Foto: Nike van Dinther

Nike: „Ich bin ein Fuchs, wenn es darum geht, effizient zu sein“

Nike van Dinther ist Mitgründerin des Modeblogs This is Jane Wayne und Vollblutmama. Wir haben mit ihr über die täglichen Herausforderungen gesprochen.

 

Mit starken Partnern geht alles

This is Jane Wayne ist einer der meistgelesenen Blogs in Deutschland. Hinter ihm stehen Nike van Dinther und Sarah Gottschalk, die aus dem Drang etwas Eigenes zu schaffen, ein Erfolgsmodell haben werden lassen. In diesem Jahr ist der Blog Teil des VOGUE-Netzwerkes geworden, es kamen neue Redakteurinnen hinzu, und Nike ist Mutter geworden.

Wir haben mit ihr über berufliche und private Veränderungen, die Waage zwischen einer Nähe zum Leser und der eigenen Privatsphäre und dem Arbeitsalltag mit einem Kleinkind gesprochen. Außerdem hat Nike uns ihre Modetipps für schwangere Frauen verrraten und uns erzählt, auf welche Kleidungsstücke sowie Accessoires sie derzeit auf keinen Fall verzichten möchte. Zu guter Letzt verrät sie uns auch noch, was das Gefühl des Mutterseins mit dem Geschmack einer Banane zu tun hat.

In drei Sätzen, was macht This is Jane Wayne aus?


„This is Jane Wayne ist ehrlich und laut, aber trotzdem nie gemein. This is Jane Wayne ist schön, aber mindestens genau so schlau und durchaus ein bisschen wortgewandt. Und wäre This is Jane Wayne eine von uns, sie würde niemals aufgeben oder aufhören zu suchen, sie würde sich ständig neu erfinden, debattieren, träumen und erzählen, sich manchmal vertun, aber immer sicher sein, dass alles gut ist, so wie es ist.“

Hattest du beruflich immer Mode und Schreiben im Blick oder stand ursprünglich etwas ganz anderes auf dem Plan?


„Bis kurz nach dem Abitur wollte ich nichts anderes als Ärztin werden. Ich hatte immer davon geträumt, in die Fußstapfen meines Vaters zu treten, etwas „Sinnvolles“ zu machen und anders zu sein als die Schnösel um mich herum, die bloß heiß auf die weißen Kittel waren. Genau diese unangenehmen Zeitgenossen waren es am Ende auch, die dafür sorgten, dass ich kurz vor knapp doch den sprichwörtlichen Schwanz einzog. Also blieb mir nur das Schreiben, rechnen kann ich nämlich nicht. Ich zog nach Düsseldorf und studierte an der AMD Modejournalismus und Medienkommunikation, weil mir jemand gesagt hatte, es sei wichtig, sich zu spezialisieren. Während der nächsten Jahre hasste ich Mode und all das Drumherum – erst als ich meine Abschlussarbeit in den Händen hielt, versöhnte ich mich sozusagen mit der Branche und den Menschen, die sich in ihr bewegten.“

Du und Sarah habt den Blog zu zweit hochgezogen, zuerst im Zusammenspiel mit ArtSchoolVets und dann alleine. Wann und wieso kam der Entschluss losgelöst weiterzumachen? 


„Das ist ein bisschen komplizierter: Ich habe lange für ArtSchoolVets gearbeitet, bloß drehte sich dort damals alles nur um Streetart, Kunst, Sneaker und Menswear, das machte mich auf Dauer mürbe, denn ich selbst bin ja nun mal eine Frau und hätte liebend gerne für eine tendenziell weibliche Zielgruppe geschrieben. Jane Wayne musste her, also gründeten Sarah und ich, auch ein bisschen aus Ratlosigkeit bezüglich der großen Zukunft, das weibliche Pendant zu ArtSchoolVets, das sich im Laufe der Jahre allerdings zu einem eigenständigen Medium entwickelt hat. Es war uns beiden wichtig, bestimmen zu können. Und wir wussten wohl schon sehr früh, das es uns leichter fallen würde hart zu arbeiten, wenn es für unser eigenes Unternehmen tun, statt für einen Boss.“

Seit diesem Jahr seid ihr im VOGUE-Netzwerk, dann kamen noch andere Redakteurinnen zu eurem Blog dazu. Wie würdest du die Veränderungen, die das mit sich gebracht hat, zusammenfassen?

