Rechtsanwältin Mag. Kosa, LL.M. im Interview mit CLP-JurCoach
Erfolg im Anwaltsberuf ist kein Zufall.
Ist es immer nur das Ergebnis harter Arbeit? Oder kommt es auch darauf an, das Richtige zur richtigen Zeit zu tun? Was ist das Geheimnis erfolgreicher Juristen? Worauf sollte man von Anfang an achten? Ergreift man wirklich jede Chancen? Und ist die Entscheidung für die Karriere tatsächlich eine Entscheidung gegen ein erfülltes Privatleben?
In unsere Reihe “Erfolg im Anwaltsberuf ist kein Zufall” stellen wir Ihnen Top-Juristen und ihr ganz persönliches Erfolgsrezept vor.
Mag. Monika Kosa, LL.M. (Dr.iur. in Ungarn) hat in Ungarn, Frankreich und Deutschland Jura mit dem Schwerpunkt Europarecht studiert. Nach der Tätigkeit bei Rödl&Partner in Budapest arbeitete sie bei Österreichs führender Kanzlei Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien.
Ich habe sie nach ihrem Erfolgsrezept gefragt:
Frau Mag. Kosa, LL.M., Sie haben sich nach Ihrer Tätigkeit als Rechtsanwaltsanwärterin bei Rödl&Partner in Budapest bzw. bei Österreichs führender Kanzlei Schönherr Rechtsanwälte GmbH jetzt bewußt für eine Familien- und Bildungspause entschieden. Bei Women in Law (Wien) haben Sie einen vielbeachteten Artikel dazu geschrieben, in welchem Sie für moderne und alternative Karrierewege auch für Top-Juristen plädieren.
Was haben Sie als Juristin erreicht und warum?
Neben meiner ersten Arbeitserfahrung bei Rödl&Partner in Budapest schloss ich das Studium der Gleichwertigkeit (Nostrifikation) an der Universität Wien ab, habe im Anschluss daran das Gerichtsjahr in Österreich absolviert und als Rechtsanwaltsanwärterin bei Schönherr im Bereich Corporate/M&A in Wien gearbeitet. Dabei haben mich die gute Infrastruktur, das professionelle Arbeiten auf hohem Niveau und die herausfordernden Fragestellungen mit internationalem oder europarechtlichem Bezug sehr begeistert. Ich habe für meinen Job wirklich gebrannt. Zu sehr. Und ich musste mich irgendwann zwischen meiner Gesundheit und meinem Privatleben auf der einen und meiner Karriere und diesem spannenden Job auf der anderen Seite entscheiden.
Ich habe mich bewusst für ersteres entschieden und eine Auszeit eingelegt, in der ich Familie gegründet und mich in verschiedenen Gebieten (juristische, aber auch andere Themen) weitergebildet habe.
Was mir mein privater sowie beruflicher Weg im Nachhinein zeigt ist, dass vieles nicht planbar und geplant war: mit der Entscheidung zur höheren Bildung habe ich meinem Leben zwar früh eine Richtung gesetzt, die einzelnen Weggabelungen ergaben sich aber Schritt für Schritt. Meine Geschichte ist ein gutes Beispiel dafür, dass das Leben (und dementsprechend auch die Berufsbahn) nicht linear, sondern organisch ist…
Wäre also die Entscheidung für die Karriere tatsächlich eine Entscheidung gegen ein erfülltes Privatleben gewesen?
In meinem Falle wäre das so gewesen, ja.
Bei vielen Kanzleien ist beispielsweise eine Art Alles-oder-Nichts-Mentalität zugunsten der Karriere tonangebend. Viele junge Juristen werden damit erst im Laufe der ersten Berufsjahre konfrontiert. Sie würden sich gerne gleichberechtigt und modern definieren, aber die häufig starren Strukturen erlauben das nicht. Meiner Meinung nach herrscht vielerorts immer noch ein sehr starres, veraltetes Bild davon vor, wie eine Karriere als Anwalt auszusehen hat.
So ist es beispielsweise in Österreich de facto immer noch nahezu ausgeschlossen, als Rechtsanwaltsanwärter in Teilzeit zu arbeiten.
Ich wollte das aber nicht so hinnehmen.
Mir war neben dem beruflichen Weiterkommen auch die Familiengründung und Zeit für Lebenserfahrung, Persönlichkeitsentwicklung wichtig. Auf Dauer wäre ich in meinem Beruf nicht glücklich gewesen, wenn ich im Hinterkopf immer gewusst hätte, diesen Teil meiner Persönlichkeit vernachlässigt zu haben.
Mit der Familien- und Bildungspause hatte ich endlich die Möglichkeit, meine Erfahrung, dass Bildung der Schlüssel für ein erfülltes Leben ist, nun auch mit weiteren Studien und Ausbildungen und ehrenamtlicher Arbeit zu untermauern.
Gerade bin ich dabei, eines meiner Herzensprojekte zu verwirklichen: die Gründung eines Kindergartens der besonders auf die Bedürfnisse von AnwältInnen zugeschnitten ist und damit dazu beiträgt, die institutionellen Rahmenbedingungen dafür zu verbessern, dass Wiener AnwältInnen zukünftig leichter die Balance meistern können, gleichzeitig gute AnwältInnen und gute Eltern zu sein.
