Rianna und Nina haben ihr gleichnamiges Label vor gut einem Jahr gegründet. Wie alles begann und welche Hürden auf sie warteten, erzählt Nina.
Wie ein Treffen ein Leben verändert
Es ist sonnig und das Gemenge aus grünen Bäumen und aufgewärmtem Beton verströmt einen herrlich mediterranen Flair in Berlin-Mitte. Ein guter Tag, um dem Laden von Rianna + Nina einen Besuch abzustatten.
Von der Straße falle ich in ein farbintensives Interior-Fashion-Wunderland und meine Augen wissen gar nicht, wohin sie zuerst blicken sollen. Ein Glück ist Nina da, die mich mit strahlendem Lächeln begrüßt und mich gleich durch das Kunterbunt ihres Ladens führt. Von den Taschen zu den Kimonos, von den Lampen zu opulenten Kissen. Allesamt Einzelstücke, gefertigt aus feinsten Vintagetüchern von Christian Lacroix über Hermès bis Yves Saint Laurent. Wer hier einkauft? Vintage-Liebhaber, Männer, Frauen. Aber nun erstmal ganz von vorne.
Wo findet ihr eure Vintageteile?
„Rianna hat einen Vintageladen hier in Berlin und hatte schon 20 Jahre einen Vintageladen namens „Berlin” in Athen. In Griechenland hat sie Celebritys ausgestattet, mit großen Marken gearbeitet und war Inspirationsquelle vieler Designer. Auch ihre Mutter hatte bereits einen Vintageladen, das wurde ihr also quasi in die Wiege gelegt. Als wir uns dann trafen, hat es einfach gut gepasst und wir konnten Riannas Vintage-Background mit meinem Marketing-Background kombinieren. Sie hat sich also ihr Netzwerk und ihre Quellen über Jahrzehnte aufgebaut, zudem hat sie ein unglaubliches Wissen und kann dir sofort sagen, aus welchem Jahr ein Tuch ist und von welchem Designer. Wo genau wir die Tücher herhaben, bleibt natürlich Geschäftsgeheimnis. Aber soviel sei gesagt: Die findet man nicht mal eben für 20 Euro auf dem Flohmarkt, schon gar nicht in der Qualität, die wir brauchen. Um die zu finden, reisen wir viel herum, von Paris bis Antwerpen. Die Beschaffung ist nicht leicht, aber das muss es ja auch nicht sein.”
Wie habt ihr euch kennengelernt?
„Wir haben uns auf einer Vintage-Möbelmesse vor zwei Jahren in Berlin kennengelernt. Das war kompletter Zufall. Ich hatte schon immer ein Faible für Vintage und Rianna hatte dort einen Stand. Irgendwie kamen wir ins Gespräch und später habe ich sie in ihrem Laden besucht. Da hat es gefunkt.”
Was hast du zu der Zeit beruflich gemacht?
„Ich war Leiterin für Marketing und Kommunikation bei Galeries Lafayette und es war nicht im Entferntesten mein Plan, mich mit einem Label selbstständig zu machen. Es ist aber einfach passiert. Und ich glaube, es war Schicksal, dass wir beide uns getroffen haben.”
Hat dir diese Entscheidung Respekt eingeflöst?
„Ganz klar. Ich besuchte zum Jahresende meinen Bruder in New York und habe darüber nachgedacht, was im nächsten Jahr passieren soll und wo ich mich sehe. Nach vier Jahren ist auch ein guter Zeitpunkt, ein Unternehmen zu wechseln. Und dann habe ich mir gedacht: Wenn ich mir was wünschen könnte, dann hätte ich gerne den Laden mit Rianna und wir würden eine Marke aufbauen. Der zweite Gedanke? Einfach machen. Das richtige Know-How hatte ich ja auch durch mein Masterstudium, in dem es sehr viel um Aufbau einer Marke ging. Als Abschlussarbeit hatte ich einen Businessplan für ein Accessoires-Label geschrieben.”
Hast du etwas aus deinem letzten Job mitgenommen, das heute auch für das Label wichtig ist?
„Alles. Der erste Job prägt einfach. Ich hab vorher schon viele Praktika gemacht und war im Ausland, aber das ist schon eine eigene Nummer bezüglich Verantwortung oder auch eines Sicherheitsgefühls für einen selbst, was man leisten kann. Aber eigentlich war ich auch schon immer der Typ, der sich gefragt hat: Was soll schon passieren? Die Welt geht nach einem Fehltritt nicht unter – auch wenn man natürlich versuchen sollte, Fehler zu vermeiden. Ich habe keine Angst vor den Dingen und ich glaube, so muss man auch an die Sache rangehen. Klar hab auch ich mal Zeiten, in denen ich denke: Verdammt. Aber irgendwie geht’s doch immer weiter.”
