Foto: Redaktion | Lena Lammers

Warum wir Kleider lieben – Leanne Shapton lässt Frauen von dieser besonderen Beziehung erzählen

Die einen lieben Second Hand-Kleidung, die anderen gehen in Luxus-Kaufhäuser. Warum tragen wir, was wir sind? Das Buch „Frauen und Kleider“ geht dieser Frage auf den Grund. Wir waren bei der Berliner Launch Party mit Autorin Leanne Shapton dabei.

 

Kleider mit Geschichte

Ich liebe Second Hand-Kleidung. Warum, kann ich gar nicht genau sagen. Vielleicht liegt es daran, dass ich mich an der Kleidung von der Stange schnell sattsehe, mit einem Kleidungsstück gern eine Geschichte verbinde. Möglicherweise habe ich diese Begeisterung aber auch von meinen Großeltern, ehemalige Textilhändler, die ich früher öfter auf dem Markt besuchte.

Jedenfalls, so wird mir auf der Launchparty des Buches „Frauen und Kleider“ klar, bin ich mit dieser Leidenschaft nicht alleine.

„Nicht jeder mag den Geruch von Vintage-Kleidung, doch ich liebe ihn. Ich rieche dabei Zigaretten, 20er Jahre, Eleganz, Sinatra.“

Das sagte Autorin und Illustratorin Leanne Shapton, die am 17. September das Buch „Frauen und Kleider. Was wir tragen, was wir sind“, in Berlin präsentierte.

Niklas Maak im Gespräch mit Leanne Shapton.

Niklas Maak, der als Journalist für die FAZ mit Mode sonst nur wenig am Hut hat, sprach mit Leanne über die Entstehung und Idee des Buches. Der Ort des Geschehens, wie soll es beim Thema Fashion auch anders sein: Der Voo Store in Berlin-Kreuzberg.


Shoppen nebenbei: Fashion-Eindrücke aus dem Voo Store.

Insbesondere die Kleidertauschparty, die im Anschluss an das Autorengespräch stattfinden sollte, ließ mein Herz höher schlagen. Dafür kramte ich einen alten Vintage-Cardigan aus meinem Kleiderschrank, der schon viel zu lange hoffnungslos auf Tageslicht wartete, hing ihn auf die Kleiderstange in der Ecke des Voo Stores – und wartete. 

Warum tragen wir, was wir sind?

Warum müssen wir von einem bestimmten Kleidungsstück gleich acht verschiedene Variationen besitzen? Was ist der Ausschlag dafür, dass wir zu einem knallgelben Pulli greifen, obwohl wir in Sachen Kleidung eher die graue Maus sind? Warum wählen wir morgens ein Outfit aus, in dem wir uns drei Stunden später unwohl fühlen? Diesen Fragen wollte Leanne Shapton gemeinsam mit ihren Kolleginnen Sheila Heti und Heidi Julavits auf die Schliche kommen. 

Per Email schickten sie Interviewfragen an Bekannte und Freundinnen, der Empfängerkreis wuchs. Die Reaktion war enorm, dennoch merkten sie anhand der Ergebnisse auch, welche Fragen funktionierten und welche nicht. Mode sei eine Art der Kommunikation, sich zu verwirklichen, gar politische oder religiöse Ansichten zu vermitteln. Selbst die Entscheidung, keine hohen Schuhe zu tragen, sei ein klares Statement. 

Medien würden falsche Bilder vermitteln und Frauen dazu verleiten, sich für ihren Körper oder ihren Look zu schämen, so Shapton. Umso mehr hätten sie daher die Antworten auf ihre Fragen überrascht. Diese zeigten nämlich das Gegenteil: 

„Oh wow, es gibt eigentlich ziemlich viele Frauen, die ihren Körper lieben.“

Aus den Antworten entstand ein augenöffnendes Buch mit ehrlichen Worten von mehr als 600 Frauen aus aller Welt, darunter auch Lena Dunham und Miranda July.


16 paar weiße Jeans

Die Anzahl der Fotos im Buch ist beschränkt. Aus einfachen Gründen: Liest man ein Zitat und hat kein Foto vorgegeben, habe man ein eigenes Bild im Kopf und würde ein viel sensibleres Verhältnis zum Gesagten entwickeln, erzählt die Autorin. Sie wollte, dass die Texte ernst genommen werden. 

Auch Leanne Shapton zeigt in dem Buch offen ihre Fashion-Macke: Sie besitzt rund 16 Paar weiße Jeans. Woher diese Leidenschaft kommt, wisse sie auch nicht. Daher ist ihr Ratschlag an alle Frauen: „Wir alle sitzen im gleichen Boot und niemand braucht sich zu verbessern. Arbeite mit deinem Körper und benutze ihn als eine Art der Kommunikation.“


Kleidertausch-Party: Eins geben, eins nehmen. 

Nach dem Autorengespräch führte mich mein Weg direkt zum Kleiderständer mit den Tauschobjekten. Sofort stach mir eine Hose ins Auge, der Bund tailliert, die Beine weit geschnitten. Diese sollte meins werden. Glücklich über das neue Kleidungsstück, aber noch viel glücklicher über die Story dahinter, verließ ich den Voo Store und tauchte wieder ein in die verregnete Berliner Nacht. Wieder ein bisschen mehr Geschichte für meinen Kleiderschrank. 

Vorher, nachher: Meinen Cardigan tauschte ich gegen eine Hose. 

Die Story: Die Tante einer Freundin von X starb, woraufhin sie aus LA nach Charlottenburg kam und ihren Kleiderschrank durchforstete. Die besagte Freudin probierte die Kleidung bei X an, ließ sie dort liegen. X nahm die Hose mit nach England, Tel Aviv und wieder zurück nach Berlin. 

Wenn ihr auf den Geschmack gekommen und das gesamte Buch lesen wollt, kaufen könnt ihr es hier.

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