„Diese Veränderungen waren wirklich überfällig. Mit explodierenden Klickzahlen wächst nicht nur die Verantwortung, sondern auch die Anzahl an Kooperationen, es gibt so viel mehr zu erledigen: Papierkram und all die Organisation hinter den Kulissen. Das war zu zweit fast nicht mehr zu schaffen. Genau das ist mitunter aber das Allerschwierigste am Selbstständigsein: Abgeben können, vertrauen, die Dinge einfach mal laufen lassen. Noch immer legen wir nicht ansatzweise so viel in fremde Hände, wie wir eigentlich sollten. Stattdessen hängen wir lieber Arbeitsstunden hinten dran, was im Grunde komplett bescheuert ist. Aber man leidet ja doch ein bisschen unter Kontrollwahn. Dass die VOGUE, oder eher Condé Nast, sich jetzt seit über einem Jahr um unsere Banner-Vermarktung kümmert, ist eine große Entlastung. Und unsere zusätzlichen Bloggerinnen sind mehr als Gold wert. Sie machen Jane Wayne lebendiger, abwechslungsreicher und meinungsstärker. Darüber hinaus war es uns außerdem wichtig, unsere Zielgruppe ein Stück weit zu vergrößern und die Leser, die sowieso schon da waren, noch glücklicher zu machen. Von Beauty Themen zum Beispiel haben weder Sarah noch ich nämlich die leiseste Ahnung.“

Du bist vor einigen Wochen Mutter geworden und hast deine Schwangerschaft zuvor bereits mit der Netzöffentlichkeit geteilt. Ihr sprecht mit eurem Blog junge Frauen an. Hattest du Bedenken, dass die Auseinandersetzung mit dem Thema an eurer Zielgruppe vorbeiführt?

„Na klar, sogar sehr große. Ich weiß quasi erst seit meiner eigenen Schwangerschaft, wie viele unserer Leserinnen selbst Mamis sind. Was eigentlich ganz logisch ist, unsere Kernzielgruppe bewegt sich nämlich zwischen 24 und 35 Jahren. Ich bin mir trotzdem darüber im Klaren, dass es sich hierbei wahrscheinlich um eine 50/50-Rechnung handelt – die eine Hälfte freut sich über die noch größere Identifikationsfläche oder ist schlichtweg interessiert an diesem vielleicht noch unerforschten Gefilde, die andere Hälfte ist bestimmt ganz schön genervt. Genau aus diesem Grund versuche ich auch so wenig Muttisein wie möglich auf dem Blog unterzubringen und so viel wie nötig – Das ist schließlich jetzt auch Teil meines Lebens. Jane Wayne darf trotzdem kein Mamiblog werden, ich hab’ ja auch noch anderes im Kopf. Was es allerdings durchaus geben wird, ist ein weiterer Reiter, quasi ein Unterblog von Jane Wayne: „Little Jane“. Hier kann dann der ganze wunderbare Baby-Content stattfinden, ohne dass all unsere weniger interessierten LeserInnen verprellt und stinkig werden.“

Der Blog ist sehr persönlich angelegt. Wo macht ihr den Schnitt zwischen öffentlichen und privaten Inhalten?

„Das ist eine ziemlich kniffelige Angelegenheit. Ich bin natürlich ganz schön abgehärtet und präsentiere durchaus mehr Privates als die Allermeisten, aber es gibt auch für mich klare Grenzen. Ich würde beispielsweise niemals das Gesicht meines Babys auf einem öffentlichen Kanal posten. Wer weiß schon, welche Schindluder damit womöglich getrieben werden würden. Aber das muss natürlich jeder für sich selbst entscheiden. Instagram ist sowieso eine tendenziell scheinheilige Angelegenheit, ein Medium der Täuschung sozusagen. Natürlich teile ich mehr oder weniger intime Momente, die allerdings nur geschätzt 2% meines echten Lebens ausmachen. Wer mir folgt, denkt trotzdem er hätte den vollen Einblick. Pustekuchen, ist ja klar. Auf den Bildern zeige ich mich außerdem nur mit Personen, die selbst auf Instagram tätig sind. Die meisten meiner Freunde haben „damit“ nämlich nichts am Hut und wollen dementsprechend auch nicht dort stattfinden. Für Blogposts plaudere ich gerne aus dem Nähkästchen, ich teile ehrliche Gedanken oder Zweifel, aber solche der ganz harmlosen, unterhaltenden Art. Nichts, was wirklich persönlich weh tun könnte. Für all die „Die Sache mit…“- Texte bewahre ich mir allerdings eine gewissen, sagen wir mal, künstlerische Freiheit. Einige dieser Beiträge beziehen sich auf mich, andere auf Erfahrungen aus meinem Freundeskreis, wieder andere sind frei erfunden. Es ist mir wichtig, dass die Leute in diesem speziellen Fall wissen, dass ich keineswegs Tagebuch führe, sondern vielmehr Situationen erdenke, um auf Alltags- und Gesellschaftsprobleme aufmerksam zu machen. Klappt aber auch nicht immer.“

Wie hat Sarah, als dein Partner in Crime, deine Schwangerschaft aufgenommen? Hatte sie Bedenken, wie das euer gemeinsames Arbeiten beeinflussen wird?


„Oh, da müssten wir sie schon selbst fragen. Vor mir hat sie jedenfalls keine Bedenken geäußert, ganz im Gegenteil. Unser Grundtenor lautet eigentlich immer: Wir schaffen das. Egal, was kommt.“ Man muss allerdings bedenken, dass wir nicht nur Geschäftspartner sind, sondern vor allem Freundinnen, seit der 5. Klasse. Sarah würde also wirklich nur im äußersten Notfall Bedenken äußern, schon allein meiner Nerven zuliebe. Ich weiß bloß, dass sie damit gerechnet hat, dass ich nach Lios Geburt erst einmal vier Monate abtauchen würde. So kam es dann aber nicht. Ich habe nach Sarah und „Jane“ ja schon nach ein paar arbeitslosen Tagen große Sehnsucht.“

Hat sich dein Arbeitsalltag seit der Schwangerschaft verändert? 


