Es ist nicht leicht, sich den schwierigen Fragen der großen Unternehmen zu stellen. Business Insider hat bei Adidas, Daimler und Co. nachgefragt, was ihnen bei einem Kandidaten wichtig ist.
8 wichtige Fragen in Vorstellungsgesprächen
Eine heißbegehrte Stelle bei den größten Unternehmen Deutschlands zu bekommen, ist nicht leicht. Vor allem die Fragen, die im Vorstellungsgespräch gestellt werden, können ziemlich knifflig sein.
Dabei ist es in den meisten Fällen gar nicht so, dass die Personaler euch mit ihren Fragen aus der Fassung bringen wollen.
Im Grunde geht es ihnen darum, gute Mitarbeiter zu finden, die auch wirklich zum Unternehmen passen — eine Aufgabe, die gar nicht mal so einfach ist, wenn man bedenkt, dass sich Tausende Menschen auf eine einzelne Stelle bewerben.
In den vergangenen Jahren haben wir mit mehreren Personalern der begehrtesten Unternehmen des Landes gesprochen, und einige von ihnen haben uns verraten, welche Fragen sie besonders gern den Bewerbern stellen.
Hier sind acht Fragen, die Nathalie Gaulhiac von unserem Partner Business Insider zusammengefasst hat, auf die ihr euch gefasst machen könnt.
Adidas
Stephanie Luftensteiner ist Senior Director Talent Aquisition bei Adidas. Sie hat uns im Interview erklärt, dass es bei dem Sportartikelhersteller besonders wichtig ist, dass der Bewerber auf die ausgeschriebene Stelle und zur Firmenkultur passt.
„Sagen wir so: Es reicht nicht aus, einfach nur Sport toll zu finden.“ Der Bewerber müsse schon zur Firmenkultur passen. Sie setzt sich aus drei Werten zusammen:
Collaboration (Zusammenarbeit), Confidence (Selbstbewusstsein) und Creativity (Kreativität).
Stimmen das Anschreiben und der Lebenslauf, versucht Luftensteiner im darauffolgenden Telefoninterview, mehr über die Persönlichkeit des Kandidaten herauszufinden. Um das zu tun, stellt sie besonders gern folgende Frage:
„Was müsste passieren, damit Sie den Schritt zu Adidas bereuen?”
„Die Antwort auf diese Frage verrät so viel über die Motivation des Bewerbers“, erklärte sie. Ein besonders teamorientierter Bewerber würde zum Beispiel antworten, er wäre unzufrieden, wenn er sich mit seinen Kollegen nicht versteht. Ein karriereorientierter Kandidat würde hingegen erklären, dass er den Schritt zu Adidas bereuen würde, wenn er nicht befördert wird.
Wenn ihr euch jetzt fragt, was die richtige Antwort und was die falsche Antwort ist: Die gibt es nicht. Wichtig sei Luftensteiner, dass die Bewerber authentisch bleiben. Dementsprechend lautet auch ihr Rat an alle jungen Menschen, die gerne bei Adidas arbeiten würden: „Zeigt euer wahres Ich.“
Deutsche Börse
Auch die Deutsche Börse ist ein begehrter Arbeitgeber. Wer in dem
DAX-30-Unternehmen arbeiten will, muss zunächst einmal mit seinem Anschreiben punkten. Wenn ihr das einmal geschafft habt, geht es mit dem ersten Gespräch weiter — wahlweise telefonisch oder per Skype.
Wir baten die Personalerinnen Renee Horneber und Jessica Erk von der Deutschen Börse, uns eine Frage zu nennen, die besonders viel über den Kandidaten verrät. Ihre Antwort dürfte euch bekannt vorkommen:
„Was sind Ihre Schwächen?”
