Charlotte Quik ist seit Mitte des Jahres frischgebackene Landtagsabgeordnete in NRW. Ihren Wahlkreis Wesel III (Hamminkeln, Hünxe, Schermbeck, Voerde und Wesel) hat sie direkt gewonnen. Neben der Tätigkeit im Parlament und im Wahlkreis lebt sie auf einem Hof mit Pferdehaltung, der natürlich auch Arbeit mit sich bringt, und hat ganz nebenbei noch Mann und Kind. Darüber, welche Herausforderungen es für eine junge Frau in der Politik gibt, welche Themen ihr besonders am Herzen liegen und wie man Politik und Familie unter einen Hut kriegt, hat Charlotte mit mir gesprochen.
Du bist frisch in den Landtag von Nordrhein-Westfalen eingezogen.
Außerdem hast Du einen zweijährigen Sohn. Wie vereinbarst Du Politik und
Familie?
Das klappt nur mit der vollen Unterstützung der ganzen Familie. Neben meinem Mann sind auch meine Eltern, mit denen wir gemeinsam auf einem Hof leben, in die Kinderbetreuung eingebunden. Außerdem haben wir eine tolle Tagesmutter, eine liebevolle Babysitterin und meine Schwiegermutter ist auch noch da – mit viel Absprache und Organisation klappt es dann, dass unser Sohn nicht zu kurz kommt. Und ich selber muss darauf achten, effizient zu arbeiten und Termine gut zu priorisieren – dann kriegt man das alles ganz gut unter einen Hut.
Politik gilt als Männer-Domäne. Gab es Momente, wo Du lieber ein
Politiker statt einer Politikerin gewesen wärst?
Nein – bisher konnte ich noch nicht feststellen, dass ich die Themen, die mir wichtig sind und am Herzen liegen, nicht nach vorne bringen konnte, weil ich eine Frau bin. In der Politik geht es immer darum, Kompromisse zu suchen und Mehrheiten zu finden – wieso sollte eine Frau das schlechter können als ein Mann?
Wie stehst Du zur Frauenquote? Wäre das auch eine Idee für die Politik?
Das ist ein zweischneidiges Schwert: Natürlich kann es über eine Quote gelingen, den Frauenanteil zu erhöhen – allerdings ist das Frausein als solches ja nicht gleich ein Qualitätskriterium und somit trägt eine Quote aus meiner Sicht nicht unbedingt zur Qualitätssteigerung bei. Wir in der CDU haben übrigens das sogenannte Frauenquorum, das besagt, das in einem Gremium jeder dritte Platz durch eine Frau besetzt sein muss. Das hat aber da facto nicht zu einer wirklichen Erhöhung des Frauenanteils geführt. Viel wichtiger wäre es aus meiner Sicht, politische Arbeit generell attraktiver für Frauen zu machen: Effizientere Arbeitsweisen, Sitzungszeiten, die mit Beruf und Familie vereinbar sind, um mal ein paar Beispiele zu nennen – und dringend das angestaubte Image, das die tatsächlichen Entscheidungen sowieso von denen getroffen werden, die am längsten an der Theke aushalten, loswerden! Denn wenn insgesamt mehr Frauen politisch aktiv sind, erhöht sich automatisch auch ihr Anteil in Funktionen und Mandaten.
Du hast eine flammende Rede für die gleichgeschlechtliche Ehe gehalten.
Nicht gerade eine besonders konservative Position, oder?
Wieso? Ich finde, gerade eine konservative Position! Denn wenn zwei Menschen sich rechtlich verbindlich zueinander bekennen, Verantwortung füreinander übernehmen und ihr Leben teilen wollen, dann leben sie genau die bürgerlichen, die konservativen Werte von Verlässlichkeit und Beständigkeit, von Freiheit in Verantwortung und von Treue und Zusammenhalt, derentwegen ich mich in der CDU zuhause fühle. Außerdem bin ich der Ansicht, jeder soll nach seiner Fasson glücklich werden – und dazu gehört auch, denjenigen heiraten zu können, den man liebt.
