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Vergewaltigung unter Drogen: „Die Dunkelziffer ist enorm”

Über Jahre hinweg hat Dominique Pelicot seiner Frau heimlich Schlafmittel verabreicht und sie von Männern vergewaltigen lassen. Parallel erschüttern Vorwürfe gegen Rapper P. Diddy die Welt: Über Jahrzehnte soll er Frauen und Männer unter Drogen gesetzt und missbraucht haben. Wie verbreitet sind solche Verbrechen unter Betäubung auch in Deutschland? Expert*innen schlagen Alarm.

Dieser Artikel von Theresa Althaus erschien zuerst in der Berliner Morgenpost.

Es ist ein Fall, der die Welt in Atem hält: Über Jahre hinweg hat der 71-jährige Rentner Dominique Pelicot seiner Frau Gisèle Schlafmittel verabreicht und sie dann von Männern vergewaltigen lassen. Gisèle Pelicot kämpfte lange Zeit mit unerklärlichen gesundheitlichen Problemen und Gedächtnislücken. Nur durch Zufall kamen die abscheulichen Taten des Franzosen ans Licht.

Auch der Missbrauchssandal um Rapper Sean „Diddy“ Combs nimmt immer größere Ausmaße an. Über Jahrzehnte soll der Sänger Frauen und Männer, darunter auch Minderjährige und eine Schwangere, missbraucht und vergewaltigt haben. Anwält*innen haben bereits mehr als 120 Klagen gesammelt. Eine der Anklägerinnen berichtet, bei einem Abendessen mit dem Rapper in Miami ein Getränk bekommen zu haben, das mit dem Narkosemittel Ketamin versetzt worden war. Später sei die Frau blutend und verletzt im Bett von „Diddy“ aufgewacht.

Während die ganze Welt die Vorwürfe gegen Rapper „Diddy“ und den Gerichtsprozess in Frankreich verfolgt, stellt sich die Frage, ob es sich um besonders grausame Einzelfälle handelt oder ob Vergewaltigungen unter Einfluss von Betäubungsmitteln auch in Deutschland ein verbreitetes Phänomen sind. Wie vielen Frauen passiert das und wie häufig?

Vergewaltigungen unter Betäubung sind extrem schwer nachweisbar

Darauf eine Antwort zu finden, ist kompliziert. Vergewaltigungen sind generell nicht leicht nachweisbar, das Dunkelfeld ist groß. Tatsächlich kommt es, so die Schätzungen von Expert*innen, nur in zehn Prozent der Taten tatsächlich zur Anzeige – und dann werden nur 8,4 Prozent der potenziellen Täter verurteilt. Wenn man die Dunkelziffer mit einbezieht, geht die Zahl weiter zurück.

Am Ende führe nur „ein Prozent der justiziablen Fälle von Vergewaltigung tatsächlich zu einer Verurteilung“, sagt Freya Leggemann von Lara Berlin, einer Beratungsstelle für Frauen, die sexuelle Gewalt erlebt haben. „Die Dunkelziffer beim Thema Vergewaltigung ist enorm“, bestätigt auch Gesa Birkmann, Expertin der gemeinnützigen Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes. „Und beim Thema Vergewaltigung in der Beziehung und Ehe wird sie vermutlich noch höher sein.“

Gisèle Pelicot, die Ex-Frau des Franzosen Dominique Pelicot, wurde zwischen 2011 und 2020 regelmäßig von ihrem Mann betäubt und dann von anderen Männern vergewaltigt. Prozesstag am 4. Oktober 2024. Copyright: IMAGO / MAXPPP Christophe Agostinis

Viele Betroffene scheuen vor einer Anzeige zurück

Warum Frauen nach einer Vergewaltigung keine Anzeige erstatten – dafür gebe es viele Gründe, sagt Birkmann und zählt die häufigsten auf: Scham, Angst vor Verleumdung oder auch Angst vor Rache. Obendrein seien die Gerichtsprozesse eine große psychische Belastung, die wollten sich Frauen oft nicht zumuten. Auch seien die Aussichten auf Erfolg bei diesen Taten gering – weil die Spurensicherung oft gar nicht oder zu spät vorgenommen werde. Denn wenn die Tat nicht körperlich oder durch Foto- oder Videoaufnahmen nachgewiesen werden kann, steht Aussage gegen Aussage, dann gilt die Unschuldsvermutung.

Noch komplizierter ist es, Vergewaltigungen nachzuweisen, die unter Einfluss von Betäubungsmitteln passieren. Das Bundeskriminalamt erfasst zwar die Fälle von Vergewaltigung in Deutschland, macht aber keinen Unterschied zwischen Vergehen an Personen in bewusstem Zustand und solchen, die unter Einfluss von Substanzen stehen.

