Das Frauenbild in den Medien lässt uns häufig mit dem Gefühl zurück: Du bist fett, du bist hässlich, du bist wertlos. Damit muss jetzt Schluss sein, finden Sophia und Verena von „The Skinny and The Curvy One“. In ihrem Buch zeigen sie uns, wie wir Selbstakzeptanz lernen können – und warum das nicht immer heißt, jeden Teil seines Körpers zu akzeptieren.
Seinen Körper annehmen? So einfach ist das nicht
Viele von euch kennen sicherlich das Gefühl nicht gut genug zu sein: Zu dick, zu flach, zu klein, zu groß. Es gibt immer etwas, das andere oder wir selbst, an uns auszusetzen haben. Während Frauen, die dem verzerrten Schönheitsideal unserer Gesellschaft nicht entsprechen, früher kaum repräsentiert wurden, gibt es heute eine Bewegung hin zu einem selbstbewussten Umgang mit dem eigenen Körper.
Die Bloggerinnen Sophia und Verena finden diese Vorstellung unrealistisch. Jeden Teil seines Körpers zu lieben, nur weil uns jemand erzählt, es tun zu müssen? So einfach ist das nicht, schließlich ist das Empfinden von Schönheit ein sehr komplexes Themengebiet. In ihrem Buch „Selbstbewusstsein ist das neue sexy“, nehmen Sophia und Verena die Body-Positive-Bewegung kritisch unter die Lupe. Schritt für Schritt wollen sie uns dabei helfen, eine gesunde Sichtweise auf den eigenen Körper zu erlangen. Dabei erzählen sie unter anderem von ihren persönlichen Erfahrungen mit Bodyshaming und wie man dem mit Selbstbewusstsein entgegen wirken kann. Wir stellen euch einen Auszug daraus vor:
Take good care of yourself, Baby – Selbstakzeptanz lernen und Selbstfürsorge leben
Du darfst deine Cellulitis ruhig zum Kotzen finden. Ja, ihr habt richtig gehört. Ihr dürft eure Orangenhaut, eure Schwangerschaftsstreifen und eure Akne richtig scheiße finden. Ihr müsst euren Körper nicht so lieben, wie er ist. Ihr müssten nicht jeden Teil eures Körpers auf der Stelle akzeptieren. Die Idee, dass Body-Positivity bedeutet, dass ihr euch immerzu und mit allem, was ihr seid, lieben müsst, ist wahrscheinlich der Grund, warum es euch so schwerfällt, euch zu akzeptieren. Du kannst deinen Körper nicht lieben? Vollkommen okay. Das ist menschlich und absolut normal, wenn man all unsere Konditionierungen betrachtet. Wir sprachen zuvor schon einmal vom Konzept der Body-Neutrality, das vielen sympathischer ist als der Selbstliebe-Anspruch. Wir haben ein paar Gedanken zusammengefasst, die dabei helfen können, eine gesunde Sichtweise auf der Reise zur Akzeptanz deines Körpers zu erlangen – Schritt für Schritt.
1. Alles braucht Zeit
Es ist absolut unrealistisch, urplötzlich jeden Teil deines Körpers zu lieben, nur weil dir jemand erzählt, es tun zu müssen. Es ist absolut unrealistisch, alte Konditionierungen und Glaubenssätze über uns im rasanten Tempo abzulegen. Damit füttern wir nur wieder den Perfektionsanspruch, von dem wir uns eigentlich lösen wollen. Auch in Sachen Selbstliebe sollten wir in einen entspannteren Modus fahren. Am Ende verurteilst du dich nur wieder, weil deine Reise zur Selbstakzeptanz nicht schnell genug geht. Diese Reise braucht Zeit. Der Mensch, der du vielleicht werden willst, dein »zukünftiges Selbst«, lernt, es fällt, es steht wieder auf, es steigt auf, es fällt vielleicht noch einmal und so weiter. Lerne, diesen Prozess zu schätzen, als etwas anzusehen, was dich wachsen lässt und dich zu einer Person mit immer mehr Farben und immer mehr Wissen und Weisheit werden lässt.
2. Sieh die Realität so, wie sie ist
Akzeptanz bedeutet im ersten Schritt, die Realität so anzunehmen, wie sie ist. Du hast einen Körper, der jetzt gerade so aussieht, wie er eben aussieht. Und du empfindest so, wie du eben empfindest. Es gibt vielleicht Teile, die du magst, und Teile, die du schrecklich findest. Versuche, weder dem einen noch dem anderen mehr Gewicht und Wertigkeit zu geben. Lass die Realität so zu, wie sie ist. Lass es okay sein, dass du so empfindest, wie du empfindest. Wenn man von dir verlangt, deinen Körper zu lieben, dann beschäftigst du dich unweigerlich mit den Teilen deines Körpers, die du für unakzeptabel hältst, und du wirst versuchen, diese Einstellung mit Druck zu verändern. Versuche lieber, dich mit diesem Gedanken anzufreunden: So, wie ich gerade bin, mit meinem Aussehen und meinen Gefühlen – auch wenn sie unangenehm sind –, lasse ich mich sein. Ich versuche, in diesem Moment nichts daran zu verändern und meinem Körper oder meinen Gefühlen nicht den Krieg anzusagen.
