Hast du genug von Filmen, in denen Frauen die zweite Geige spielen, in denen sie immer nur gerettet, erobert oder hübsch im Hintergrund versteckt werden? Hier findest du Filme, in denen Gründerinnen die Hauptrolle spielen und die es nicht auf Netflix gibt.
Joy – Alles außer gewöhnlich
„Glaube nicht, dass dir die Welt irgend etwas schuldet“ ist der Satz, aus dem Joy, gespielt von Jennifer Lawrence, ihre Motivation schöpft. Er ist die Grundlage für eine Lebenseinstellung, die auf einen immerwährenden Kampf ausgerichtet ist. Es ist eine dieser Geschichten über eine Frau, die weder aus gutem Hause, noch aus einer guten Gegend kommt.
© Twentieth Century Fox of Germany GmbH
Die junge Frau und zweifache Mutter ist in einer Familie gefangen, die sich einen Scheiß um sie kümmert. Sie ist der Bezugspunkt aller Figuren, mit einer Mutter, die in einer Seifenoper lebt, einem cholerischen Vater und einem Ex-Mann, der als erfolgloser Künstler in ihrem Keller wohnt.
Dabei wollte sie eigentlich von Kind an ihre eigenen Idee verwirklichen, Dinge erfinden. Das ist ihr auch schon gelungen, aber sie hat sich ihre Erfindung nicht patentieren lassen – jemand anderes wurde erfolgreich damit. Knapp vor dem Nervenzusammenbruch wirft sie alle Verpflichtungen von sich, nimmt sich raus aus dem Trouble und setzt sich an eine neue Erfindung, eine, die jeden Haushalt bereichern könnte.
Sie baut einen Prototypen, dann ein paar hundert erste fertige Exemplare, aber sie findet keine Möglichkeit, diese zu verkaufen. Bis sie auf einen neuen Fernsehsender aufmerksam wird, dessen Konzept daraus besteht, von zuhause aus direkt Produkte aus dem Fernsehen zu bestellen – kommt einem bekannt vor, oder? Es ist die Zeit, als Shopping-TV noch in den Kinderschuhen steckte. Verhilft ihr das neue Format zum Durchbruch? Kann sie sich gegen Kontrahenten auf dem Markt und die Widerstände in der eigenen Familie durchsetzen? Und warum geht der Typ von ihrer Produktionsstätte einfach nicht an’s Telefon?
Bekannt für seine wohltuend ungewöhnlichen Filme, schickt David O. Russel in Joy wieder sein Erfolgsteam Jennifer Lawrence, Bradley Cooper und Robert De Niro aus Silver Linings in die Spur und hat es sogar geschafft, Isabella Rosselini von der Rolle als Joys Stiefmutter und pragmatischen Investorin für ihre Projekte zu überzeugen.
Joy ist einer dieser Filme, bei denen man mit jeder Szene hofft, dass dieses mulmige schlechte Gefühl verschwindet, das man aus Mitgefühl mit der Protagonistin hat. Nicht das richtige für einen Filmabend, an dem man einfach nur entspannen will.
Warum du ihn dir trotzdem ansehen solltest? Weil er am Beispiel der real existierenden Unternehmerin Joy Mangano zeigt, wie wichtig es ist, nicht den Mut zu verlieren, wenn du wirklich an den Erfolg einer Sache glaubst. Er ist zwar nicht so raffiniert geschrieben wie Silver Linings, überzeugt aber mit guten Schauspielern und einer spannenden Geschichte.
Man lernt nie aus (The Intern)
Anne Hathaway und Mode in einer US-amerikanischen Komödie? Da denkt man doch spontan an Der Teufel trägt Prada. Es könnte die gleiche Figur sein, die wir neun Jahre später in Man lernt nie aus vorfinden. Hier finden wir sie aber nicht als Praktikantin wieder, sondern als Jules Ostin, die Gründerin eines Mode-Onlineshops.
© Warner Bros. Pictures Germany
Dennoch steht sie erst einmal nicht im Mittelpunkt der Geschichte, sondern wieder ein Praktikant: Ben (Robert De Niro) ist 70 Jahre alt und will raus aus der Eintönigkeit seines Witwer- und Rentnerdaseins. Sein Altherrencharme kommt gut an bei seinen Kollegen, die ihn wegen seiner Erfahrung schätzen, aber auch weil er in der digitalen Welt so sympathisch unbedarft ist. Trotz niedriger Hierarchien und offener Türen merkt er aber, dass seine Chefin und Gründerin des Unternehmens Jules sich abkapselt und ein wenig Hilfe gebrauchen könnte. Denn obwohl beruflich und privat alles gut zu laufen scheint, weiß sie nicht, ob sie den Herausforderungen stand halten kann.
