10 Minuten vor Feierabend kommt Ihr Chef in Ihr Büro: „Könnten Sie heute Abend etwas länger bleiben? Ich bräuchte Sie noch ein, zwei Stündchen.“ Eigentlich müssten Sie Ihre Tochter ja vom Klavierunterricht abholen. Andererseits – er ist nun mal Ihr Chef. Oder Ihr Partner ruft Sie unterwegs an und bittet Sie, noch eben schnell im Supermarkt Steaks für das Essen mit Freunden zu holen. Tatsächlich müssten Sie dafür aber quer durch die Stadt fahren, obwohl Sie noch einen Folgetermin haben.
Alles in Ihnen schreit danach, „Nein“ zu sagen, doch aus Ihrem Mund kommt ein „Na gut“. Warum eigentlich?
Mit einer ähnlichen Situation sah ich mich neulich konfrontiert, als ich die E-Mail eines Kunden erhielt: „Frau Dietrich, es wäre schön, wenn unser Controller auch an Ihrem Training teilnehmen könnte, allerdings kann er erst nachmittags zu Ihnen stoßen und ist insbesondere an den folgenden Themen interessiert …..“ Jetzt denken Sie vielleicht – ist ja nicht so tragisch, dann kommt er halt einfach später dazu. Mich hingegen brachte diese Bitte in eine missliche Lage. Auf der einen Seite möchte ich natürlich, dass meine Teilnehmer möglichst viel Nutzen aus meinen Coachings und Trainings ziehen. Auf der anderen Seite sind die Tage aber bis ins Detail durchgeplant und durch jahrelange Erfahrung so optimiert, dass die Inhalte nicht nur aufeinander aufbauen, sondern auch die Bio-Kurve der Teilnehmer berücksichtigen.
Sie sehen: Ein echtes Dilemma.
Wenn die Zwickmühle mahlt
Das eigentliche Problem: Wenn Sie immer versuchen, Everybody’s Darling zu sein, werden Sie ganz schnell zu Everybody’s Depp. Es immer allen recht machen zu wollen, obwohl Sie selbst noch an genug dringenden Baustellen arbeiten oder die eigene Erfahrung Ihnen davon abrät, „Ja“ zu sagen – das macht Druck bei allen Beteiligten. Und die Freude sinkt auch rapide.
Das klingt natürlich bis hierher alles andere als ermutigend. Ich habe aber auch eine gute Nachricht für Sie: Sie können aus diesem Teufelskreis ausbrechen. Und das ist gar nicht so schwer, wenn Sie sich nur ein Thema klar machen.
Auf Konfrontationskurs
Um sich von diesem Ja-Sager-Dasein zu verabschieden, benötigen Sie nur vier kleine Buchstaben: N–E–I–N. Dass ein NEIN – sei es im Job oder in den heimischen Wänden – Zusammenarbeiten und –leben deutlich erschweren kann, ist so. Leider. Aber wer sagt, dass es mit verschränkten Armen „Nein, geht nicht!“ heißen muss? Die Kunst besteht vielmehr darin, das Nein nicht nur zu sagen, sondern es auch in die richtigen Worte und die passende Haltung zu kleiden.
Bedienen Sie sich je nach Situation und Gesprächspartner aus einem Repertoire von drei Neins:
- Das klare Nein ist zwar am wirkungsvollsten, dafür mit dem Risiko belastet, jemanden schnell vor den Kopf zu stoßen. Denn Sie lassen keinen Raum für Zweifel und nehmen Ihren Standpunkt ganz klar ein: „Ich sehe keine Chance, das in diesem Zeitrahmen zu erledigen.“
- Beim freundlichen Nein fügen Sie Ihrer Ablehnung beispielsweise Worte des Bedauerns hinzu und schwächen die Wirkung etwas ab. Sie hätten die Aufgabe zwar gerne übernommen, sehen aber leider keine Möglichkeit, dies zu tun: „Tut mir leid, heute geht es leider nicht.“
- Verbindlicher in der Art und damit für Ihr Gegenüber auch zumeist leichter zu akzeptieren, ist das Nein mit Lösungsangebot: „Sie wissen, ich bleibe gern länger, wenn es nötig ist. Aber heute habe ich einen Nachfolgetermin. Ich mache es gerne morgen.“
Ein „Nein“ mit Aussicht
Mit dieser dritten Variante, dem Nein mit Lösungsangebot, konnte auch ich mein Dilemma schlussendlich lösen: Ich strickte die Agenda nur soweit um, dass der Grundstock blieb und mein roter Faden nur bedingt umgeleitet wurde, nicht aber abriss. Die für den Controller wichtigsten Themen konnten wir dann am Nachmittag durcharbeiten.
Gehen Sie also den Schritt, sagen Sie „Nein“ und setzen Sie es clever und souverän ein. Ich verspreche Ihnen, so nehmen Sie sich viel unnötigen Stress und Druck.