Foto: Annie Spratt

10 Dinge, die man als Mitarbeiter im Startup wirklich braucht

Bewerber, Freunde, alle fragen immer wieder danach: Was braucht man im Startup wirklich als Mitarbeiter? Ein Thema für die Gründer-Kolumne.

Gibt es sowas wie ein Startup-Gen?

In meinen wenigen Berufsjahren habe ich schon einige sehr unterschiedliche Unternehmen und Institutionen von innen gesehen. Von kleinen Redaktionen über große Verlage und den Bundestag, eine große Agentur und die Riesen-Beratung bis hin zum Startup und Susanns und meiner eigenen Gründung von EDITION F.

Etwas, was mir vor allem während meiner Zeit bei Gründerszene und jetzt bei EDITION F auffällt, sind die Fragezeichen in den Augen von Bewerbern und Freunden, wenn es um das Startupleben geht. Ist ein Startup als Arbeitgeber anders? Und wenn ja, was macht die Arbeit so anders, und welche Qualifikationen braucht man als Mitarbeiter? Gibt es vielleicht sogar so etwas wie ein Startup-Gen? Wir haben 10 Eigenschaften zusammengetragen, die garantiert helfen, herauszufinden, ob eine Bewerbung beim Startup genau der richtige Karriereschritt ist.

1. Vitra ist Nebensache. Der Status bei Lufthansa: Startup.

Ich erinnere mich noch genau an die Dienstreisen-Status-Gespräche in der Unternehmensberatung. Unter Senator gehört man quasi zum Fußvolk. Wer HON Status erreicht, grinst. Ein Flug in der Holzklasse oder ein 4-Sterne-Haus sind fast sowas wie der Inbegriff des Horrors für die meisten Berater. Auch in der Agentur darf man sich beim berühmt-berüchtigten Agenturwochenende als Arbeitgeber natürlich nicht lumpen lassen. Und die Tische und Stühle sind mindestens Vitra.

Klar gibt es auch Startups mit schicken Büros, aber die meisten haushalten mit ihrem Budget sehr genau. Große Vorsicht also vor der Insolvenzverschleppung. Und da ist es nicht immer das wichtigste Kriterium, ein Mac Book zu haben. Außer er macht die Arbeit wirklich millionenfach effizienter. Wahre Startup-Mitarbeiter packen mit an, agieren kostensensibel und denken mit.

2. Probieren geht vor studieren.

Wenn Bewerber als ihre größte Schwäche die Liebe zum Detail erwähnen, schrecken Susann und ich für gewöhnlich auf. Was die meisten Unternehmen vielleicht indirekt sogar als Stärke definieren, hat in den meisten Startups eine gänzlich andere Bedeutung. Ein Plan, die Recherche und effektive Zielsetzung bleiben zwar wichtig, aber was zählt, ist die Umsetzung. Wochenlange Meetingmarathons, politisches Taktieren, ausufernde Recherchen, all das hat im Startup nichts verloren.

Was zählt, sind schnelle Entscheidungen, Mut zum Ausprobieren und eine Trial-and-Error-Mentalität.

3. Der Kunde ist König. Und Königin. Politik war gestern.

Es geht um Kunden, zahlende Kunden im besten Fall. Deshalb ist das Produkt und das Hinhören beim Nutzer zentral für jedes Startup. Vorbei sind allerdings die Zeiten, in den riesige Budgets für die Marktforschung bereitstehen. Startups testen gewöhnlich kontinuierlich neue Features und versuchen, möglichst kostenfrei oder kostengrünstig am Kunden dran zu bleiben. Was will der Kunde wirklich? Alles sollte sich auf diese Frage konzentrieren, da zählt im Zweifel auch die Befindlichkeit deines Chefs nicht mehr. Du wirst ihn mit dem Kundenargument immer überzeugen. Das erfordert zunächst ein wenig Umdenken. Aber Politik und strategisches Taktieren innerhalb des Teams machen im Startup alles kaputt.

4. Denk viel an heute und morgen und seltener ans nächste Jahr.

Wahrscheinlich träumt jeder Gründer vom großen Fisch. Der eine Kunde, der die Millionen bringen. Doch leider lässt der sich auch bei ganz viel Arbeit und Fokus nicht immer an Land ziehen. Deshalb gilt: Viele kleine Fische bringen einen auch nach vorn. Und ein Schwarm ist manchmal genauso gut, wie ein dicker Fisch. Als Startup-Mitarbeiter sollte man Zeit für den großen Fisch investieren, aber noch mehr für die vielen kleinen. Für Startup-Mitarbeiter ist es wichtig, ein Gefühl für Ziele zu entwickeln – für die große Vision und die vielen kleinen Schritte dorthin.