Inspiriert hat mich dabei das Buch „Unfinished Business“ von Anne-Marie Slaughter, die dafür plädiert, unterschiedliche Lebens- und Arbeitsmodelle zuzulassen, Betreuungsleistungen anzuerkennen und in Carearbeit sowie Caregivers zu investieren. Die Pluralität der Arbeits- und Lebensentwürfe zu ermöglichen bedeutet einerseits den institutionellen Hintergrund auszubauen, um überhaupt Wahlmöglichkeiten zu erlauben. Anderseits wäre es an der Zeit, Fragestellungen auch im Anwaltsberuf zuzulassen wie etwa: Warum sollte man nicht in gewissen Lebensphasen mehr Zeit der Familie oder anderen persönlichen Themen widmen und dafür etwas später wieder voll durchstarten? Wenn wir bis Mitte 60 und noch darüber hinaus arbeiten können (wollen oder müssen) – warum müssen wir dann schon Mitte 30 die höchsten Sprossen der Karriereleiter erklommen haben?
Die Vereinbarkeit von Anwalts-Beruf und Familie sowie eine nachhaltige Karriere für Juristen werden mich zukünftig sicherlich nicht nur privat sondern auch beruflich beschäftigen. Sie dürfen gespannt sein!
Bitte nennen Sie Ihre drei ganz persönlichen Erfolgstipis:
Tipp 1: Work smart not hard! Achte auf Deine Gesundheit.
Zu Beginn meiner juristischen Laufbahn dachte ich noch, dass mehr Arbeit auch mehr Ergebnis bringt. Ich musste erst lernen, dass ab einem gewissen Zeitpunkt einfach die Produktivität und Qualität sinkt. Geistige Tätigkeit wie das Erarbeiten komplexer Lösungsvorschläge und das Schreiben von Stellungnahmen in komplizierteren Rechtsfragen, die auch kreatives, kritisches und divergentes Denken erfordern, braucht einen fitten Geist und häufig bringt es mehr, schlauer zu arbeiten, als einfach nur härter. Tipp Nr. 1 ist daher: work smart not hard. Nur wenn es Dir gut geht kannst Du auch langfristig volle Leistung bringen.
Tipp 2: Sei gelassen! Umwege gehören dazu.
Wir übersehen gerne, dass Erfolg vom Zusammenspiel vieler Faktoren abhängt. Glück ist sicherlich einer davon und auch zur richtigen Zeit das Richtige zu tun, aber auch einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Ein wichtiger und häufig unterschätzter Faktor ist der soziale Hintergrund (also zur richtigen Zeit im richtigen Milieu geboren zu sein). Vieles davon ist nicht beeinflussbar oder nur begrenzt planbar, aber man kann immer versuchen, das Beste daraus zu machen und die Möglichkeiten, die sich auf dem Weg auftun zu ergreifen. In meinem Fall war Bildung der Schlüssel für ein erfülltes Leben. Mein Wissensdurst hat mich sogar in fünf Länder Europas geführt, was für mich auch heute noch sehr wertvoll ist.
Mein Tipp Nr. 2 lehnt sich daher an das Gelassenheitsgebet an: Akzeptiere, was Du nicht ändern kannst, tue das, was Du tun kannst und versuche immer, das eine auch klar vom anderen zu unterscheiden.
Tipp 3: Entwickle stetig Deine Soft Skills! Sie sind Dein persönlicher Erfolgsschlüssel.
Mein Plädoyer: es müsste noch viel mehr gezieltes Training während des Studiums in Sachen nachhaltiger Karriereplanung und Lebensentwicklung angeboten werden. Fundiertes juristisches Wissen, Prädikatsexamen und gut klingende Abschlüsse sind häufig ein Vorteil beim Berufseinstieg aber sie sind nicht alles. Zu einem nachhaltigen Bestehen im Beruf bräuchte es mE sowohl an der Universität als auch während der Konzipientenzeit viel mehr Training in Soft-Skills, Themen der nachhaltigen Karriereplanung und gesunden Lebensentwicklung, zB Vereinbarkeitsfragen, Stressmanagement, Konfliktlösung, kooperative und lösungsorientierte Kommunikation. Auf individueller Ebene wäre sehr wichtig von Anfang an auf sich selbst zu achten: sich selbst zu kennen mit seinen Stärken und Schwächen, seiner Persönlichkeit, zu wissen, was man möchte und was einem wichtig ist und vor allem auch auf die eigene Gesundheit und langfristige Leistungsfähigkeit zu achten. Und da passiert auf dem Weg auch vieles: Raum und Zeit für Reflexion und Selbstaktualisierung ist immens wichtig. Da braucht es auch sehr viel Kompetenzförderung von Anfang an. Und unter „von Anfang an“ dürften wir ruhig die Schulzeit mitdenken: es wäre ein großes Umdenken in vielen Bereichen wichtig.
Vielen Dank.
Frau Mag. Kosa lebt mit ihrem Mann und ihrem Sohn in Wien. In den letzten Jahren beschäftigte sie sich mit Bildungsfragen und nachhaltiger Karriere (ua. engagierte sie sich neben ihrer Arbeit ehrenamtlich für die Förderung von Arbeiterkindern).
Ihr persönliches Lebensmotto lautet:
Das Leben ist bunt oder “Everything will be all right in the end… if it’s not all right then it’s not yet the end.”