Der Pariserin Fany Pechiodat ist gelungen, wovon viele träumen: Aus einer kleinen Idee wurde ein Unternehmen mit 100 Mitarbeitern und Umsätzen im zweistelligen Millionenbereich. Wir haben mit der Gründerin gesprochen.
Erfolg mit dem
„Einfach-mal-machen-Prinzip“
Es ist gut sechs Jahre her, da beschloss die Pariserin Fany
Pechiodat, einen Newsletter für ihre Freunde zu schreiben. Jeden Tag einen
kleinen Tipp, von der Dachterrasse mit dem schönsten Blick über die Stadt, über
ein Buch, das man unbedingt lesen sollte, bis zum Designer, der gerade
besonders aufsehenerregend ist. Eigentlich erstaunlich, dass sich gerade die heute 38-Jährige
zu einem Newsletter berufen fühlte, denn eigentlich konnte Fany, die damals in
der Beauty-Branche arbeitete, gar nichts mit selbigen anfangen. „Ich hatte mit Newslettern gar nichts
am Hut, da ich dabei immer an blinkende Banner und andere aggressive Elemente
dachte“, sagt sie.
Aber genau das stachelte sie dann an, es anders zu machen.
Besser und vor allem: liebevoller. Mit
Erfolg, denn der Newsletter „My Little Paris“, den sie zu Beginn an einen
kleinen Kreis von 50 Menschen verschickte, ging sofort durch die Decke. „Ich
habe den Newsletter für meine Freunde geschrieben und nach wenigen Monaten
hatte ich über 1000 Abonnenten, nach sechs Monaten 10.000 Abonnenten – ohne je
Werbung dafür gemacht zu haben.“
Auch SEO-Strategien sind Fany ein Graus, das mache nur die
Kreativität kaputt. Ihr Erfolgsgeheimnis liege in der Kürze des Newsletters,
davon ist sie überzeugt. Er soll in einer Minute lesbar sein. Außerdem sei es
wichtig, dass der Leser die Passion für das Thema spüren kann, und so feilt sie
an einem kleinen Text auch mal endlos lange und versieht ihn mit Illustrationen
von Kanako. Nach besagten sechs Monaten nahm sie dann allen Mut zusammen, kündigte ihren
Job und machte aus dem privaten Newsletter mit gerade mal 5.000 Euro in der
Tasche ein Unternehmen. Heute hat „My Little Paris“ mehr als 1,5 Millionen
Abonnenten.
Nach dem ersten Erfolg heißt es: Auf zu neuen Ufern
Nachdem sie neben dem Newsletter auch eine Website hatte, die gut besucht wurde, kamen Fany neue Ideen.
Sie erzählt, wie sehr sie es frustrierte, dass das gesamte Universum von „My Little
Paris“ nur digital erfahrbar war und sie sich wünschte, diese Welt, mit der
sich mittlerweile so viele Frauen identifizierten, in eine Box zu packen und
auch haptisch erlebbar zu machen. Gesagt, getan. Und so startete das neue
Projekt: Die monatliche Beautybox „My Little Box“, die eine wechselnde Auswahl an Kosmetikprodukten beinhaltet.
Und wie es sich für die
Pariserin gehört, ging auch dieser Plan auf: „Es war ein Experiment, also
starteten wir mit 2.000 Boxen – und die waren nach 45 Minuten ausverkauft.
Heute generieren wir mit „My Little Box“ 65 Prozent unseres Umsatzes.“ Und
dieser liegt bei etwa 30 Millionen Dollar im Jahr.
Bild: My Little Box
Was macht sie so erfolgreich?
Wie hat sie das alles geschafft und was ist denn nun das
Erfolgsgeheimis von Fany Pechiodat? Investoren hat sie, die finanzstarke
Kooperationspartner stets mit kauffreudigen Abonnenten locken konnte, nie
gebraucht. Im November 2013 stieg allerdings Axel Springer in das Unternehmen
mit ein und kaufte für rund 40 Millionen Euro 60 Prozent des Unternehmens. Und
das war hilfreich, denn ein so schnelles Wachstum, wie „My Little Paris“ es
hingelegt hat, ist nicht leicht zu stemmen.
„Unser schnelles Wachstum war nicht ganz leicht zu
händeln, da wir ja schnell neue Mitarbeiter einstellen und, ganz wichtig,
eine kreative Unternehmenskultur aufbauen mussten.“
Die Auswahl der richtigen Mitarbeiter und vor allem die
kreative Atmosphäre ist der Pariserin besonders wichtig, die mit ihren 100
Mitarbeitern in einem zehnstöckigen Haus in der französischen Hauptstadt
arbeitet. Das sieht man nicht nur – die Büros erinnern eher an stylische
Appartements als an Arbeitsplätze – sondern sie erzählt auch, dass die meiste
Zeit ihres Tages für die Förderung der Mitarbeiter draufgeht. „Ich bringe fast 50 Prozent meiner Zeit und
meiner Energie dafür auf, die Kreativität in meinem Unternehmen zu erhalten und
zu pushen.“
Mehr Dauer-Workshop als dröger Arbeitstag
Und so sehe es bei ihnen auch täglich aus, als würde ein
Workshop veranstaltet: es wird gebastelt, gezeichnet, geschrieben – und wenn
jemand neuen Input durch ein bestimmtes Buch oder ähnliches benötigen würde, dann übernehme
das das Unternehmen natürlich auch, sagt sie. Auf die Frage, wie sie ihre
Mitarbeiter aussuchen würde, überlegt sie kurz. Verschiedene Charaktere seien
ihr wichtig. Es sei wie ein Puzzle, die Mitarbeiter müssen sich in ihren Stärken und
Schwächen ergänzen – und sie müssen einen gewissen Biss haben.
Deshalb sieht es Fany auch ganz und gar nicht als Nachteil, dass sie zu Beginn
nicht die „besten Journalisten von Paris“ einstellen konnte, sondern die, wie
sie es nennt, „frustrierten Literaten“.
„Das sind kreative Menschen mit guten Ideen, deren Traum es ist zu
schreiben. Und das war gut, denn diese Leute geben immer ein bisschen mehr als
die Menschen, die eine großartige Ausbildung und so viele Chancen haben. Sie
haben mehr Drive.“
Scheint was dran zu sein, schließlich war sie mit dem Ansatz, aus Nichts viel zu machen, selbst sehr erfolgreich.
Seit Dezember gibt es „My Little Box“ nun auch in Deutschland – wir sind gespannt, wie es mit Fany und ihrem
kleinen Imperium weitergeht. Und pinnen
sie uns gedanklich an unser Inspirationsboard, um uns daran zu erinnern, dass man ganz viel erreichen kann, auch wenn man bei Null anfängt.
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