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Führung braucht Haltung

Wie du dich selbst und andere souverän führen kannst und warum Vertrauen dabei so wichtig ist.

 

Warum es nicht leicht ist, Vertrauen zu gewinnen

Grundsätzlich wissen wir es alle: Vertrauen ist die Basis jeder guten Beziehung. Stimmt diese Beziehungsgrundlage, lassen sich oft auch die verzwicktesten Situationen und Probleme im Sinne aller Beteiligten lösen. Doch so wichtig das Thema für die Führungskultur auch ist – dieser vermeintlich klare Begriff wird oft auf unterschiedlichste Weise interpretiert. Das liegt in erster Linie daran, dass Vertrauen ein Gefühl ist, keine rationale Überlegung. Vertrauen entsteht, wenn ein Mensch sein eigenes, individuelles Werteverständnis wiederfindet beziehungsweise nach seinem eigenen Verständnis positive Erfahrungen macht. Vertrauensbildung ist ein längerer, ziemlich sensibler Prozess – schwer aufzubauen und sehr leicht zu zerstören. Vertrauen ist nicht durch Worte alleine, sondern nur durch eine klare innere und äußere Haltung, also die Übereinstimmung der verbalen und nonverbalen Signalen sowie des Verhaltens zu erreichen.

Vertrauen schaffen ist Führungsaufgabe

Vertrauen kann nicht eingefordert werden, man muss es sich verdienen. Als Führungskraft legst du durch deine Spielregeln und dein Verhalten fest, welchen Stellenwert ein integres Miteinander in deinem Wirkungsfeld hat. Deine innere Haltung drückt sich in deinem Verhalten aus. Manche Führungskräfte versuchen, ihre Kompetenz zu betonen, indem sie ihre Menschlichkeit eher verstecken – oft das Resultat einer ausschließlich ergebnisorientierten Kultur. Tatsache ist jedoch, dass gerade menschlich nahbare Führungskräfte das Vertrauen ihrer Mitarbeitenden gewinnen. Selbst dann, wenn der Weg in fachlichen Fragen noch unklar erscheint. Wichtig ist hierbei, menschliche Wärme nicht mit Weichheit zu verwechseln. Sag als Führungskraft, was du meinst, und meine das, was du sagst. Das bedeutet nicht, undiplomatisch oder unhöflich sein zu müssen.

Führung zwischen Vertrauen und Verantwortung

1. Sei dir deiner Vorbildrolle bewusst und lebe Commitment

Dein stärkstes Testimonial ist dein eigenes Verhalten. Menschen, die sich stimmig (kongruent) verhalten, sind gut „lesbar“ und daher auch vertrauenswürdig. Als Führungskraft stehst du unter permanenter Beobachtung und musst in Sachen Vertrauen den ersten Schritt gehen. Worte alleine überzeugen nicht. Wenn Aussage und Verhalten nicht übereinstimmen, wird im Zweifelsfall das Verhalten als Gradmesser herangezogen. Das ist der Grund, warum ungeschriebene Gesetze oft wesentlich stärker wirken, auch wenn die offiziellen Regeln als beeindruckende Plakate an den Bürowänden hängen.

2. Stifte Sie Sinn und erkläre, was dich antreibt

Übernimm Verantwortung für diejenigen, die den Erfolg eines Unternehmens ausmachen: die Menschen. Mitarbeiter wünschen sich eine sinnstiftende Tätigkeit, denn sinnvolles Tun setzt positive Energien frei. Erkläre ihnen also, warum du selbst als Chef die Dinge tust, die du tust. Rede dabei nicht nur über Zahlen. Erläutere, was dich antreibt, erkläre, wozu es nützt und ordne es ins große Ganze ein. Wer Leistung will, muss Sinn bieten. Als Führungsperson stehst du repräsentativ für das Wertesystem des Unternehmens. Das erfordert ein eigenes gefestigtes Werteverständnis, gute kommunikative Fähigkeiten und soziale Kompetenz. 

3. Zeige Menschlichkeit

Ein klares Rollenbewusstsein bedeutet nicht, sich hinter einer neutralen und aalglatten Persona zu verschanzen. Menschen folgen Menschen. Empathie und Sensibilität sind notwendig, um Vertrauen aufzubauen, Mitarbeitern zuzuhören, sie zu verstehen und auf den Einzelnen eingehen zu können. Menschen brauchen Zuspruch und Stärkung, um Selbstverantwortung zu entwickeln und in der Folge selbstständig und kreativ arbeiten zu können.