5. Hab verrückte Ideen. Aber fokussiere dich dann.

Was zentral bleibt, bei all der Ideenflut in Startups: Fokus. Alles scheint möglich, aber am Ende wirst du im Startup nur erfolgreich arbeiten, wenn du nicht 300 Projekte gleichzeit jonglierst. Das gilt für Mitarbeiter, wie für Gründer. Was lässt sich an Praktikanten oder Studenten abgeben, was führt zum Ziel, was sollte verworfen werden, was generiert Umsätze? Klar macht Netzwerken Spaß, oder Social Media oder was auch immer. Aber verliere das Ziel nicht aus den Augen, und halte dich nicht mit Dingen auf, die nicht notwenig sind. Geld bleibt zentral. Auch den Gründern hilft es enorm, wenn Mitarbeiter ein Verständnis für Fokus aufbauen und mit realistischen Zielen und Zeiteinschätzungen arbeiten. Was im Corporate Unternehmen eine kleine Nummer ist, kann einem Startup das Genick brechen.

6. Bekomme dein Geld für deine Performance. Nicht weil du deine Wohnung zahlen musst.

Klar, du musst deine Miete zahlen, deine Familie ernähren und du willst Urlaub machen. Alles richtig. Und auch verdient. Trotzdem solltest du im Startup nicht arbeiten gehen, um das meiste Geld zu verdienen, sondern um zu lernen, um von Beginn an, Teil von etwas Neuem zu werden, um eigene Ideen einbringen zu können und schnell viel Verantwortung zu erhalten. Startup heißt: Nicht dort aufhören zu arbeiten, wo dein Bereich endet, sondern sich auch darüber hinaus verantwortlich fühlen und im Team ans Ziel zu kommen. Das ist eine Mentalitätsfrage.

7. Glaub an dich. Und deine Chance. Zurück in die Corporate-Welt geht’s immer.

Eine Kernsorge für Startup-Frischlinge bleibt die fehlende Sicherheit. Was, wenn das Startup Pleite geht. Ganz sicher ist die Startup-Welt nichts für jemanden, der ab sofort lebenslang in einem Unternehmen bleiben will, obwohl es natürlich alles schon gab. Aber die Sorge, vor der fehlenden Sicherheit sollte man als Startup-Mitarbeiter abschütteln können. Mach dir klar, dass es immer einen Weg zurück in die Coporate-Welt geben wird. Und dass die Erfahrungen im Startup auch dort eine große Bereicherung, gerade beim unternehmerischen Denken, sein können. Kannst du die Sorge nicht ablegen, bist du im Startup falsch.

8. Denk mit.

Das passende Template für jede Präsentation. Der Briefkopf. Die Ablage. Der Küchendienst. Alles, was es bei den Großen schon gibt, muss im Startup noch entstehen. Deshalb ist mitdenken zentral und selbstverständlich. Auch, wenn das bedeutet, dass man mal fix einen Schrank aufbaut.

9. Kenn den Pitch.

Startups pitchen 24/7. Und als Mitarbeiter bist du ein großes Aushängeschild. Du triffst den Investor, den künftigen Kollegen, den neuen Kunden vielleicht ganz zufällig. Deshalb sollte jeder Startup-Mitarbeiter den Elevator Pitch kennen. Im richtigen Moment solltest du den neuen Kontakt dann an die zuständige Person im Unternehmen weitergeben. Bist du dir unsicher, frag die Gründer.

10. Denk an dich.

Startups durchlaufen in kurzen Zyklen gigantische Entwicklungen. Skills, die in der Anfangszeit von Startups wichtig sind, wie z. B. Generalist zu sein, werden mit der Zeit unwichtiger, weil das Startup mehr Spezialisten einstellen wird. Deshalb sollten Startup-Mitarbeiter auch immer mal wieder an die Vision für sich selbst denken. Passt das noch? Wie will ich mich entwickeln? Wie passt das mit dem Unternehmen zusammen?

Fazit: Ein Startupjob? Das Schönste, das dir passieren kann

Ich glaube am Ende wird man spätestens nach dem Vorstellungsgespräch fühlen, ob das Startup-Leben etwas sein kann. Entweder man brennt oder man bleibt unsicher. Dann würde ich persönlich davon abraten. Entscheidet man sich für den Schritt ins Startup mit voller Überzeugung, könnte das der grandioseste Job aller Zeiten werden. Ich erinnere mich noch genau an das Gefühl bei Gründerszene, etwas selbst mit aufgebaut zu haben. Dann macht das ganze Startup-Chaos auf einmal richtig Sinn.

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