Aktuell werden die Themen Eizellenspende und Leihmutterschaft heiß
diskutiert. Wie stehst Du dazu?
Das sehe ich kritisch. Als Mutter weiß ich um die pränatale Bindung zwischen leiblicher Mutter und Kind und die steht meines Erachtens über dem Kinderwunsch gleichgeschlechtlicher Paare. Generell plädiere ich dafür, diese Debatte in erster Linie aus der Sicht des Kindes zu führen und erst in zweiter Linie aus der Sicht der betroffenen Erwachsenen. Ich halte es auch nicht für diskriminierend, wenn man die Grenzen der Biologie akzeptiert – muss man alles umsetzen, was medizinisch theoretisch möglich wäre?
Was würdest Du Frauen empfehlen, die in die Politik gehen wollen?
Erst einmal ist wichtig, Politik nicht um der Politik willen machen zu wollen, sondern weil man ein Herzensthema hat, das man voranbringen möchte. Denn ohne diesen inneren Antrieb können die Strukturen manchmal schon zermürbend sein. Das gilt aber für jeden, der Politik machen will. Dann ist es wichtig, sich vom Politikbetrieb nicht völlig vereinnahmen zu lassen – es ist gut und wichtig, politisch aktiv zu sein, aber Familie und Freunde sollten immer an erster Stelle stehen.
Gibt es in der Politik so etwas wie weibliche Netzwerke?
Institutionalisiert gibt es so etwas jenseits bspw. einer Organisation wie der Frauen Union oder den Frauengruppen in Fraktionen nicht. Dass man natürlich über die Zusammenarbeit gegenseitige Sympathien entdeckt und Freundschaften schließt, ist wohl ein Phänomen, das nicht nur in der Politik auftritt – zum Glück! Am Ende geht es immer um Beziehungen und es ist menschlich, dass man mit dem oder der einen besser und dem oder der anderen schlechter kann – die so entstehenden Beziehungen als Netzwerk zu bezeichnen, ginge, glaube ich, zu weit.
Gibt es eine Frau, die Du als politisches Vorbild bezeichnen würdest?
Ein direktes Vorbild habe ich nicht, aber Annegret Kramp-Karrenbauer ist eine Frau, deren Art, Politik zu gestalten, mir sehr gefällt.
Welches politische Projekt liegt Dir besonders am Herzen?
Da gibt es zwei: Als Abgeordnete für meinen Wahlkreis im ländlichen Raum setze ich mich mit aller Kraft dafür ein, dass unsere Heimat so lebenswert bleibt, wie sie ist und als ländliche Region von der Politik nicht abgehängt wird. Und als Mitglied des Ausschusses für Familie, Kinder und Jugend gilt mein besonderes Interesse der immer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf und zwar so, dass die Bedürfnisse der Familien und Kinder im Vordergrund stehen.
Was sagst Du zu dem sog. Pay Gap – also dass Frauen für die gleiche
Arbeit häufig wesentlich schlechter bezahlt werden als Männer?
Darum führen wir eine Debatte, die emotional sehr aufgeladen ist, was es schwierig macht, sie sachlich zu analysieren. Fakt ist, dass Frauen weniger verdienen als Männer – das hängt aber weniger damit zusammen, dass sie für die gleiche Arbeit weniger Geld bekommen, sondern hat vielmehr strukturelle Hintergründe: In erster Linie leisten in Deutschland immer noch Frauen Familienarbeit und treten für die Kinderbetreuung, aber auch für die Pflege von Angehörigen beruflich kürzer. Um hier Abhilfe zu schaffen, sind wir alle gefragt: Die Politik, die bessere Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf schaffen muss, die Unternehmen, die sich flexibler auf die Lebensumstände ihrer Mitarbeiter einstellen können müssen ( hilft übrigens auch, dem Thema Fachkräftemangel zu begegnen…) und die Gesellschaft, die unterbewusst irgendwie immer noch davon ausgeht, dass die Rollenverteilung sorgende Mutter – arbeitender Vater nach wie vor so besteht.