Das liegt einerseits daran, dass ein entsprechender Paragraf, der das gezielte Verabreichen von Substanzen und anschließende Missbrauchen einer anderen Person beschreibt, (noch) nicht im Strafgesetzbuch verankert ist. Andererseits seien Betäubungsmittel oft nur wenige Stunden im Blut nachweisbar, sagt Katharina Göpner vom Bundesverband für Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe, kurz BFF. Und viele Opfer erinnerten sich gar nicht mehr an das Geschehene – eben weil sie ja unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln standen.

Missbrauch durch enge Bekannte wollen Betroffene oft nicht wahrhaben

Laut Bundeskriminalamt gab es im Jahr 2023 in Deutschland rund 126.000 angezeigte Fälle, bei denen die sexuelle Selbstbestimmung verletzt wurde. Laut der Beratungsstelle Lara Berlin geht es dabei um sexuelle Gewalt mit Übergriffen, Nötigung bis hin zu Vergewaltigung, mit der laut offizieller juristischer Definition immer auch „ein Eindringen in den Körper“ verbunden sein muss. Wie viele dieser Taten unter Einfluss von K.O.-Tropfen passiert sind, ist unklar. Auch Lara Berlin erfasst keine konkreten Zahlen zu Missbrauch und Vergewaltigung unter Einfluss von Substanzen wie Schlafmitteln oder K.O.-Tropfen.

Viele Frauen, die bei der Opferhilfe in die Beratung kämen, hätten ihre Erfahrungen beim Ausgehen gemacht, also in Clubs und im Nachtleben. Andere hätten aber auch von Fällen in Partnerschaften oder unter Freund*innen berichtet. „Aber auch das kann wieder verzerrt sein, weil es natürlich viel schwieriger für Personen ist, die Gewalt im Nahfeld erleben, sich damit auch anzuvertrauen“, sagt Leggemann. Für viele Betroffene sei die Möglichkeit, dass jemand aus dem direkten Umfeld sich an ihnen vergehe, schlicht nicht aussprechbar. Das mache es noch schwieriger, das Ausmaß des Problems in Deutschland ernsthaft zu greifen.

„Die Spurenlage ist maßgeblich, um den Täter überführen zu können“

„Der Einsatz von Substanzen und anschließende Vergewaltigung ist ein ernst zu nehmendes Problem in Deutschland“, sagt auch Katharina Göpner von Bundesverband für Frauenberatungsstellen. Umso problematischer sei es, dass keine Zahlen dazu vorliegen. Der BFF fordert daher den bundesweiten Ausbau von Möglichkeiten einer vertraulichen Spurensicherung. Das sind Kliniken, zu denen Frauen direkt nach einem sexuellen Übergriff kommen können, um anonym die Spuren an ihrem Körper sichern zu lassen. Anschließend können die Frauen sich über Tage oder Wochen hinweg überlegen, ob sie tatsächlich Anzeige erstatten wollen. Auf der Webseite des gemeinnützigen Vereins Terre des Femmes gibt es eine Übersicht über diese Kliniken.

Laut Gesa Birkmann von Terre des Femmes ist das Angebot der vertraulichen Spurensicherung aber zu dünn in Deutschland – trotz des Rechtsanspruchs. „Wie man sich das schon denken kann, ist das Angebot in den Großstädten und mittleren Städten schon vorhanden, aber auf dem Land wird es immer weniger“, sagt sie.

„Lassen Sie sich möglichst schnell untersuchen“

Auch Terre des Femmes setzt sich dafür ein, dass die Möglichkeiten der vertraulichen Spurensicherung in Deutschland ausgebaut werden. Damit sei die Chance größer, später mit einer Anzeige Erfolg zu haben. Das bestätigt auch Harald Schmidt, Kriminaldirektor bei der Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention. „Lassen Sie sich möglichst schnell untersuchen und Ihre Verletzungen attestieren“, empfiehlt er Opfern von Vergewaltigungen. „Die Spurenlage ist maßgeblich, um den Täter überführen zu können.“

Bei Vergewaltigung unter Einfluss von Betäubungsmittel greift übrigens nicht nur Paragraf 177 im Strafgesetzbuch („Vergewaltigung“), sondern auch Paragraf 224 („Gefährliche Körperverletzung“). Auf Vergewaltigungen stehen Gefängnisstrafen von bis zu zehn Jahren, in Kombination mit schwerer Körperverletzung kommen noch mal bis zu zehn Jahre dazu.

Du bist von (häuslicher) Gewalt betroffen? Du brauchst Hilfe?

Von (häuslicher) Gewalt betroffene Frauen erhalten Unterstützung beim bundesweiten Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ der Bundesregierung unter der 116 016. Der Anruf ist kostenlos und auf Wunsch anonym. Über die Internetseite www.hilfetelefon.de können sich Betroffene zudem online per E-Mail oder Chat beraten lassen.

Alternativ kannst du dich auch an die Telefonseelsorge wenden. Du erreichst sie telefonisch unter 0800/111-0-111 und 0800/111-0-222 oder im Internet auf www.telefonseelsorge.de. Die Beratung ist anonym und kostenfrei, Anrufe werden nicht auf der Telefonrechnung vermerkt.

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