In einer Zeit, in der unsere Hände hauptsächlich über Bildschirme swipen, sollten wir uns davon ab und zu eine Pause gönnen und auf klassische Werkzeuge zurückgreifen: Schere, Stift und Papier. Wie wir damit unsere Kreativität fördern können, hat uns Illustratorin Daisy Watson verraten.
Kreativität ist harte Arbeit
Kreativität, das haben wir schon in einem Artikel über fehlendes kreatives Arbeiten an Schulen diskutiert, ist eine Sache, die in uns allen schlummert, aber definitiv zu wenig gefördert wird. Dabei könnte das gerade in einer Zeit, in der wir eher in die Tasten hauen und über unser Smartphone swipen als den Pinsel in die Hand zu nehmen, nicht wichtiger sein.
Wir scrollen ewig durch Pinterest-Feeds, inspirierende Instagram-Accounts und schauen uns die Dinge, die andere zustande bringen, so lange an, bis wir vergessen, dass wir diese Dinge ja auch selbst machen könnten.
Kreativität ist nichts, was wir von jetzt auf gleich anschalten können, aber etwas, das wir fördern sollten – genau das findet auch Illustratorin Daisy Watson. Für die 25-Jährige war das kreative Arbeiten schon als Kind etwas vollkommen Natürliches, da auch ihre Eltern immer viel Wert auf die Kreativität ihrer vier Kinder legten.
In der Highschool wurde die Kreativität schließlich zu ihrer Leidenschaft. Sie illustrierte auf Papier, wurde sicherer in ihrem Stil und wechselte zum ersten Mal mit 19 Jahren vom Stift zur Tattoo-Nadel. Vor drei Jahren zog Daisy nach Berlin und machte ihre Leidenschaft mit einem eigenen Tattoostudio zum Beruf. Auf ihrem Instagram-Account Daisydoestattoos hält sie ihre Community über ihre kreativen Fortschritte auf dem Laufenden.
Daisy Watson illustriert auf Papier und Haut. Quelle: Instagram | @Daiydoestattoos
Doch auch, wenn man in einem kreativen Umfeld groß geworden ist, ist Kreativität nicht allgegenwärtig. Man muss sie pflegen, immer wieder aufs Neue herausfordern und ihr verzeihen, wenn sie mal nicht so funktioniert, wie man es gerne hätte. Wir haben Daisy bei ihrem Workshop für Reeves gleich mal nach ein paar Tipps gefragt, wie sie denn die unkreativen Phasen meistert – und den Frust dabei überwindet. Ihre Tipps haben wir in vier Punkten zusammengefasst:
1. Lass dich nicht ausbremsen
Unsplash | Green Chameleon
„Das, was die kann, kann ich nicht“ oder „Ich bin total unkreativ“ – diese Sätzen streichst du gleich mal aus deinem Wortschatz. Denn plagen dich solche Gedanken, spiegelt sich das auch in deiner kreativen Arbeit wider. Gut möglich, dass es nicht gleich so perfekt aussieht, wie du es dir vorstellst, doch darum geht es auch nicht. Es geht darum, dass du etwas Kreatives schaffst, deine rechte Gehirnhälfte herausforderst und dabei bleibst. Verlang nicht von Anfang an zu viel von dir, das ist kein Wettbewerb.
2. Halte deine Augen offen
Quelle: Unsplash | Drew Graham
Wer sagt, er hätte keine Idee, was er machen könnte, oder sei uninspiriert, läuft wohl einfach mit geschlossenen Augen durch die Gegend. Denn Inspiration ist überall, man muss sie lediglich entdecken: die Leuchtschrift an dem Café, in dem man jeden Morgen seinen ersten Kaffee kauft, die Menschen in der Bahn, die Verpackungen von Lebensmitteln im Supermarkt, das Design von Büchern, Obststände am Straßenrand oder das Etikett von der Lieblingslimo. Es geht nicht darum, das Rad komplett neu zu erfinden, sondern vorhandene Elemente und Ideen neu zu arrangieren. Du musst dir lediglich einen Ausgangspunkt suchen, beispielsweise eine Form oder eine Farbe, und loslegen.
3. Schaffe dir eine kreative Umgebung
Quelle: Unsplash | Corinne Kutz
In der Hirnforschung geht man davon aus, dass unter anderem der Neurotransmitter Dopamin dafür verantwortlich ist, dass wir kreativ arbeiten können. Und die Ausschüttung des Dopamins wiederum ist stark abhängig von dem Ort, an dem du arbeitest. Der Schreibtisch schreit laut nach Arbeit und löst in vielen von uns erstmal Druck und Stress aus, was uns in unserer kreativen Arbeit hemmt. Beim Duschen, Spazierengehen, Joggen oder Schlafen fühlen wir uns hingegen freier, schütten eher Dopamin aus und können dementsprechend kreativer denken.
Schaff dir daher eine Umgebung, in der du dich absolut wohl fühlst – mach es dir in deiner Lieblingsecke deiner Wohnung bequem, such dir einen Platz im Co-Working-Space oder besuche dein Lieblingscafé. Wie du deinen Tag dort gestaltest, ist ganz dir überlassen. Ob Büro-Outfit oder Jogginghose, mit Kaffee oder Tee, mit Musik oder in Stillarbeit – du kennst dich selbst am besten und weißt, wie, wo und wann deine kreativen Ideen am wahrscheinlichsten kommen.
4. Sei geduldig
Quelle: Unsplash | Tim Foster
Bleiben die Einfälle aus, bleiben sie aus. Anstatt zu warten und zu warten und die kreativen Ideen herbei zu zwingen, solltest du sie einfach dort lassen, wo sie sind, und Distanz schaffen. Gehe nach draußen, atme tief durch, lass deine Anspannung weichen, triff dich mit Freunden. Daisy’s Tipp:
„Wenn du wirklich gefangen bist, musst du geduldig sein und es einfach aushalten. Ideen, die erzwungen sind, führen nie zu etwas, mit dem ich glücklich bin.“
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