4. Kultiviere Wertschätzung und Respekt

In Zeiten, in denen oftmals nur die Ergebnisse zählen, erzielst du einen erheblichen Unterschied, indem du echte Anstrengungen wahrnimmst und honorierst – auch wenn sich das gewünschte Ergebnis (noch) nicht eingestellt hat. Wertschätzung kommt vor Wertschöpfung. Es gilt außerdem, das Kontrollbedürfnis etwas abzulegen und dem Mitarbeiter auch ohne ständigen Kontakt zu vertrauen.

5. Lebenslanges Lernen gilt auch für Führungskräfte

Selbstreflexion ist entscheidend, denn infolge immer kürzerer Innovations- und Entwicklungszyklen sollte die eigene Vorgehensweise regelmäßig auf den Prüfstand gestellt und, wenn notwendig, angepasst werden. Der digitale Wandel birgt umfassende nachhaltige Veränderungen, die durch eine hohe Change-Management-Kompetenz ständig begleitet werden muss. Das bedeutet: neu denken, Neues lernen statt sich Neuem zu verschließen und schnell umschalten. Du musst unbekanntes Terrain betreten, einen Weitblick für Trends und Technologien entwickeln und darfst Komplexität nicht mit Komplikation verwechseln. Digitalisierung kennt keinen Status Quo, sie verlangt, dass man immer in Bewegung ist.

6. Schaffe Strukturen, die Orientierung bieten

Als Führungsperson musst du andere befähigen können und zugleich die Rahmenbedingungen für spezialisierte Mitarbeiter schaffen, unter denen sie bestmöglich arbeiten können. Schaffe also Strukturen, die Richtung geben und das Gelingen in den Vordergrund rücken. Führen ist eine Dienstleistung und heißt: Menschen beteiligen. Mitgestaltung fördert sowohl persönliches Wachstum als auch den Zusammenhalt untereinander. Je mehr sich Menschen einbringen und entfalten können, desto besser sind die Leistungen.

Freiheit braucht Verantwortung – Verantwortung braucht Vertrauen

Und so hören wir es immer öfter: Die Mitarbeiter sollen mehr entscheiden. Es braucht mehr Transparenz. Ach ja, und natürlich mehr Freiräume. Damit möchte ich zu einem zentralen Punkt kommen: Wer Freiheiten will, muss für Verantwortung sorgen. Freiheit ohne Verantwortung führt zu Willkür und Machtmissbrauch – oder wie Albert Camus es formuliert: „Die Freiheit besteht in erster Linie nicht aus Privilegien, sondern aus Pflichten.“

Was aber ist Verantwortung? Verantwortung ist ein Prozess, der Prozess des Rede-und-Antwort-Stehens für das, was man in Freiheit entschieden hat. War es gut, wird die verliehene Macht und der Freiheitsraum bestätigt, war es schlecht, so muss der oder die Betreffende die Konsequenzen tragen. Verantwortlich ist man nicht nur für sein Tun, sondern immer auch gegenüber jemandem. Diesen Jemand muss es für jede berufliche und gesellschaftliche Funktion geben – auch für den freiesten Menschen. Deshalb sollte sich auch die oberste Führung in einer Organisation fragen: Wem gegenüber bin ich verantwortlich? Und wie und wann findet der Prozess des Verantwortens statt?

Freiheit im Rahmen der Führung bedeutet also, sich mit den verantwortlichen Mitarbeitern über Werte und Ziele zu verständigen, ihnen Entscheidungs- und Gestaltungsräume zuzugestehen und sie dann souverän und mit konsequenter Haltung zur Verantwortung zu ziehen. Menschen, die in dieser Weise geführt werden, sind motivierter, ihr Bestes zu geben und ihren Beitrag zum gemeinsamen Erfolg leisten. Wer Menschen bewegen will, muss ihnen vertrauen, denn nur vertrauensvolle Beziehungen führen vom Sollen zum Wollen. Und Menschen, die wollen, leisten mehr.

Dieser Text ist bereits im Blog von Michaela Knabe erschienen. Wir freuen uns, dass sie ihn auch hier veröffentlicht.

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