Laut Horneber sind 90 Prozent der Bewerber bei dieser Frage irritiert und wissen nicht, wie sie reagieren sollen: „Man bekommt oft den Eindruck, die Bewerber denken sich jetzt etwas aus.“
Jessica Erk, Head of Unit Apprenticeship & Recruiting Germany, stimmt dem zu: „Es ist sehr schön, wenn jemand seine Schwächen kennt und auch weiß, woran er arbeitet. Diese Frage ist natürlich in der Bewertung nicht das ausschlaggebende Kriterium, aber sie sagt viel darüber aus, wie reflektiert jemand ist und wie viel Entwicklungspotenzial er bei sich sieht.“
Überlegt euch auf die Frage nach euren Schwächen also eine ehrliche, aber gut durchdachte Antwort. Ein Satz wie „Puh, darüber habe ich bis jetzt noch nicht nachgedacht“ wirkt hingegen unprofessionell und unvorbereitet.
Die perfekte Antwort auf diese Frage muss zeigen, dass ihr an der genannten Schwäche arbeitet. Sie muss Beispiele aufführen, die eure Fortschritte untermauern. Und zu guter Letzt muss sie deutlich machen, dass ihr Entwicklungspotenzial habt, euch dessen bewusst seid und es gezielt einsetzt.
Daimler
Bei Daimler ist das Bewerbungsverfahren besonders knifflig, wenn man das Dokument mit Anforderungen an die Bewerbung betrachtet, welches Business Insider zugespielt wurde.
So sollen die Bewerber im Vorstellungsgespräch maximal drei Minuten Zeit haben, ihre
„Person uns gegenüber anhand eines Buches, Filmes oder Songs zu präsentieren und Ihren bisherigen Werdegang darzustellen“.
Generell scheint Kreativität bei Daimler sehr geschätzt zu werden. Über kreativere Aufgaben erfahre man mehr über die zukünftigen Kollegen und es sei natürlich wichtig, dass die Teams zueinander passen, sagte Andreas Schulz, Personalleiter bei Daimler Group Services in Berlin (DGSB), im Gespräch mit Business Insider.
Wer besonders kreativ sein will, kann sein Instrument zum Gespräch mitnehmen und seinen Lebenslauf in einem Song vorsingen — zumindest hat das in der Vergangenheit bereits funktioniert, wie Norma Halte, Personalberaterin im Recruiting der DGSB, erklärte.
Das ist aber natürlich kein Muss. Wie bei den anderen Konzernen gilt: Hauptsache, ihr seid authentisch.
Ikea
Passend zu den schwedischen Wurzeln von Ikea legen Personaler des Möbelgiganten im Vorstellungsgespräch den Fokus auf die schwedische
Unternehmenskultur. Das verriet uns Marilyn Schröder, Managerin für Recruitment bei Ikea Deutschland.
Wenn ihr euch dort bewerben wollt, ist es besonders wichtig, dass ihr die gleichen Werte wie Ikea teilt. „Je mehr Werte sich mit denen von Ikea decken, desto größer ist natürlich auch die Wahrscheinlichkeit, dass ein neuer Mitarbeiter auch tatsächlich glücklich wird bei uns.“
Das Bewerbungsgespräch sei dementsprechend kein Frage-Antwort-Spiel,
sondern vielmehr ein Dialog, bei dem beide Seiten herausfinden, ob sie
zueinander passen. Trotzdem hat Schröder uns eine Frage verraten, die sie
besonders gerne stellt:
„Was hat Sie unabhängig von Schule und Beruf geprägt?“
Diese Frage stelle sie so gerne, da sie besonders stark zum Nachdenken anregt. „Mit ihr erfährt man mehr als nur den Lebenslauf, es kommen ganz viele neue Aspekte hinzu.“
ProSieben
Sandra Mühlhause arbeitet seit über 20 Jahren im HR-Bereich und ist Senior Vice President für Recruiting & Employer Branding bei ProsiebenSat.1. Wer ebenfalls gerne für das Medienunternehmen arbeiten will, darf sich nicht verstellen, wie sie uns im Gespräch verriet.
„Niemand kann über eine Stunde eine Rolle spielen. Wir nutzen Fragetechniken, mit denen wir ziemlich gut herausfinden können, ob Bewerber die vorab definierten Kompetenzen mitbringen. Außerdem lernen wir dadurch die Kandidaten besser kennen.“
Zu den Fragen, die sie besonders gerne stellt, gehören diese zwei:
„Wo sehen Sie ProSiebenSat.1 in drei Jahren?“ und „Wann stoßen Sie an Grenzen?“
„Wo sehen Sie ProSiebenSat.1 in drei Jahren?“ und „Wann stoßen Sie an Grenzen?“
„Die erste Frage verrät mir zugleich, wie gut sich der Bewerber über uns und unsere Strategie informiert hat und ob er oder sie eine Vorstellung über die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens hat“, sagte sie.
