„Gutes Tun Einfacher Machen“, dieser Wunsch eint Nicole, Nadia und Naomi von The Changer. Ein Gespräch über Social Business, Startups und sinnvolle Jobs.
Nadia, schon als wir uns vor einigen Jahren zum ersten Mal gesehen haben, hat dein Herz für NGOs und Social Business geschlagen. Dann hast du einen Ausflug in ein Startup gemacht, und jetzt gegründet. Wieso startet ihr jetzt mit The Changer?
„Ja das stimmt. Ich habe Internationale Beziehungen und Conflict Management studiert und wollte im sozialen Sektor arbeiten, habe aber lange nicht das Richtige gefunden. Ich wollte immer gern den Startup-Bereich mit dem sozialen Sektor verbinden und so kam die Idee. Zusammen mit zwei sehr guten Freundinnen habe ich The Changer ins Leben gerufen, eine Plattform für Jobs, Events, News und Ressourcen für den sozialen Sektor. Der Zeitpunkt passt ganz gut, weil sich gerade einiges in diesem Bereich wandelt.“
Worauf spielst du genau an?
„Unsere Generation oder Generation Y, wie sie so oft genannt wird, ist nicht mehr bereit „NUR“ für Geld zu arbeiten. Wir wollen Jobs mit Sinn oder direkt unsere eigenen (Social) Businesses gründen. The Changer soll dieser Generation nicht nur dabei helfen, die passenden Jobs zu finden, sondern sie auch mit Ressourcen ausstatten, die sie brauchen können, um ein eigenes Sozialunternehmen zu starten.“
Gab es ein Vorbild für euch? Ein anderes Unternehmen? Eine Person?
„Um ehrlich zu sein, gibt es unheimlich viele Vorbilder. Angefangen bei unseren Freunden, die entweder selbst im sozialen Sektor arbeiten oder bereits ihre eigenen Startups und Sozialunternehmen gestartet haben.“
Im Startup-Leben gibt es fast täglich Aufs und Abs. Was war bisher euer Tiefpunkt und was Euer Höhepunkt?
„Unser Höhepunkt war definitiv das Beuth-Stipendium. Ohne das hätten wir vielleicht nicht sofort den Mut gehabt, unsere Jobs zu kündigen und uns komplett auf The Changer zu konzentrieren. Ein anderer Höhepunkt war natürlich auch der Launch und die Nutzerzahlen. Es ist unglaublich zu sehen, wie viele Leute die Seite tatsächlich nutzen.“
Und der Tiefpunkt?
„Ich vergesse negative Dinge immer sehr schnell und muss auch zugeben, dass es vielleicht noch zu früh ist für wirkliche Abs, an die man sich bewusst erinnert.“
Hat das Gründen etwas an deiner Persönlichlichkeit geändert?
„Oh ja. Das Schönste am Gründen ist die Lernkurve. Es gibt selbst einzelne Tage, an denen ich mehr lerne als in den zwei Jahren meines Masterstudiums. Man steht komplett auf eignen Beinen, keiner weiß so ganz genau, was zu tun ist, aber man macht einfach und meistens klappt es auch. Gründerin zu sein wird sehr schnell zu deiner Persönlichkeit: Du lebst sehr schnell für die Arbeit und denkst bald nur noch über Business-Partnerschaften und Produktentwicklung nach. Ich versuche trotzdem, auch noch ein Privatleben zu haben und abzuschalten, wenn ich zu Hause bin.“
Ihr seid alle drei Freundinnen, ihr habt zusammen gewohnt, zusammen studiert. Ist das ein Vorteil oder ein Nachteil, wenn man so gemeinsam gründet?
„Ich glaube wir waren anfangs alle ein bisschen ängstlich. Weil alle natürlich sagen: „Gründe nie mit Freunden ein Business- das macht die Freundschaft kaputt.“ Wir haben uns sehr schnell bestimmte Regeln angewöhnt, wie zum Beispiel ein wöchentliches „Feel Good“-Meeting, indem wir besprechen, was gerade gut läuft und was nicht. Das soll verhindern, dass man Dinge in sich hineinfrisst und es zu Streit kommen kann. Bis jetzt klappt das gut. Klar wir haben alle unsere „grumpy“ days, aber hier ist es von Vorteil, dass wir uns so gut kennen und die jeweils andere einschätzen können. Eines kann ich jedoch sagen: Es gibt nichts schöneres, als jeden Morgen ins Büro zu fahren und mit deinen besten Freundinnen zu arbeiten!“
Ihr habt ein Stipendium der Beuth Hochschule Berlin bekommen. Wie schätzt du darüber hinaus die Förderungsbedingungen für Social-Business-Ideen ein?
