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20 Dinge, woran man einen echten Künstler erkennt (Teil 1)

Ein namhafter Künstler hat mal zu mir gesagt: „Hinter jedem großen Künstler versteckt sich eine große Tragödie“. Stimmt das wirklich, oder ist das nur Teil des gesellschaftlichen Bildes vom Künstlerdasein? Nach fast fünf Jahren im Musikbusiness wollte ich es wissen: Woran erkennt man einen echten Künstler?

 

Give it a try ..

Ein kleines Experiment sollte es werden: fast ein Jahr ist es nun her, dass ich mich entschied meinen Job für einen angesehenen Künstler aufzugeben und mein Glück als Musikerin und Kreative zu versuchen und auf eigenen Beinen zu stehen. Nach fast fünf Jahren im Musikbusiness brauchte ich eine Veränderung, ich wollte selbst Künstlerin sein, wollte wissen wie es ist von der Hand im Mund zu leben, nur von meiner Kreativität. Aber auch an der Seite von erfolgreich etablierten Musikern war mir nie ganz klar, was es eigentlich genau bedeutet ein Künstler zu sein. Also musste ich ganz von vorne beginnen, auf der Strasse.

Was ist ein Künstler? 

Im Sommer 2015 zog ich los. Was ist eigentlich ein Künstler, fragte ich mich? Jemand der Dinge erschafft? Jemand der unterhält? Brauche ich eine Bühne um ein Künstler zu sein, brauche ich ein Publikum, brauche ich Öffentlichkeit um ein Künstler zu sein? Muss ich dafür zwangsläufig in eine zweite Person schlüpfen, mir einen Künstlernamen zulegen? Gibt es Regeln? Was muss ich tun um mich als erfolgreicher Künstler zu etablieren?

Mein Bild, das ich lange Zeit vom Künstlerdasein hatte, entsprach in etwa der allgemeinen Vorstellung in der Gesellschaft: Künstler sind verschwenderisch, arm, arrogant, exzentrisch, eigenbrötlerisch, launisch, umtriebig. Aber auch Begriffe wie leidenschaftlich, chaotisch, promiskuitiv, narzisstisch, cholerisch fielen mir ein. Ist jede Kunst eine brotlose Kunst? Und was ist mit Drogen und Depression? Das Pop-Kultur Festival Berlin widmete dieses Jahr einen ganzen Workshop dem Thema „Musik und Depression“. Gehören diese Dinge auch zum Künstlersein? Wieso hält sich dieses überwiegend negative Bild des Künstlers in der Gesellschaft so hartnäckig? Weil es definiert wird durch die unwissende Mehrheit? Weil eine besondere Anziehungskraft von dem Bild des Künstlers ausgeht? Weil es soweit entfernt ist von einem selbst?

Nach einem Jahr Recherche in der Musikszene kann ich Bilanz ziehen. Was ich fand waren großartige Geschichten von Menschen, die trotz des verschrobenen Künstlerbildes der Gesellschaft und dem sinkenden Wert von Kunst und Individualität ihren Weg gehen. Aber ich fand auch die oben erwähnte Tragödie, die andere Seite der Kunst, soweit sie denn eine ist, junge Musiker die das Leben eines Rockstars von „sex, drugs and rock’n roll“ nur allzu klischeehaft bedienen und damit das Bild in der Gesellschaft aufrechterhalten. Grund genug sich mit dem Begriff des Künstlers einmal näher auseinanderzusetzen.


20 Dinge, die einen echten Künstler ausmachen 

Nr. 1: Echte Künstler bewahren sich kindliche Neugier und Entdeckungsdrang

Das sind die essentialia eines Künstlerdaseins. Schon Picasso hat das erkannt: 

„Als Kind ist jeder ein Künstler. Die Schwierigkeit liegt darin, als Erwachsener einer zu bleiben“

Echte Künstler nehmen sich trotz des Alltagsstresses immer wieder Zeit, ihre kindliche Seite auszuleben, intuitiv zu sein, zu entdecken. Dafür muss man nicht quer durch die ganze Welt reisen. Die besten Geschichten und Ideen findet man meistens vor der Tür. Man muss sich dafür nur offenhalten. Durch diese noch im Erwachsenenalter erhaltene natürliche Neugier entwickeln Künstler sich aus sich heraus und kreieren damit letztendlich Trends.

Nr. 2: Echte Künstler umgeben sich mit positiven Menschen

Künstler umgeben sich mit Menschen, die nicht nur eine positive Einstellung haben, sondern einen selbst positiv bestärken, die ihre Ideen ernst nehmen, sie nicht als „Hirngespinste“ abtun. Es gibt nichts Blockierenderes als Menschen, die aus ihrer persönlichen Lebenssituation heraus mit ihren Ängsten und Vorstellungen von der Umsetzung einer Idee abraten. Das gilt im Übrigen auch für Agenten!

Nr. 3: Echte Künstler lernen von anderen Künstlern

Schon der legendäre Bassist und Autor des Buches „The Music Lesson“, Victor Wooten, hat erkannt, dass das Jammen mit den Besten eine unterschätzte Bedingung für die Ausprägung und Entwicklung künstlerischer Talente ist. Und ja, wenn man gerade nicht den ein oder anderen prominenten Musiker oder eine talentierte Klavierlehrerin zur Hand hat, dann tut es auch eine CD oder der Song aus dem Radio oder die nächste Kunstausstellung. Auf die Verbindung zwischen persönlicher Erfahrung und Fähigkeit kommt es an.

