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Was hilft bei der Trauer nach zwei toten Kindern?

Kinder zu verlieren ist eine unfassbar schmerzhafte Erfahrung. Christine H. hat sie machen müssen und weiß heute, was Trauernden wie ihr bei einer Fehlgeburt oder Totgeburt hilft – und was überhaupt nicht.

Trauer: Wir bewegten uns wie in einer Blase

Unser erstes Kind haben wir am Ende der zwölften Schwangerschaftswoche verloren. Das war sehr schmerzhaft. Wir haben es Felice genannt, weil es für uns von dem Moment an „auf der Welt“ war, als wir von meiner Schwangerschaft wussten. Umso dankbarer waren wir, als sich Jakob ankündigte. Die Geburt im Krankenhaus lief zunächst komplikationslos. Bis Jakobs Herztöne schwächer wurden. Als er geboren war, schrie er nicht. Die Ärztin nahm ihn mit, er brauche „Starthilfe“, sie sei gleich wieder da. Nach zwei Stunden kam sie zurück, unser totes Kind auf dem Arm. Sie sagte: „Es tut uns leid.“ Jakob ist unter der Geburt an Sauerstoffmangel gestorben.

In der folgenden Zeit bewegten wir uns wie in einer Blase. Wir waren sehr empfindsam, als ob wir einen neuen Sinn dazugewonnen hätten. Unsere Familien, viele Freunde und Bekannte gaben uns Halt. Aber wir merkten auch, wie schwierig es für viele Menschen ist, mit Trauernden umzugehen. Manche zogen sich aus Unsicherheit zurück. Sie sagten später: „Ich wollte nicht stören.“ Oder: „Wenn ich dich angerufen hätte, ich hätte ja nur geheult.“ Ich antwortete: „Das hätte mir gutgetan, weil ich dann mit dir hätte weinen dürfen.“

Viele sagten: „Meldet euch, wenn ihr was braucht.“ Aber dazu hatte ich oft einfach nicht die Kraft. Eine Nachbarin dagegen stand eines Tages plötzlich in der Tür und sagte: „Ich habe im Internet gelesen, dass man euch jetzt nicht alleinlassen darf. Wir kennen uns zwar kaum, aber kann ich etwas für euch tun?“ Mir half am meisten, wenn Leute ehrlich sagten: „Ich habe so Angst, etwas falsch zu machen, ich bin ganz unsicher.“ Dann konnte ich sagen, was mir guttut, oder auch: „Tut mir leid, ich weiß gerade selbst nicht, was mir guttut. Aber danke, dass du bei mir bist!“

Ich sollte Lehmklumpen an die Wand werfen, um Wut rauszulassen

Mein Freund bekam einige Monate nach Jakobs Geburt eine SMS, darin stand einfach nur: „Umarmung.“ Es genügt oft so ­wenig, um jemandem zu zeigen, dass man nicht vergessen ist, dass man nicht im Alltagsrauschen der anderen untergegangen ist.

Drei Monate nach Jakobs Beerdigung fiel ich in ein tiefes Loch. Ich war sehr erschöpft, als hätte bei mir jemand einen Aus-Knopf gedrückt. An einem meiner schlimmsten Tage sagte ein Freund zu mir: „Aber dir ging es doch schon mal besser!“ Das hat mich sehr verletzt, obwohl mir an seiner Stelle vielleicht derselbe Satz herausgerutscht wäre. Aber Trauer ist nun einmal nichts Lineares. Sie kommt und geht, wann und wie sie will. Ich wollte dann auch keine Sätze hören wie „Wenn ich du wäre, würde ich . . . “, oder gar „Ihr seid ja noch jung, ihr könnt noch weitere Kinder bekommen“.

Ich war auch in einer psychosomatischen Reha. Da sagten mir meine Therapeuten, dass ich doch sicherlich wütend sei, zumindest wären sie das an meiner Stelle. Ich solle doch mal Lehmklumpen an die Wand werfen, um die Wut rauszulassen. Natürlich könnte ich unsere Geburtshelfer manchmal schütteln: „Warum habt ihr nicht besser aufgepasst!“ Aber mein Thema war nicht Wut, sondern Verzeihen: Wie finde ich meinen Frieden mit dem, was passiert ist? Ich hätte auch gern darüber gesprochen, dass sich das Leben sehr labil anfühlt, wenn man erlebt hat, wie schnell auf einmal alles vorbei sein kann. Auf offene Ohren stieß ich damit nicht. Die Kur habe ich schließlich abgebrochen.

Und dann wurde ich wieder schwanger

Der Austausch mit anderen verwaisten Eltern dagegen tat gut. Wir hatten sie über den Garten der Sternenkinder kennengelernt, wo wir Jakob und Felice beerdigt haben. Viele Gefühle und Gedanken kann nur verstehen, wer Ähnliches durchlebt hat.

Und dann wurde ich wieder schwanger. Unseren lebendig schreienden Levi nach der Geburt in die Arme schließen zu dürfen, war ein unbeschreibliches Gefühl. Das Gefühl, dass nichts sicher ist im Leben, ist immer noch präsent, aber es lähmt uns nicht. Oft denken wir ganz trotzig: Egal, was morgen ist, heute freuen wir uns einfach, dass es uns gut geht.

Wenn Leute fragen „Ist das Ihr erstes Kind?“, dann sage ich oft: „Es ist mein erstes lebendes.“ Mir ist es wichtig, kein Tabu daraus zu machen, dass Geburt und Tod manchmal leider sehr nah beieinanderliegen. Und ich bin dankbar, wenn Menschen verstehen, dass wir bei aller Freude über Levi immer wieder auch traurig sind. So wie jetzt an Jakobs zweitem Geburtstag.

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