„Aber natürlich, sehr sogar. Ich bin ein richtiger Fuchs geworden, wenn es darum geht, effizient zu sein. In erster Linie muss ich im Augenblick schließlich eine lockertolle Mama und vor allem da sein. Deshalb kann ich nur dann arbeiten, wenn mein Sohn schläft oder zufrieden in seinem Baby Björn vor sich hin strampelt und Nachtschichten sind auch passé, sonst würde ich ja irgendwann vom Schreibtischstuhl kippen – was mir ja auch so manchmal schon passiert. Jedenfalls wird tagsüber in allen Babypausen getippt und gewerkelt und das nicht zu knapp. Sarah und ich haben uns während des letzten Jahres neben unserer Website stark auf Consulting fokussiert. Momentan betreuen wir zwei Startups und Apps, es gibt also ganz schön viel zu tun und die Welt dreht sich genau so schnell weiter wie vor Lios Geburt. Das alles unter einen Hut zu bringen ist natürlich das Gegenteil von einfach und ist nur realisierbar, weil Sarah oft einspringt, weil ich den stärksten Partner, den ich mir wünschen kann, an meiner Seite habe und vor allem, weil ich im Grunde mein eigener Chef bin. Wer mit mir arbeiten mag, muss mich neuerdings also im Doppelpack buchen. Das klingt jetzt ein bisschen schroff, ich weiß, aber so ist es. Meetings müssen manchmal mit Baby im Gepäck stattfinden und es kann durchaus auch mal vorkommen, dass eine Skype-Konferenz unterbrochen werden muss, weil Monsieur plötzlich Hunger bekommt. Ich danke unseren Kunden sehr für diese Flexibilität und gleichzeitig halte ich sie für extrem wichtig und notwendig. Das Einfrieren von Eizellen kann schließlich nicht der einzige Weg sein, Karriere und Kind unter deinen Hut zu bekommen. Beides macht doch so glücklich.“

Wie ist es mit deinem Blick auf Mode? Kannst du hier neben neuen Schnitten eine Veränderung bei dir erkennen?

„Grundsätzlich nur eine einzige: Ich ruhe neuerdings komplett in mir, auch hinsichtlich der Mode an meinem Körper. Weiß der Himmel, woran das liegt, aber ich habe mich ganz schön lange ganz schön oft vertan, wenn es um die Auswahl von Outfits ging. Bestimmt, weil ich verzweifelt nach meinem eigenen Stil gesucht habe. Das lasse ich jetzt einfach sein. Stattdessen freue ich mich, dass jeder Tag neu ist, auch in modischer Hinsicht. Übrigens habe ich außerdem festgestellt, dass ich viel besser darin bin, in Windeseile ein paar Teile zusammen zu schmeißen als lange über ein makelloses Antlitz nachzudenken. Letzteres geht noch heute in die Hose.“

Hast du einen Outfit-Tipp für werdende Mütter, der sich auch im Business-Kontext gut umsetzen lässt? Welche Basics sollten sie im Schrank haben?

„Da muss ich jetzt mal gut nachdenken. Mit Haargummis lassen sich jedenfalls prima Hosenknöpfe zusammenhalten. Aber im Ernst, ich glaube, jede Schwangere tickt so anders, da ist es fast schwer, Tipps zu geben. Ich zum Beispiel habe feste Stoffhosen mit Gummibund geliebt, die sehen schick aus und lassen sich auch mit Kugelbauch noch sehr lange tragen. Auch lange Röcke mit Reißverschluss kann man lange tragen, man muss sie bloß etwas höher zieht, also über die Kugel und den Reißverschluss offen stehen lassen. Wenn man dann eine weitere Bluse darüber trägt, fällt’s überhaupt nicht auf. Schlichte schwarze Stretch-Kleider sind auch super, die sind gemütlich und zeigen auch mal, was man hat. Ansonsten kann ich schwarze Schwangerschaftshosen mit Kuschelbund und feine Kaschmirpullis aus der Herrenabteilung plus ein paar gemütliche Schnürschuhe oder Loafer empfehlen – fertig ist der Businesslook, der auch überall sonst funktioniert.“

Gibt es ein Kleidungsstück, das sowohl praktisch als auch schick ist und auf das du im Alltag niemals verzichten würdest?


„Es gibt sogar mehrere: Riesengroße Mäntel. Riesengroße Pullover, aus Wolle oder Kaschmir. Riesengroße Schals, die im Notfall zu Ponchos umfunktioniert werden können. Und riesengroße Blazer, die auch als Jacke taugen. Mit engen kleinen Kleidungsstücken kann ich offenbar nicht so gut.“

Und zu guter Letzt: Wie fühlt es sich an, Mama zu sein?

„Das ist, als würde man fragen, wonach eine Banane schmeckt. Unbeschreiblich. Und krass. Krass schön, krass erdend, krass groß. Krasser Wahnsinn.“

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