Täglich stolpern wir im Internet über Hasskommentare, Shistorms und Cybermobbing. Aber das Internet ist gleichzeitig ein fantastischer Ort, um Liebe, Unterstützung und Hoffnung zu verbreiten. Wie das geht macht die amerikanische Facebookgruppe: Pantsuit Nation auf einzigartige Weise vor.
Gemeinsam können wir diese Welt zu einem besseren Ort machen
Als Hillary Clinton dieses Jahr die Wahl zur Präsidentin der Vereinigten Staaten verlor, war auch in Deutschland vielen Menschen die Fassungslosigkeit anzumerken. Während es hierzulande eher kleine Nachbeben gab, hat die Wahl in den USA Lawinen ausgelöst. So erwuchs etwa aus einer kleinen Facebook-Gruppe, die in den Einstellungen „Privat“ und „Geheim“ angegeben hatte, eine ganze Bewegung: „Pantsuit Nation.“
Im Oktober 2016 wurde die Facebook-Gruppe von Hillary-Supporterin Libby Chamberlain mit dem Gedanken gegründet, dass „eine Armee Kriegern und Kriegerinnen in Hosenanzügen“ zu Wahl gehen sollte. Innerhalb von einem Monat wuchs „Pantsuit Nation“ von einem kleinen Freundeskreis zu einer Gruppe von 3,7 Millionen Menschen aus der ganzen Welt. Dass diese Bewegung Potential hat, wäre wohl eine Untertreibung.
Heute sieht Chamberlain, dass diese Vision kurzsichtig war, dass Pantsuit Nation am Morgen nach der Wahl viel wichtiger war, als am Morgen des Wahltages selbst. Ihre Mission sei keine Geringere als den Verlauf der Geschichte zu steuern. Die Gruppe wurde nach der Wahl zu einem Ort an dem die Furcht, die Verzweiflung und die Trauer der Menschen in Hoffnung umgewandelt wird. Ein Ort, an dem Menschen, die Ihre Sorgen, Geschichten und Ängste teilen auf Unterstützung stoßen.
”At the end of October, when I invited 30 friends to join a Facebook group, I had a vision of an army of pantsuited warriors going to the polls on Election Day. I now see that that vision was shortsighted. As I’ve said a few times, I believe Pantsuit Nation was more important on the morning of November 9 than it was on the morning of November 8. Our charge going forward – our MISSION – is no less than to shift the course of history. And we’ll do it through stories.“
Homosexuelle und Transgender-Menschen, Schwarze und Weiße, Lehrer und Professoren, Immigranten, Mütter, Väter und Kinder – allen wird hier ein Ohr geschenkt. Unter jedem Post, jeder Geschichte sammeln sich hunderte, wenn nicht tausende von Kommentaren, die Ratschläge geben, Mitgefühl aussprechen und den Mut loben. Auch ich habe die Gruppe häufig zu meiner Lektüre auf dem Weg nach Hause oder vor dem Einschlafen gemacht: die Geschichten der Menschen und die Ehrlichkeit, mit der sie sie teilen, sowie die Bilder und Kommentare dazu gehen unter die Haut.
”I want everybody coming out from behind that and make sure your voices are heard going forward.” – Hillary Clinton am 9. November 2016
Inzwischen ist aus der Facebook-Gruppe eine Website entstanden, die Menschen dabei unterstützt aus der verlorenen Wahl, aus dem Schmerz und der Angst die Kraft zu ziehen, für ihre Rechte einzustehen und diese Welt zu einem besseren Ort zu machen. Wie? Das ist in ihrem Manifest nachzulesen. Durch Verbindungen, Aktionen und Vertrauen bauen sie eine Kultur auf, die Interesse, Empathie und Respekt gegenüber den Mitmenschen in den Vordergrund stellt.
Deswegen hat Libby Chamberlain beantragt, dass Pantsuit Nation als gemeinnützige Organisation eingetragen wird. Diese Organisation wird die Verteidigung, die Ausbildung und die politischen Bemühungen unterstützen, die bereits aus der Gruppe gewachsen sind und in Zukunft wachsen werden. Außerdem wird es ein Buch geben, in dem die Geschichten der Menschen gesammelt werden, die sich trauen ihre Stimme auch außerhalb der Sicherheit der Facebook-Gruppe zu erheben.
”I am *beyond* excited to announce that there is going to be a book. A Pantsuit Nation book. A book of YOU. A book BY YOU. A permanent, beautiful, holdable, snuggle-in-bed-able, dogear-able, shareable, tearstainable book. Your voices. Your stories. Our community. Our project. Our message of hope and change.“
Die Ereignisse des vergangenen Jahres haben uns allen schmerzlich bewusst gemacht, dass das Internet ein Ort der Liebe und nicht des Hasses sein sollte. Dass wir gemeinsam unsere Stimmen erheben müssen, dass jede Stimme zählt, wenn wir gehört werden wollen. Wir brauchen diese organisierte Liebe, da sich der Hass schon längst organisiert: Über Foren, Blogs und andere Social-Media-Tools kommen etwa antifeministische oder rechte Gruppen zusammen und unterwandern Hashtag-Aktionen, stürmen Kommentarspalten unter Artikeln oder senden massenweise E-Mails an Journalisten.
Nicht nur in den USA gibt es Menschen, die einen Ort für ihre Geschichten brauchen. Auch hier wollen Menschen gehört werden, wollen auf Verständnis und Unterstützung stoßen. Die Botschaft von Pantsuit Nation ist eine, die uns alle betrifft. Eine, die wir auch hier, in Deutschland und Europa verbreiten wollen.
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