Karen Heumann ist schon lange in der Werbebranche tätig. Welche Erfahrungen die Gründerin und Vorstandssprecherin von thjnk dort als Frau gemacht hat, hat sie unserem Partner „Manager Magazin“ erzählt.
Auf ein Müsli mit Karen Heumann
Früher Morgen, Karen Heumann löffelt Müsli mit Früchten. War spät gestern, aber absagen gilt nicht, da ist die Werberin zu sehr Preußin. Also „Soho House“, Landhausstil meets Edel-Shabbychic, perfekt zum Sinnieren. Was war gestern? „Essen und Trinken mit Freundinnen.“ Das passt ja. Jetzt schnell noch Cola light in satisfaktionsfähiger Menge ordern, Eiswürfelkübel in Reichweite und Start.
Wann haben Sie zuletzt einen Zickenkrieg gewonnen?
„In meinem Umfeld gibt es keinen. Im Gegenteil – ich erlebe unter Frauen großen Frieden. Es gilt: Unterstützung statt Eifersüchteleien. Wenn sich jemand bei mir nach einer Managerin erkundigt, stelle ich das Positive heraus, stärker und bewusster als bei Männern.“
Haben Frauen diese kleinen Tricks wirklich noch nötig?
„Frauen müssen viel mehr tun, um Vorvertrauen zu bekommen und ihren Worten Gewicht zu geben. Jede Frau, in jeder Position. Ich glaube an die Kraft der Vielfalt – und Tricks, wie Sie es nennen, sind Teil der Strategie, diese herbeizuführen. Auch die Quote ist eine Art Trick, weil sie eine Realität herstellt, die leider nicht natürlich entsteht. Frauen haben keine „Give me five“-Rituale, in Konferenzen sacken die leiseren Stimmen oft weg, und wenn sie mal durchhängen, wird das sofort belächelt.“
Als Sie im Vorstand von Jung von Matt saßen, haben alle Ihren Fleiß gelobt.
„Das hat mich geärgert.“
Warum?
„Hervorragende Leistungen von Frauen werden häufig auf Engagement und Fleiß zurückgeführt. Bei Männern auf Talent, Kühnheit, Intelligenz. Offenbar trauen viele es erfolgreichen Frauen nicht zu, dass ihr Talent sie da hingebracht hat, wo sie sind. Männer, die einen exzellenten Job machen, gelten als Genies und Gurus. Frauen als engagiert.“
Würden Sie auch gern als Werbegenie tituliert werden?
„Darum geht’s nicht. Der Punkt ist: Talent hat nichts mit dem Geschlecht zu tun. Und Eigenschaften wie Mut oder Empathie auch nicht.“
Holger Jung hat über Sie mal gesagt: „Die Karen ist der einzige Mann im Raum.“ Sind Frauen die besseren Männer?
„Sicher nicht. Das Zitat zeigt doch, dass Charakterzüge nicht geschlechtsspezifisch sind. Zuschreibungen verstellen uns den Blick auf die wahren Qualitäten von Menschen. Studien zeigen, dass Jungs die Leistung ihrer Mitschülerin schlechter bewerten, selbst wenn sie klar überlegen ist. Da kann man sich vorstellen, wie das weitergeht. Daran müssen wir arbeiten.“
„Für mich ist nicht Mann oder Frau entscheidend. Sondern wer’s kann.“
Sollten Frauen deshalb auf dem Weg nach oben bestimmte Fähigkeiten trainieren?
„Nein. Was trainiert werden muss, liegt an den individuellen Anlagen. Ich war schon als Jugendliche anstrengend. Hennahaare, gebatikte Latzhose, ständig mit Weltretten beschäftigt. Mit 17 arbeitete ich für die Zeitung, der Lokalchef wollte zum Karneval Sätze wie ,Die Lachmuskeln wurden strapaziert’. Hab ich nicht reingeschrieben. Er so: ,Ach, Akademikertochter und Frau. Und Sie wollen jetzt die Sätze über den Wetzlarer Fasching neu erfinden?‘“
Heute schreibt Ronja von Rönne, warum der Feminismus sie anekelt. Ist das undankbar?
„Ach, Unerschrockenheit ist immer gut. Ich finde es erfrischend, wenn solche Texte eine Debatte anstoßen. Offenbar ist vielen nicht mehr bewusst, was der Feminismus erreicht hat. Salopp gesagt: Es ist ärgerlich, dass Frauen in Konferenzen schlechter Gehör finden. Aber es ist toll, dass sie dort mitreden – und nicht mehr den Kaffee servieren.“
Fördern Sie als Miteigentümerin von Thjnk bewusst Frauen?
„Für mich ist nicht Mann oder Frau entscheidend. Sondern wer’s kann. Wir haben bei Thjnk mehr Frauen in Führungsjobs, eben weil wir nicht auf das Geschlecht achten. Vielfalt kommt von selbst, wenn Leistung objektiv betrachtet wird. Wir sitzen auf der Endmoräne der Idee, dass bestimmte Eigenschaften zu einem bestimmten Geschlecht gehören. Ich hoffe, es ist eine Endmoräne – und kein aufragender Berg.“
Dann machen hoffentlich auch Frauen bald schmutzige Witze?
„Machen sie doch heute schon! Umgekehrt hilft es uns auch nicht weiter, wenn Männer sich nur bewusst verstellen. Als ich bei Leagas Delaney arbeitete, sagte Tim Delaney nach einem Kundentermin: ,Karen, that woman really had no boobs.‘ Das war doof, politisch höchst unkorrekt – aber dass er es so unbekümmert sagte, zeigte mir, dass wir auf Augenhöhe waren. Das ist ja erst mal eine gute Arbeitssituation. Lieber schlechte Witze, als immer in zwei verschiedenen Welten zu sein.“
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