„Erst einmal: Wir sind kein junges Berliner Label. So sehe ich uns gar nicht, wir gehen da in eine ganz andere Richtung. Wir sind exklusiv, aber wir sind viel kommerzieller als die meisten und das wollen wir auch sein. Wir produzieren intuitiv und halten uns an keine Regeln. Bald bekommen wir neue Taschen rein, weil wir jetzt tolle Tücher haben. Auch wird es bald neue Modelle geben, aber einfach, weil wir Lust darauf haben, das auszuprobieren. Es gibt auch keinen Sale, kein Last Season oder ein: Das ist out. Unsere Sachen sind zeitlos.”
Wie wichtig ist Marketing für ein junges Label?
„Ich finde wichtig, dass man eine Story hat und die nicht erst kreieren muss. Wir hatten das einfach. Es wird immer wichtiger, echt zu sein. Und das gelingt uns. Das fängt schon bei unserem Labelnamen an. Wir brauchen nicht irgendetwas Französisches, etwas Kreiertes. Wir sind so, wir sind wir und deshalb Rianna + Nina. Wir müssen nicht fancy sein.”
Das klingt alles sehr vertraut und freundschaftlich. Könnt ihr als Geschäftspartner autark handeln?
„Total. Es ist wirklich extrem, gemessen daran, wie kurz wir uns kennen, wie gut wir uns vertrauen. Unsere ersten Businessmeetings haben bei Rianna in der Wohnung stattgefunden, bei Souvlaki, Moussaka und Wein, ihr Sohn saß nebendran und der Mann noch dazwischen. Es war total entspannt und hat perfekt gepasst. Wir sprechen uns natürlich ab, gerade wenn es um die Einkäufe der Stoffe in einer bestimmten Preisklasse geht. Aber sobald das Budget besprochen ist, hat jeder freie Hand.”
Wieso eigentlich gleich der Laden und nicht einfach erstmal online verkaufen? Das wäre schließlich günstiger gewesen.
„Wir haben zum Glück in Berlin und international schon viele Menschen gefunden, die regelmäßig bei uns reinkommen und uns sogar ihr Feedback schreiben. Das hätten wir so nie zurückbekommen, wenn wir von Anfang an nur online verkauft hätten. Durch den Laden bekommen wir ein Gefühl für unsere Kunden, das finde ich wahnsinnig wichtig für ein neues Label.”
Die Taschen werden in Griechenland produziert und der Rest in Berlin. Wie wichtig sind euch die Produktionsbedingungen?
„Wir waren gemeinsam in Griechenland und haben uns das angeschaut. Das ist uns super wichtig. Wenn man sich schon seit Längerem mit Mode beschäftigt und in die Tiefe eintaucht, dann ist das ein normaler Prozess. Auch ich habe nicht nur fair produzierte Kleider, manchmal hat man diese Aussetzer, aber für uns war es essentiell, dass wenn wir eigene Produkte machen, dass sie sehr hochwertig und fair produziert sind. Da bleibt uns lieber am Ende des Monats weniger auf der Tasche. Wir kennen auch alle unsere Schneiderinnen in Berlin, die haben einen verdammt hohen Anspruch. Eine von ihnen ist etwa gerade für drei Monate in Paris und arbeitet zusätzlich für Givenchy, um sich noch mehr Wissen anzueignen. Das sind einfach Hammerfrauen, die da für uns arbeiten. Und sie lieben unsere Produkte genauso wie wir. Wenn wir neue Stoffe vorbeibringen und sie daraus etwas gemacht haben, dann rasten wir einfach gemeinsam aus und freuen uns total über die neuen Stücke. Alleine schon aus Respekt vor den Tüchern und Stoffen würde einfach nichts anderes zu uns passen.”
Ein Label hochzuziehen ist schon schwer genug – und dann noch auf solche „Details“ zu achten. Wie zeigt sich das finanziell?
„Es ist super schwer. Wir haben alles von Beginn an alleine finanziert und wir gehen unseren Familien damit sicher auch oft auf den Keks. Wir sagen uns auch manchmal, dass es sicher noch mehr Spaß machen würde ein Label zu haben, wenn man finanziell sicherer wäre. Es gab auch Zeiten, in denen wir erst Stoffe kaufen konnten, wenn wir mal wieder Umsatz gemacht haben. Das ist einfach so. Man sieht immer nur den Laden und dass wir viel unterwegs sind – und das macht auch alles wahnsinnig viel Spaß. Aber ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass es einfach ist. Das Gute ist: Wir sind beide große Optimisten und trotzdem Realisten. Das heißt, wir sind nicht geschockt darüber, dass der Anfang nicht so einfach ist. Was schade ist: Wir haben so viel Ideen und manchmal geht’s einfach nicht. Aber dann muss man eben langsam machen, Schritt für Schritt und dann dauert es ein bisschen länger. Dafür sind wir selbstbestimmt und machen genau das, was wir wollen.”
Artikelbilder: Rianna+Nina
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