Die zweite Frage klingt hingegen erstmal sehr vage — und das soll auch so sein. „Das ist eine ziemlich offene Frage, die man sehr unterschiedlich interpretieren kann, die aber viel über den Bewerber verrät.“
Und wie es bei offenen Fragen so ist, gibt es darauf keine richtige oder falsche Antwort. Die einen stoßen an ihre Grenzen, wenn sie sich in ihrem Tätigkeitsfeld eingeschränkt fühlen, die anderen kommen nicht mehr weiter, wenn sie kein Feedback vom Vorgesetzten bekommen. Eure Antwort verrät dem Personaler lediglich, was euch wirklich wichtig ist.
Bayer
Wer sich bei Bayer bewirbt, soll wirklich zur Unternehmenskultur und Arbeitskultur passen, erklärte Bernd Schmitz, Leiter des Personalmarketings bei Bayer, im Interview mit Business Insider.
Deswegen stellt er im Bewerbungsgespräch immer folgende Frage:
„Warum glauben Sie, dass Bayer für Sie ein interessanter Arbeitgeber ist?“
„Das ist eine sehr offene Frage, die zeigt, was der Mensch will. Will er einfach nur einen Job, oder findet er gerade unser Arbeitsfeld hochinteressant“, sagte Schmitz.
Besonders gut — aber nicht notwendig — sei eine persönliche Geschichte als Begründung. Sei es, dass man Entwicklungshilfe in Kenia geleistet hat und man die Ernährung der Menschen in der dritten Welt sichern möchte, oder dass ein Familienmitglied an Krebs gestorben ist und man andere Menschen vor dem Schicksal bewahren möchte.
„Wir wollen die Menschen kennenlernen, nicht auswendig gelernte Antwortvorschläge aus dem Internet hören.“
Henkel
Im vergangenen Jahr haben wir mit Katrin Kieven gesprochen, Leiterin des Employer Branding und Recruitment bei Henkel. Sie gab uns einen Einblick in den Recruiting-Prozess.
Im telefonischen Erstgespräch werden euch eventuell Fragen gestellt, die in eurer Bewerbung nicht beantwortet wurden, und die Stelle wird euch zunächst noch einmal erklärt. Ist das Gespräch gut gelaufen, gibt es abhängig von der
ausgeschriebenen Stelle ein Online-Assessement. Dadurch soll herausgefunden
werden, ob ihr mit dem Unternehmen kompatibel seid.
In dem Assessment werden euch bei Henkel nicht die klassischen Fragen nach Stärken und Schwächen gestellt. Stattdessen wird euer Verhalten in bestimmten Situationen geprüft.
So könnte eine Aufgabe zum Beispiel lauten:
„In dem Projekt A ist Folgendes vorgefallen, welche Lösung wäre dir am nächsten?“
Dann könnt ihr euch für eine der vorgegebenen Lösungsmöglichkeiten entscheiden.
„Für uns gibt es keine richtigen oder falschen Antworten, es geht uns um die Persönlichkeit des Bewerbers“, sagte Kieven. „Wir schauen, wie sich der Kandidat in einer bestimmten Situation entscheidet. Wir haben keine feste Vorgabe, die besagt: Wenn der Kandidat nicht mindestens drei Fragen mit (a) beantwortet hat, ist er für uns nicht mehr interessant, sondern wir schauen uns immer den Gesamtkontext an.“
Letztendlich geht es vor allem um eure Authentizität, wie Kieven betont:
„Im schlimmsten Fall spielt der Bewerber eine Rolle und die Antworten sind auswendig gelernt. Wenn jemand authentisch ist und sich ein Gespräch entwickelt, hat er die besten Chancen. Man merkt relativ schnell, wenn jemand nur einen Text herunterspult. Wir wollen wirklich wissen: Wer ist der Mensch, der bei uns arbeiten möchte, und nicht vor eine Maske schauen.“
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