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Warum wir alle viel mehr Kohlenhydrate essen sollten

Ich habe mich gefragt, wieso meine Kommilitonin immer so schlecht gelaunt ist. Dann habe ich erfahren, dass sie sich seit zwei Jahren Low-Carb ernährt.

Die Geschichte von Low-Carb-Anna

Ich hatte mal diese eine Kommilitonin, lasst sie uns einfach Anna nennen. Sie stand bei Partys oft am Rand, sparte sich ein Lächeln für die ganz besonderen Momente auf und wenn jemand kam und etwas von ihr wollte, konnte daraus aus heiterem Himmel auch mal ein ausgewachsener Zickenkrieg werden. Kurz: Anna war nicht gerade die spaßigste Person, mit der man gerne unterwegs sein wollte. Und ich fragte mich andauernd: Wieso ist die eigentlich immer so unglaublich mies gelaunt?

Szenenwechsel: Wir kochen zusammen. Es soll Pasta geben. Alle sind happy, nur Anna nicht. Sie isst keine Pasta, sie ist nämlich seit zwei Jahren auf einer Low-Carb-Diät. Achso. Und während Anna da so saß, mit ihrem Stück Lachs und ihrem Salat, ließ mich die Idee nicht mehr los, dass ihr vielleicht einfach nur die Kohlenhydrate fehlen und die miese Laune heilbar ist. Also machte ich mich (beinahe) unvoreingenommen auf die Suche, um herauszufinden, wie es um den Zusammenhang zwischen Kohlenhydraten und der persönlichen Stimmung steht. Hier ist, was ich herausgefunden habe.

Kohlenhydrate und das große Glück

Zuerst einmal fand ich die Idee, dass das persönliche Glück auch maßgeblich vom Essen abhängt, gar nicht so abwegig. Man kennt das ja, wenn man vor lauter Hunger plötzlich die Bäckereifachverkäuferin grundlos anpöbelt oder mit einem zufriedenen Grinsen und einer leeren Schokoladenpackung im Bett liegt. Weil ich aber keine Expertin in Ernährungsdingen bin, habe ich recherchiert.

Unsere Nahrung besteht aus drei Hauptnährstoffen: Kohlenhydrate, Proteine und Fette. Kohlenhydrate setzen sich aus Zuckermolekülen zusammen: Glukose, Fructose und Galaktose. Der Anteil an Glukose im Blut ist für die Energieversorgung unseres Gehirns, der Nieren und der roten Blutkörperchen wichtig. Essen wir Kohlenhydrate, steigt unser Blutzuckerspiegel, wir schütten Insulin aus und dadurch sinkt er wieder. Ein hoher Insulinspiegel verhindert allerdings, dass Fettreserven abgebaut werden. Die Logik der Low-Carb-Diäten: Je weniger Kohlenhydrate wir essen, desto weniger Insulin wird ausgeschüttet und desto besser können wir abnehmen. Wenn die Glukose aber doch maßgeblich für die Energieversorgung unseres Gehirns zuständig ist, kriegen wir dann nicht automatisch ein Problem, wenn wir kaum Kohlenhydrate essen?

Na also, da haben wir es doch!

Ja, sagt eine Studie zum Thema, bei der eine Gruppe von übergewichtigen Menschen Low-Carb ernährt wurde und die andere Gruppe viele Kohlenhydrate, aber sehr wenig Fett zu sich nahm. Beide Gruppen haben gleichermaßen Gewicht verloren. Nur die Low-Carb-Gruppe hatte deutlich stärker mit Depressionen und Ängsten zu kämpfen. Na also, da haben wir es doch! Ein Hoch auf Kohlenhydrate! Inwieweit man sich auf Studien verlassen will, sei mal dahingestellt. Aber alleine die Tatsache, dass ich bei meinen Recherchen erstaunlich oft die Frage „Kann Low-Carb depressiv machen?“ in Foren lese, sagt einiges aus. Auch Google schlägt mir direkt „Low Carb Depression“ vor – und wie wir wissen, ist man zu niemandem so ehrlich, wie zur Lieblingssuchmaschine.

Wühlt man sich durch Youtube, wird man ebenfalls fündig. Australische Mädchen erzählen, wie sie es zum Traumkörper geschafft haben: mit vielen Kohlenhydraten, aber kaum Fetten. Sie strahlen, essen 15 Bananen am Tag und sind überzeugt davon, dass richtig viele Kohlenhydrate richtig glücklich machen. Obwohl ich Ernährungstrends oft ein bisschen anstrengend finde, leuchtet mir das Ganze doch irgendwie ein. Unser Gehirn braucht nunmal Glukose zum Glücklichsein. 15 Bananen am Tag essen will ich trotzdem nicht. Die Information, dass Kohlenhydrate aber einfach viel zu wichtig für unsere körperliche und geistige Gesundheit sind, um sie wegzulassen, gefällt mir ganz gut und insgeheim hoffe ich, dass Anna auch bald mal wieder Kohlenhydrate isst.

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