„Es gibt natürlich bereits einige Social Business Stipendien, zum Beispiel Social Impact Lab oder den Climate Kic Accelerator. Dennoch ist es viel schwerer im sozialen Bereich gefördert zu werden, als wenn man ein klassisches Startup gründet. Das Problem ist, dass Social Investment in Deutschland noch nicht so angekommen ist, wie zum Beispiel in UK und den USA. Manche Innovationen haben die Chance, durch Sponsoren wie SAP oder direkt von Stiftungen unterstützt zu werden. Ich glaube, der Weg für Social Businesses in Deutschland ist noch immer sehr steil und wird es auch noch ein wenig bleiben. Aber wie auch im Startup-Sektor, wird es hier bald erste große Erfolge geben und dann wird es hoffentlich einfacher.“
Habt ihr selbst konkret mit Investoren gesprochen? Oder ist Crowdfunding ein besserer Weg? Oder Bootstrapping?
„Wir sind noch nicht konkret auf Investoren zugegangen, da wir dafür erst einmal ein Beta-Produkt haben wollten. Wir werden uns jedoch jetzt auch um weiteres Funding kümmern müssen. Crowdfunding ist definitiv eine Option mit der wir liebäugeln. Ansonsten gibt es in unserem Falle auch noch Stiftungen, die Interesse haben könnten und zum Teil sogar bereits Interesse zeigen.“
Wie werdet ihr Geld verdienen? Und wie passt Geld und Social in deinen Augen zusammen?
„Wir werden in Zukunft einige Funktionen anbieten, die für den Anbieter kostenpflichtig sein werden. Was wir definitv vermeiden möchten ist, dass unsere Nutzer für Inhalte bezahlen müssen. Wir werden uns ebenfalls um Sponsoren bemühen. Noch sind wir zwar eine GbR, doch der Plan ist es eine gUG oder gGMBH zu werden und somit gemeinnützig. Das Geld, das wir verdienen, soll stets in die Weiterentwicklung von The Changer und somit hoffentlich des Sektors fließen. Einer der Gründe, warum immer mehr junge Menschen Sozialunternehmen gründen oder im Bereich „Social Innovation“ arbeiten wollen, ist, dass es endlich „erlaubt“ ist, auch mit sozialen Jobs Geld zu verdienen. Das finde ich richtig und einen wichtigen Perspektivwechsel. Immer mehr Menschen konsumieren nachhaltig und immer mehr wollen für soziale und nachhaltige Unternehmen arbeiten oder sie unterstützen, in dem sie ihre Angebote nutzen. Wir sind fest davon überzeugt, dass die Zukunuft von Business, Social Business ist, und warum sollte man damit kein Geld verdienen. Es gibt doch eigentlich nichts Besseres, als mit der täglichen Arbeit auch die Welt ein bisschen besser zu machen!“
Ihr habt viele Einblicke in NGOs und Social-Business-Konzepte derzeit. Gibt es allgemein einen verstärkten Wunsch von Menschen auch im Job sinnvolles zu tun?
„Ha. Ja, absolut! Es gibt mittlerweile zahlreiche Studien darüber. Wir haben letztes Jahr im Oktober eine Facebook-Gruppe gestartet, in der wir und die Community ausschließlich Jobs und Praktika im sozialen Sektor posten. Die Gruppe „Berlin Social Jobs & Internships“ hat in nur wenigen Wochen über 4.000 Menschen erreicht. Das Feedback aus der Community war überwältigend. Es haben nicht nur Leute ihre Traumjobs durch die Gruppe gefunden, sondern Social Businesses und NGOs konnten ihre Zielgruppe erreichen.“
Was ist für dich das Paradebeispiel für ein erfolgreiches Social Business?
„Ashoka ist wohl das Paradebeispiel für Social Enterpreneurship generell. Es gibt im sozialen Sektor – und zwar sowohl im Bereich Social Business, als auch in der NGO-Welt – kaum jemanden, der Ashoka nicht kennt. Ansonsten finde ich es schwierig, ein bestimmtes Social Business als Paradebeispiel zu bezeichnen. Es gibt einfach so viele, die auf so unterschiedliche Art und Weise erfolgreich sind. Wir sitzen zum Beispiel im Büro mit drei weiteren Social Businesses: Wegreen, Chariteam und Ecotastic.“
Wollt ihr selbst einmal so ein Paradebeispiel werden? Wo siehst du euch in fünf Jahren?
„Natürlich möchten auch wir ein Paradebeispiel werden, wer möchte das nicht, aber vor allem wollen wir durch unsere Inhalte anderen Innovatoren vereinfachen selbst Social Entrepreneurs zu werden und Ideen durchzusetzten. Wenn wir das geschafft haben, sehen wir uns selbst als erfolgreich.“