Warum willst du denn vier Kinder? Was soll ich auf diese Frage antworten? „Weil ich es mir schön vorstelle. Noch so einen kleinen Wurm, so ein süßes kleines Baby, das so knuffig ist, so gut riecht, auf seine kleinen Fäustchen gekuschelt auf meinem Bauch liegt.
Was soll ich auf diese Frage antworten? „Weil ich es mir schön vorstelle. Noch so einen kleinen Wurm, so ein süßes kleines Baby, das so knuffig ist, so gut riecht, auf seine kleinen Fäustchen gekuschelt auf meinem Bauch liegt. Die Großen zu sehen, wie sie dieses kleine Wunder bestaunen, es auf dem Arm nehmen, es wickeln, ihr Wissen und Können an den kleinen Zwerg weitergeben. Zu beobachten, wie das Kind wächst, wie es krabbeln lernt, laufen, wenn es irgendwann seine kleinen Ärmchen um mich legt oder mir den ersten Sabberkuss gibt. Davon habe ich einfach noch nicht genug.“
„Ja klar, wenn sie klein sind, sind die süß, aber“, kommt sofort der Einwand, „wie stellst du dir das vor, wenn die Kinder älter sind, wie willst du das dann machen?“ Ehrlich gesagt, weiß ich das nicht. Ich kenne das Kind ja noch gar nicht, schließlich ist es noch nicht geboren, also weiß ich auch nicht, was für Bedürfnisse es haben wird. Und auch die anderen drei sind noch verhältnismäßig klein, ich habe also generell keine Ahnung, wie das mit großen Kindern so läuft. Ich werde mich wohl irgendwie reinfuchsen müssen in das Thema.
Aber egal, wie cool und überlegen ich hier daher schreibe, die Frage hat bei mir ordentlich Eindruck gemacht. Nachdem ich dieses Gespräch schon mehrmals geführt habe, hat sich bei mir das Gefühl festgesetzt, dass es ist nicht selbstverständlich ist, sich das Recht raus zu nehmen, vier Kinder zu kriegen. Es ist etwas, das nicht jeder Frau zusteht, nur einem erlauchten Kreis von auserwählten Supermamis, die schon Monate vor der Befruchtung genau wissen, wie der Hase die nächsten 20 Jahre läuft. Seit dem ist bei jedem Stress mit den Kindern, bei jedem Moment der Überforderung mein erster Gedanke „Siehst du, du taugst nicht für ein weiteres Kind. Du bist nicht gut genug. Nicht taff genug. Du kommst ja nicht mal mit drei Kindern durchs Leben ohne zu schimpfen, zu weinen, zu zweifeln und zu irren.“ Denn ich muss gestehen, es vergeht bei mir keine Woche, an deren Ende ich mich nicht stundenlang damit quälen könnte, was ich wieder alles falsch gemacht habe, wo ich hätte anders reagieren können, wo ich den Überblick nicht hatte, das Verhalten meiner Kinder falsch verstanden oder eingeordnet habe, irgendetwas vergessen oder vertüddelt habe oder einfach irgendetwas, was ich machen wollte, mal wieder nicht auf die Reihe gekriegt habe.
Man sieht also, ich weiß nicht wie es geht. Ich weiß im Vorfeld fast nie den richtigen Weg, ich habe keinen großen Plan und keine Vorstellung, wie ich mich die nächsten Wochen oder Monate organisieren werde. Ich arbeite mich Tag für Tag durchs Leben und wenn was falsch gelaufen ist, mache ich es nächstes Mal anders. Wünschenswerte tägliche Höhepunkte, wie mit der Familie vor dem Kamin bei einer Tasse Tee zusammenzufinden, kommen leider in der Realität viel zu selten vor. Denn ehrlich gesagt, mir erscheint das Leben wie ein permanentes Chaos mit täglich neuen, unvorhersehbaren Katastrophen und Überraschungen, auf die es irgendwie zu reagieren gilt und durch die ich versuche, mich ohne all zu großen Schaden durchzuwurschteln.
Während ich noch so hin und her überlege, ob das nicht doch ausreichend ist, um ein weiteres Kind bekommen zu können, kommt schon der nächste Seitenhieb: „Mit vier Kindern kannst du es aber vergessen, noch zu arbeiten!“ Rums, das sitzt! Ich kriege augenblicklich Panik, denn ein Leben nur für die Kinder kann ich mir tatsächlich nicht vorstellen. Ich möchte nicht sagen, es wäre zu wenig, aber doch ein bisschen zu einseitig. Ich versuche zwar gegen zu halten, dass ich mich doch entsprechend organisieren kann, dass wir doch noch gar nicht darüber geredet haben, was und wieviel ich arbeiten möchte, aber die Angst, mit der Geburt eines weiteren Kindes etwas falsches zu tun, meinem Leben eine falsche Wendung zu geben, überfordert und unglücklich auf der Strecke zu bleiben, und es womöglich letztlich zu bereuen, dieses Kind bekommen zu haben, lähmt mich über Monate. Monate, in denen ich zweifel, unglücklich bin, und in denen der aus der Traurigkeit resultierende Stress nur zu bestätigen scheint, dass ich nicht gut genug für meinen Lebenstraum bin.
Vor ein paar Wochen habe ich mit einer Freundin gesprochen, die selbst noch keine Kinder hat und wir kamen auf das Thema, dass es mit den Jahren immer schwerer wird, sich für Kinder zu entscheiden, weil das Ganze so aufgeladen ist. So viele Expert_innen, Autoren, Freund_innen, Bekannte haben einem schon erzählt, wie das ist mit Kindern, was dann alles nicht mehr geht und was unzweifelhaft auf jeden Fall passieren wird und nicht klappen wird. Welche Wendung das Leben nehmen wird, ohne dass man etwas dagegen tun kann. Als würde man durch die Geburt eines Kindes die Oberhoheit über das eigene Leben verlieren. Die Entscheidung verkopft und die eigenen Wünsche kann man nicht mehr hören. So geht es mir, wenn ich an weitere Kinder, aber auch meine zukünftige Berufstätigkeit denke. Mein Kopf ist so voll mit lauter, abers und das-geht-nicht, das-schaffst-du-nicht, das-macht-man-nicht, dass mir regelmäßig schwindelig wird!
Als ich irgendwann mal voller Kraft, Energie und Zuversicht erzählt habe, dass ich vier Kinder haben will und was ich mir beruflich noch so vorstelle, kam die Antwort, wem ich damit etwas beweisen will. Es scheint nicht legitim zu sein. Und es ist verdammt schwer, seinen eigenen Weg zu gehen!
Und nur ganz unter uns und im Vertrauen, eigentlich will ich sechs Kinder!