter dem Künstlernamen Irma veröffentlicht. Eines Tages bekam ich einen Anruf von einer Agentin aus Tokio, die Kontakt zu Irma haben wollte. Mit meiner Agentin in Tokio arbeite ich noch heute sehr viel zusammen. Sie ist eine sehr inspirierende Dame und hat sehr vieles in Japan für Irma möglich gemacht. Ich bin dann von weiteren Agenten aus Paris und New York angesprochen worden, die Zahl der Aufträge ist gestiegen und mein Stil hat sich immer mehr in eine Richtung entwickelt. Irgendwann war nicht mehr die Illustratorin Irma gefragt, sondern die Figur Irma.“

Was hattest du für eine Vorstellung im Kopf, als du Irma entwickelt hast und wie viele Entwürfe hast du etwa gemacht, bevor die Figur so aussah, wie sie heute aussieht?

„Irma hat sich aus meiner Umgebung entwickelt. ‚Look & Feel’ entsprechen dem, was ich mag und wahrnehme, wenn ich auf Reisen bin oder mich mit interessanten Menschen unterhalte. Auch Mode, Kunst und Essen sind eine wichtige Inspiration. Das Aussehen von Irma verändert sich im Lauf der Zeit auf eine subtile Art und Weise, wie bei jedem Menschen. Inzwischen hat sie einen souveränen kontinentalen Chic.“

Gibt es ein reales Vorbild für die Illustration?

„Ja, meine Großmutter, ihr Name war Irma. Sie war mit einem Bildhauer verheiratet und eine ungeheuer energiegeladene und inspirierende Person.“

Wann war dir klar, Irma ist mehr als eine „Anziehpuppe“, die ausschließlich neue Trends zeigt?

„Procter & Gamble machte in den USA einen Produkt-Relaunch der Marke Noxzema mit Irma – aber nicht als Illustration, sondern als Testimonial, als ‚Person’, die sich für das Produkt begeisterte. Das war spannend und neu. Gleichzeitig entstanden immer mehr Irma-Kolumnen – in der japanischen Elle, Frau Magazine aus Japan, dem Tatler oder der deutschen Glamour. Irma schrieb über ihre Reisen, die besten Plätze, besten Clubs und so weiter – und Leser fragten IRMA um Rat zu Produkten.“

Mittlerweile ist Irma über die Magazine hinausgewachsen. Was gehört nun alles zu Irmas Kosmos?

„2010 gründeten wir Irmas World. Es war zunächst nur als Darstellungsfläche für die Agenten und internationalen Kunden gedacht, hat sich aber inzwischen zur Basis unserer Aktivitäten entwickelt. Hinzu kommen im digitalen Bereich Newsletter und eigene Apps. Darüber hinaus gibt es klassische Lizenzprodukte, wie etwa iPhone-Hüllen, Laptoptaschen, Stationery Produkte, Bücher, T-Shirts, Taschen und Schmuck. In Kürze wird es die neue Kosmetiklinie ,by Irma’ zu kaufen geben. Die erste außerhalb Japans. Produktentwicklungen mit Partnern wie Celine oder eine speziell Irma gewidmete Tasche von MCM lassen uns aber auch über eigene Produkte nachdenken. Da Irma viel auf Reisen ist, werden die Produkte in diesen Segmenten angesiedelt sein.“

Wie würdest du ihr Erfolgsgeheimnis beschreiben?

„Neugier und Offenheit neuen Dingen und Menschen gegenüber gepaart mit einer coolen Eleganz. Vor allem aber nimmt Irma sich selber nicht zu ernst. Die Figur ist eine Art Filter geworden. Sie schlägt vor und wählt aus, auf eine zeitlose, liebenswürdige und wahnsinnig charmante Art und Weise. Jeder kann sich in Irma hineinversetzen, seine Eigenschaften in ihr wiederfinden. Egal welche Nation, Couleur oder Typ.“

Wie viele Mitarbeiter gehören mittlerweile zu dieser Welt?

„Zur Zeit arbeiten sieben Mitarbeiter für Irmas World, fünf davon sind fest in München, eine Redakteurin lebt in New York und die andere in Tokio. Hinzu kommen zehn internationale Gasteditoren, die regelmäßig mit Beiträgen auf Irmas World erscheinen. Irma ist international, daher gibt es die Seite auch nur in englischer Sprache.“

Die Figur ist mittlerweile sogar Trendscout in Asien. Wie kam es dazu, dass Irma internationale Bekanntheit erreicht hat?

„In Japan gab es schon früh Irma-Produkte: Kosmetik, Stationery, Taschen und Accessoires. Besonders schön war die Solo-Ausstellung im Luxus Department Store Isetan in Tokio. Es wurden nicht nur Originalzeichnungen und Drucke verkauft, sondern in einem Pop-up-Store Schmuck, Taschen, Bücher und auch Tücher von Celine, mit denen wir einige Jahre eine Kooperation hatten. Eine japanische Computerspielfirma hatte sogar eine eigene Irma-App entwickelt. Ich habe eine internationale Familie, bin halb Perserin, meine Mutter ist Deutsche. Wir haben Verwandte in New York, Washington, Los Angeles, Kanada und Frankreich. Schon als Kind wollte ich die Welt erobern. Das ist doch spannend.“

Viele verknüpfen dich mit der Illustration. Wie fühlt sich das an?

„Ich bin nicht Irma, ich arbeite mit ihr. Irmas Leben ist nur mit viel Zeit und finanziellen Mitteln möglich, deshalb arbeitet sie auch. Nur hübsch aussehen und sich im Nichtstun zu verlaufen ist nicht zeitgemäß. Wenn ich reise, treffe ich Kunden, mache Interviews und nutze meine Zeit, während Irma durch die Straßen zieht, sich treiben lassen kann und Neues findet. Dabei helfen mir heute meine Redakteure und Gasteditoren.“

Wieviel Ähnlichkeit hat dein Leben mit dem der Figur?

„Manche Aspekte sind mit Irma identisch, meine Vorlieben, meine Interessen, meine Werte, wie ich mein Leben gestalte, da gibt es viele Ähnlichkeiten. Auch die internationale Ausrichtung. Aber Irma ist eine virtuelle Figur und mein Leben ist real, ich habe zwei Kinder, einen Mann und einen Beagle.“

Kannst du dir vorstellen, dass Irma irgendwann auch wieder von der Bildfläche verschwindet?

„Irma ist zeitlos. Die Illustration entwickelt sich weiter. Zur Zeit ist kein Ende absehbar, und selbst wenn ich irgendwann Irma nicht mehr selber gestalten würde, so könnte es jemand anderes fortführen. Es gibt über 8.000 Illustrationen, die Irma in unterschiedlichsten Lebenssituationen zeigen, und die redaktionellen Inhalte werden schon jetzt von einem tollen Team mitbetreut. Ich könnte mir eher vorstellen, dass Irma irgendwann eine Familie gründet und Kinder bekommt. Auch Haustiere. Da kann noch so viel kommen.“

 

Illustrationen: Jasmin Khezri

 

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