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Was man in der Schule lernt – und was leider nicht

In der Schule lernen wir Fremdsprachen, Mathe und Geographie. Aber an wen wendet man sich, wenn es um die Fragen des Lebens geht? Ein Besuch bei der School of Life Berlin.

 

Als Kind lernen wir täglich neue Dinge. Wir erkunden die Welt mit offenen Augen und Ohren. In der Schule lernen wir Fremdsprachen, Mathe oder Geographie und später in der Uni eignen wir uns Fachwissen an. Sprich wir lernen viele wichtige Dinge – und ziemlich viele unwichtigen, die man nie wieder im Leben braucht.

Was wir nicht lernen

Andere Dinge lernen wir dagegen nicht. Zum Beispiel, wie man eine Steuererklärung macht. Wie man Konflikte meistert. Wie man mit dem Tod umgeht. Oder wie man es es eigentlich schafft, ein glückliche und erfüllte Beziehung zu führen. Während bei Ersterem noch Google oder ein Steuerberater weiterhelfen, wird es bei den folgenden Themengebieten schon schwieriger … Denn an wen wendet man sich, wenn es nicht um Fachwissen, sondern um emotionale und philosophische Dinge geht?

Zu welcher Institution geht man, wenn es um das Leben geht?

Mit dieser Frage beschäftigte sich wohl auch der britisch-schweizerische Philosoph und Bestsellerautor Alain de Botton, denn er ist der Gründer der sogenannten „School of Life”. Die „Schule des Lebens” wurde 2008 von de Botton in London gegründet, hat mittlerweile aber auch Ableger in Städten wie Berlin, Istanbul, Paris, São Paulo oder Sydney. Die Idee  von de Botton war es, eine Schule zu eröffnen, in der man das lernen kann, was man an Schulen und in Universitäten nicht lernt: ein erfülltes Leben zu führen. Denn während man als Kind tagtäglich Neues lernt, gehört das Lernen als Erwachsender oft nicht mehr zu den Dingen, die uns regelmäßig begleiten – und wenn, dann ist es auf berufliche Dinge und nicht auf die persönliche Entwicklung bezogen.

Die School of Life

Die School of Life will genau hierfür einen Ort schaffen und bietet deshalb Seminare und Vorträge aus den Bereichen Philosophie, Psychologie, Psychoanalyse, Literatur und Kunst an, die dazu beitragen sollen, sich persönlich weiterzuentwickeln und ein gutes Leben zu führen. Dabei geht es weniger darum, den „einen Weg” zu definieren oder eine allgemeingültige Antwort zu geben – was bei solchen Fragen eh unmöglich ist – sondern darum, neue Perspektiven zu eröffnen, wichtige Dinge zu hinterfragen und sich mit anderen darüber auszutauschen.

Wer ein bisschen auf meinem Blog rumgestöbert hat, der weiß, dass ich dies seit einiger Zeit sehr intensiv tue. Die School of Life Berlin hat da also zum richtigen Zeitpunkt meinen Weg gekreuzt. Die Schule gibt es bereits seit einem Jahr in Berlin, auch wenn ich erst jetzt auf sie aufmerksam geworden bin. Nachdem ich im April beim Tag der offenen Tür schon einen kleinen Einblick in die Themenwelten bekommen habe, war es vor ein paar Wochen nun soweit und mein erstes Seminar stand an: Unter dem Titel „Den Job finden, der zu mir passt” habe ich mich einen Abend lang mit dem Berufsleben im Allgemeinen und meinem beruflichen Werdegang im Speziellen auseinandergesetzt.

Welcher Job und welche Arbeitsbedingungen passen zu mir?

Wie auch bei meinen spirituellen Workshops, wusste ich nicht genau, was mich an diesen Abend erwarten würde. Als kleinen „Icebreaker” gab es vorab ein paar Fragen, um mit den anderen Teilnehmern ins Gespräch zu kommen – zum Beispiel die Frage, warum wir uns eigentlich so sehr über die Arbeit definieren. Dann startete das Seminar, das vom Dozenten René Träder geleitet wurde.

Ich gehöre zu denjenigen, die schon immer wussten, was sie beruflich machen wollen: Schreiben. Und auch wenn ich tatsächlich Redakteurin geworden bin, war es trotzdem sehr inspirierend, sich noch einmal mit seinem beruflichen Weg zu beschäftigen – und zum Beispiel einmal darüber nachzudenken, welche Wege man nicht gegangen ist und was für Optionen eigentlich auch mal im Raum standen. Und nach ein paar Jahren Berufserfahrung einfach mal innezuhalten und zu schauen, ob sich die aktuelle Situation eigentlich noch stimmig für einen anfühlt. Und es ist tatsächlich noch einmal etwas anderes, dies im Kopf zu haben, oder es sich auch einmal zu verschriftlichen und sich mit anderen darüber auszutauschen.

Präsentation & Interaktion

Das Schöne an den Seminaren bei der School of Life ist, dass die Gruppen klein sind und es eigentlich mehr ein interaktiver Austausch als ein monologer Vortrag ist. Präsentation und Interaktion wechseln sich hier ab. Man diskutiert mit dem Dozenten und den anderen Teilnehmern und tauscht sich in kleineren Gruppen  aus und gibt sich gegenseitig Anregungen. Man sieht seinen Berufsweg und sein Leben durch die Augen eines fremden Menschen und fühlt sich so in seinem Weg vielleicht bestärkt. So ging es bei vielen Teilnehmern zum Beispiel um den Gedanken, sich selbstständig zu machen – und darum, was oder wer einen eigentlich davon abhält. Der Satz

„Mutiges Scheitern statt ängstliches Vermeiden”

ist mir dabei besonders im Kopf hängen geblieben. Denn es ist schade, dass Scheitern oder eine komplette Neuorientierung im Allgemeinen als etwas Negatives angesehen wird. Als etwas, das mit Versagen oder Träumerei zu tun hat. Denn es gibt etwas, das viel schlimmer ist als das Scheitern: Einen Traum zu haben, und diesen nie gelebt zu haben.

Denn das Scheitern gehört meist nicht zu den Dingen, die man im Alter bereut. Es erst gar nicht versucht zu haben, dagegen schon.

Ein Seminar von ein paar Stunden verändert natürlich nicht das Leben – weder das berufliche, noch das private. Aber es kann Denkanstöße und Impulse geben. Inspirieren. Und Mut machen. Dafür, den gewohnten, geraden Weg zu verlassen. Die Kurven und Unebenheiten schätzen zu lernen. Und einfach mal Anlauf zu nehmen und ins kalte Wasser zu springen.

Und uns auf den Weg zu begeben, von dem wir eigentlich schon wissen, dass es der Richtige für uns ist.
Weil es unser Weg ist.

Dieser Artikel ist bereits auf meinem Blog Gedankenregen erschienen.

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