Im Herbst vergangenes Jahres löste der Hashtag #Metoo eine Debatte um Sexismus, Belästigungen und sexualisierte Gewalt aus. 300 amerikanische Frauen aus Hollywood wollen mit dem Hashtag #Timesup nun daran anknüpfen.
#Timesup
Etwas mehr als zwei Monate ist es her, dass #Metoo aufkam und für eine Welle von Enthüllungen von Erfahrungen mit strukturellen Sexismus, sexualisierten Übergriffen und sexualisierter Gewalt sorgte. Zwei Monate, die das Ausmaß dessen erkennen ließen, was vor allem Frauen tagtäglich ertragen müssen. Zwei Monate, die in ihrer Wucht und dem tatsächlich großen medialen Echo Hoffnung aufkommen ließen, dass sich dieses Mal – denn #Metoo – ist bei weitem nicht der erste Hashtag zu dem Thema – wirklich etwas ändern würde. Zwei Monate aber auch, in denen die Befürchtung mitschwang, dass es mit der Aufmerksamkeit für das Thema bald wieder vorbeisein würde. Denn nur wenn das Sprechen darüber weitergeht, kann sich auch endlich etwas ändern.
Genau deshalb haben 300 Frauen aus der amerikanischen Entertainment-Industrie am 1. Januar 2018 eine Initiative und einen neuen Hashtag ins Leben gerufen: „Time´s up now” und #Timesup – mit einer klaren Botschaft:
„Die Zeit von sexualisierten Überfällen, Belästigung und der Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz ist vorbei. Es ist an der Zeit, etwas dagegen zu unternehmen.”
Zu den Initiatorinnen gehören: Produzentinnen wie Shonda Rhimes, Schauspielerinnen wie Reese Witherspoon und Eva Longoria, aber auch die Anwältinnen Tina Tchen und Nina L. Shaw. Gemeinsam haben sie eine Initiative gegen strukturellen Sexismus in Hollywood und in Industrie- und Handwerksbereichen gestartet. Es geht also um die Verknüpfung derjenigen Frauen, die, durch ihren Beruf bedingt, von vornherein mediale Aufmerksamkeit garantiert haben, die aus einer sehr privilegierten Position heraus ihr Schweigen gebrochen haben mit den Frauen, die auf Grund ihrer beruflichen Situation, existentielle Bedrohungen fürchten müssen, wenn sie strukturellen Sexismus, Belästigung oder sexualisierte Gewalt offen anklagen.
Solidarität mit allen Frauen
Um diese Frauen zu unterstützen und zu schützen hat „Time´s up now” viele verschiedene Arbeitskreise gegründet, von denen teilweise – wie zum Beispiel der Hollywood-Kommission zu sexualisierter Belästigung, geleitet von Anita Hill – schon in den letzten Monaten zu hören war. Unter anderem haben sie einen Rechtsschutz-Fonds etabliert, der bereits jetzt 13. Millionen Dollar Spenden enthält und weniger privilegierte Frauen auf dem Rechtsweg gegen strukturellen Sexismus, Belästigung und sexualisierte Gewalt unterstützen soll. Die Initiative fordert eine Gesetzgebung, die Firmen, die sexualisierte Belästigung akzeptieren, zu bestrafen. „Times up now” will, dass Verschwiegenheitsvereinbarungen, die dazu dienen Opfer zum Schweigen zu bringen, nicht mehr akzeptiert werden.
Solidaritätsbekundung #Timesup. Quelle: Instagram | Timesupnow
Außerdem wollen sie vollständige Geschlechterparität in den Hollywood-Studios und Talentagenturen erreichen, die bereits damit begonnen haben, diese Gleichberechtigung in Ansätzen umzusetzen und zu fördern.
Mit diesen Maßnahmen setzt die Initiative ein wichtiges Zeichen für einen solidarischen Kampf gegen die aktuelle Realität, in der Frauen überall Sexismus und sexualisierte Gewalt erleben, in Hollywood, aber eben auch in Arbeiterberufen, in der Industrie, in Care-Berufen und in der Gastronomie – denn es passiert überall auf der Welt, ganz gleich, in welchem Beruf eine Frau tätig ist. In ihrer Solidaritätserklärung heißt es deshalb auch:
„Wir fordern die Medien, die über die Enthüllungen von Menschen in Hollywood berichtet haben, inbrünstig auf, genauso viel Zeit auf die unzähligen Erfahrungen von Menschen, die in weniger glamourösen und angesehenen Berufsfeldern arbeiten, zu verwenden.”
Zeit, Verantwortung zu übernehmen
Das Solidaritäts-Manifest ist aber übrigens auch eine Reaktion auf einen früheren Solidaritätsbrief von lateinamerikanischen Frauen, die in den USA in der Landwirtschaft arbeiten. Im November hatten sie sich mit den mutigen Frauen und Männern solidarisiert, die in Hollywood ihr Schweigen unter dem Hashtag #Metoo gebrochen hatten. Allerhöchste Zeit also, dass die Unterstützung auch andersherum laut wird. Diese 300 Frauen aus Hollywood haben ihre Verantwortung erkannt und schließen ihre Solidaritätsbekundung mit großen, aber wichtigen Worten:
„Wir verpflichten uns dazu, unsere eigenen Arbeitsumfelder weiterhin in die Verantwortung zu zwingen, auf Wandel und wirkliche Veränderung zu drängen, sodass die Entertainment-Industrie ein sicherer und gerechter Ort für alle Menschen wird und die Geschichten von Frauen durch unsere Augen und Stimmen zu erzählen, mit dem Ziel das Bild und die Behandlung von Frauen durch unsere Gesellschaft zu ändern. In Solidarität …”
Wie viel Einfluss #Timesup haben wird, kann man vielleicht am 7. Januar bei der Verleihung der diesjährigen Golden Globes beobachten. Die 300 Unterzeichnerinnen haben sich dem Aufruf angeschlossen, bei der diesjährigen Verleihung als Zeichen ganz in schwarz zu erscheinen.
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