3. Mache dir bewusst, was du mit bestimmten Idealen verbindest
Mache dir eine Liste, für was ein dicker oder sagen wir „nicht schönheitsidealkonformer“ Körper und für was ein dünner oder „Idealkörper“ in deinem Glaubenssystem steht. Einige dieser Fragen könnten sein:
- Für was steht Schlanksein für dich?
- Für was steht Dicksein für dich?
- Wann dachtest du das erste Mal, dass mit deinem Körper etwas nicht stimmt, und warum?
- Warum machst du Diäten?
- Warum fällt es dir so schwer, nicht auf Diät zu sein?
- Warum hast du Angst davor, zuzunehmen?
- Warum willst du unbedingt abnehmen?
- Glaubst du, du bist als dicker Mensch weniger willkommen in dieser Welt
- Glaubst du, du bist erst glücklich und ein vollkommener Mensch, wenn du so aussiehst wie die Frauen auf den Magazincovern?
- Glaubst du, du musst möglichst jung aussehen, um attraktiv zu sein
- Glaubst du, du musst, um einen Partner zu finden, einem bestimmten Aussehen entsprechen?
Es geht wie immer nicht darum, dich für deine Vorstellungen an den Pranger zu stellen. Es ist okay, was du denkst und fühlst. Wir alle wurden von Kindesbeinen an auf bestimmte Ideale getrimmt. Es geht hier um die Bewusstmachung, um „Selbst-Bewusstsein“. Du kannst etwas verändern, wenn du unter deinem Aussehen massiv leidest. Du darfst alles mit deinem Körper machen. Es ist dein Körper. Aber beginne damit, einen Schritt auf dich zuzugehen. Du hast vielleicht viel gelitten unter dem Druck der gesellschaftlichen Norm. Wenn wir aber nicht selbst auf uns zugehen – auch in kleinen Schritten –, wer wird es dann tun?
Wir können etwas verändern in Bezug darauf, wie die Gesellschaft Schönheitsideale deiniert. Aber die Bewusstmachung, wie viel wir von diesem Druck auf uns selbst anwenden und übernommen haben, beginnt bei uns. Dazu müssen wir ein wenig in dem wühlen, was diesen Druck bei uns auslöst. Wir glauben fest daran, dass wir die Geschichte, die man uns erzählt hat, umschreiben können. Dazu müssen wir sie aber kennen.
4. Trenne deinen Körper von deinem Wert
Das ist schwer, wir wissen das. Ja, es ist radikal. Aber es ist essenziell. Egal, wie du gestern, heute oder morgen aussehen wirst:
Ein bestimmter Körper MACHT DICH NICHT zu einer mehr oder weniger wertvollen Person.
Es macht dich nicht zu einem Menschen, der mehr oder weniger Respekt verdient hat. Wenn wir lernen wollen, unseren Körper zu akzeptieren (und vielleicht sogar irgendwann zu lieben – an manchen Tagen), müssen wir uns selbst als wertvoll anerkennen. Egal, welche Kleidergröße wir tragen, egal, wie unsere Haut aussieht, egal, ob wir schwarz oder weiß, groß oder klein, voller Narben oder Pickel sind. Die Akzeptanz des Körpers hat im eigentlichen Sinne wenig mit dem Körper an sich zu tun. Das mag sich seltsam anhören, es ist aber so. Der wichtigste Schritt ist, die Person, die in diesem Körper wohnt, die Seele, die du bist, deine Wünsche und Träume und Hoffnungen, deine Gutherzigkeit, deinen Willen, deine Stärke, deine Sensibilität, deine Macken, dein Licht und deine Schatten als wertvoll anzuerkennen.
Stelle dir nicht nur die Frage: Was ist schön an meinem Körper? Stelle dir die Frage: Was ist schön an meiner Seele? Wisse, wer du bist. Und verspreche dir, dass du versuchst, gut zu dir zu sein. Stelle dir Fragen, sei spielerisch und hoffnungsvoll. Entdecke dich selbst (wieder), unabhängig von deinem Körper. Es ist eine Reise.
aus: „Selbstbewusst ist das neue sexy“, Verlag KOMPLETT-MEDIA, 25. Mai 2018, 224 Seiten, 16,99 Euro
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