Problem Nummer 1: Mit dem Erfolg des Unternehmens wollen die Investoren stärker in die Unternehmensentwicklung eingreifen und suchen nach einem Geschäftsführer, der Jules mit mehr Erfahrung unterstützen und die Geschäfte besser leiten kann.
Problem Nummer 2: Ihr modernes Familienkonzept fußt auf der Unterstützung des Mannes an ihrer Seite, aber ist dieser wirklich auf Dauer zufrieden in seiner Rolle als Hausmann und Kinderspielplatzpapi für das gemeinsame Kind?
Ben wird mehr und mehr zu einem Vertrauten von Jules und versucht sie mit seiner Lebenserfahrung zu unterstützen. Die großen Entscheidungen aber muss sie selbst treffen.
Nancy Meyers hat sich bisher eher als Drehbuchautorin und Regisseurin für romantische Komödien wie Was das Herz begehrt, Wenn Liebe so einfach wäre oder Liebe braucht keine Ferien profiliert.
In Man lernt nie aus zeigt sie, dass es nicht immer die große schmalzige Liebe sein muss, die eine Handlung voran treibt. Stattdessen denkt sie sich hier in das Leben einer erfolgreichen Frau hinein und beweist, dass sie einen guten Blick für deren Probleme und Weiterentwicklungsmöglichkeiten hat.
Alles in Butter
Wer Gründerin werden möchte, braucht auch mal einen Grund, eine Pause zu machen: Warum nicht mal mit einem Film über Butter? Keine Angst, es ist weder eine Kochsendung, noch eine Doku über Joseph Beuys und seine Fettecke.
© Koch Media
Zur Geschichte: Stell dir vor, du lebst irgendwo auf dem Land zwischen Schützenfesten und Kegelvereinen, inmitten einer hoch-konservativen CDU-Wählerschaft, und genau zu dieser gehörst du, bist hochambitioniert und willst es politisch weit bringen. Seit 15 Jahren bist du die perfekte Ehefrau für einen Mann, der der beste Butterschnitzer aller Gemeinden des Bundeslandes ist. Warte, Butterschnitzer?
Ja, diese Form der Kleinkunst gibt es wirklich. Nur dass das Ganze nicht in Deutschland spielt, sondern in Iowa, USA. Dort werden seit 1911 jedes Jahr lebensgroße Butterskulpturen ausgestellt.
Du bist also die First Lady dieses Butterschnitzers, den du 15 Jahre lang unterstützt hast – natürlich zu deinem Vorteil als einflussreiche Frau in der Nachbarschaft – der nun aber mit einer Stripperin schläft und beim anstehenden Butterschnitzwettkampf nicht mehr antreten antreten möchte. Da kracht so einiges an Welt zusammen, was man sich so aufgebaut hat.
Sie will sich die Erfolge der letzten Jahre und die Aussichten auf einen Posten als Gouverneurin aber nicht nehmen lassen und trifft eine folgenschwere Entscheidung: Siegessicher tritt sie selbst beim Butterschnitzwettbewerb an. Wenn da nicht noch ein farbiges Mädchen wäre, das als Waise von einer Familie zur nächsten gegeben wird und seine Leidenschaft für die Butterskulpturen entdeckt. Und die Stripperin, der der Ehemann noch Geld schuldet.
Eine skurril witzige Politsatire mit politisch inkorrektem Humor – ein absoluter Komödiengeheimtipp. Und hier die Besetzung: Jennifer Garner brilliert in der Rolle der konservativ-pragmatischen Ehefrau und hat den Film mitproduziert, Ty Burrell, der für seine Rolle als Familienvater in Modern Family mehrmals mit dem Emmy geehrt wurde und Olivia Wilde, die in der Rolle der rachsüchtigen Stripperin aufgeht. Nicht zu vergessen Hugh-Wolverine-Jackman, der einen verblödeten Autohändler spielt.
Wo bekomme ich die Filme her?
Jedenfalls nicht bei Netflix. In jeder gut sortierten Videothek dürftest Du die Filme aber finden.
Dieser Artikel ist zuerst bei zeitfürzukunft.de erschienen.
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