Nr. 4: Echte Künstler entwickeln sich persönlich weiter

 „Unser Leben muss größer sein als unsere Kunst“, 

sagt Kreativitätsexpertin Julia Cameron. Noch vor allem anderen entwickeln sich Künstler persönlich weiter. Das heißt auch, dass sie ein Privatleben haben dürfen. Es gibt nichts Deprimierenderes als in der Blüte seiner Jahre immer nur dem nächsten Plattenvertrag oder Agenten hinterherzurennen. In vielen Fällen merkt man den Mangel an persönlichen Reichtum leider auch der Kunst an: sie wirkt dann nicht mehr originell, zehrt nur noch von schon bestehenden Ideen, wirkt im wahrsten Sinne des Wortes leblos. Viel zu oft wird vergessen, dass es das Leben ist, aus dem Kunst erst resultiert. Authentische Beziehungen abseits der „Küsschen links-Küsschen rechts“ Mentalität gehören dazu.

Nr. 5: Echte Künstler erkennen konstruktive Kritik und setzen sich mit ihr auseinander

Woran ich konstruktive Kritik erkenne? Sie ist weder diffamierend noch schmähend. Jemand der konstruktiv Kritik übt, hat sich mit ihrer Performance und ihrer Künstlerperson auseinandergesetzt und erklärt ihnen sachlich den betreffenden Punkt, macht ihnen Lösungsvorschläge. Wenn diese Punkte eingehalten werden, ist die Person des Kritisierenden eigentlich egal. Konstruktive Kritik ist leider selten, vor allen Dingen im Musikbusiness. In jedem Fall ist sie unerläßlich, um sich als Künstler stetig weiterzuentwickeln. Niemand lebt in einem autarken System.

Nr. 6: Echte Künstler konzentrieren sich auf das „WAS“ der Kunst, nicht auf das „WIE“

Echte Künstler konzentrieren sich auf die Schaffung des Werkes, nicht auf ihre Person. Sie benötigen keine Bühne um ein Künstler zu sein. Schon der Dichter Rainer Maria Rilke hat geschrieben, dass man ein Schriftsteller sei, wenn man den unerschütterlichen Drang habe zu schreiben. Davon zu unterscheiden ist aber die Frage „Möchte ich von meiner Kunst leben?“ Dann brauche ich eine Bühne und ein Publikum. Die Auswertung von Kunst erfordert einen Absatzmarkt, Menschen, die die Kunst vermitteln, und Kunden. In diesem Zusammenhang besteht die Gefahr, dass die Person des Künstlers zunehmend in den Vordergrund und der kreative Akt selbst in den Hintergrund rückt. Erfolge werden dann schnell nur noch an verkauften Tickets und angebotenen Deals gemessen. Echte Künstler verstehen, dass .. 

 “.. Künstler sein eine Frage des Bewusstseins ist.“ (Julia Cameron)

Nr. 7: Echte Künstler kennen ihre Grenzen

Als „Antennen des Volkes“, wie der amerikanische Dichter Ezra Pound die Künstler einmal nannte, balancieren sie ständig zwischen dem Alleinsein und der Gesellschaft hin und her. Als hochsensible Gattung Mensch brauchen sie nicht nur mehr Pausen, sondern vor allen Dingen Zeit, ihre gesammelten Ideen in entsprechenden Rückzugsphasen zu verarbeiten.

Nr. 8: Echte Künstler respektieren die Vielzahl ihrer Ideen

Ihre Ideen als solche sind grenzenlos. Bei jeder Gelegenheit sammeln Künstler Informationen, strukturieren im Kopf das nächste Kapitel oder machen aus der Quarte der Krankenwagensirene ihren nächsten Song. Künstler wissen, dass sie immer zu viele Ideen haben, die sie nur leider meistens nicht alle gleichzeitig bedienen können. Darum finden sie einen Weg, um die Ideen Stück für Stück fließen zu lassen, setzen Prioritäten, sind aber auch ständig auf der Suche nach einem übersichtlichen System, auf das sie zurückgreifen können.

Nr. 9: Echte Künstler wissen die Vielseitigkeit ihrer Talente zu schätzen

Echte Künstler definieren sich nie nur über ein Talent. Häufig erlauben sich viele Kreative nicht alle ihre Talente auszuleben, vielleicht weil bereits eines ihrer Talente etabliert ist, z.B. ist jemand Sänger, weil er eine starke Stimme hat, unterdrückt aber seit Jahren sein Talent zum Malen. Niemand ist nur Musiker oder nur Maler. Viele Schauspieler wagen später den Schritt hinter die Kamera, schreiben Drehbücher. Echte Künstler schaffen es über kurz oder lang all ihren Talenten Beachtung zu schenken und sie auch auszuleben. 

Nr. 10: Echte Künstler akzeptieren ihre Angst

Angst und Zweifel sind ein wesentlicher Bestandteil unserer Person, der uns immer wieder in einer riesigen Blase hält, die man allgemein hin auch „Komfortzone“ nennt. Echte Künstler akzeptieren, dass die Angst zum Leben dazugehört, aber sie schaffen es, diese Gefühle in die richtigen Bahnen zu lenken, in ihre Erfindungskraft. Sie schaffen es im entscheidenden Moment in sich zu gehen und kreieren nicht ohne Angst, sondern trotz der Angst. Weil es Wichtigeres gibt als die Angst!


Fortsetzung “20 Dinge, woran man einen echten Künstler erkennt (Teil 2)”

Cameron Diaz über Fame:

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