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Heldin der Kindheit: Was geht eigentlich mit Bibi Blocksberg ab?

Sie hat uns gezeigt, dass Schuhe völlig überflüssig sind und zaubert uns zurück in Kindertage der 1990er: Bibi Blocksberg. Als echter Fan kenne ich alle Folgen auswendig und warte, neben der Eule von Hogwarts, jeden Tag auf den Moment in dem auch ich meine Hexkraft entdecke.

 

Bibi Blocksberg: Die Heldin meiner Kindheit

Im Jahr werden jetzt ungefähr vier neue Folgen von Bibi Blocksberg herausgebracht. Alle bauen auf der Grundstory, der vermeintlichen Familienidylle und klaren Rollenverteilung der 1980er Jahre auf. Ist das Frauen- und Männerbild der Hörspielreihe eigentlich noch zeitgemäß? Ich habe nachgehört und bin hin und hergerissen zwischen 
Nostalgie und Kritik.

Frauen sind die besseren Männer

Bei Blocksbergs haben Mama Barbara und Tochter „Bibi” (Achtung Funfact: Bibi ist kurz für Brigitte) die Hosen an. Die Männer können ja auch gar nicht Hexen – abgesehen vom kleinen Hexer Carlo in Folge 17. Schweres Los also schon mal.
Und obgleich die bedeutenden Ämter Neustadts – der Polizeichef, Ärzte und das Bürgermeisterchen – mit Männern besetzt sind, retten die Frauen täglich die Welt, haben die Macht des Übersinnlichen und behalten stehts einen kühlen Kopf in schwierigen Situationen – im Gegensatz zu den männlichen Protagonisten.

Die Familie Blocksberg 

Boris, der verschollene Bruder, über den man ab Folge 9 nichts mehr hört, und Bernhard der liebenswürdige aber dennoch von seiner Frau an der kurzen Leine gehaltene Vater haben zuhause nur selten etwas zu melden. Bernhard geht seiner „Rolle” als Familienvater nach und sorgt für den finanziellen Unterhalt, während Barbara „Hausfrau“ und aktive Hexe ist. Hält er ihr also den Rücken frei, damit sie sich ausleben kann, oder übernimmt sie Haushalt und Kindererziehung, damit er Karriere machen kann?

Bernhard ist definitiv eher spießig und wünscht sich ein „normales“ Leben, ohne Gossip für die Nachbarn. In Folge 20 geht Bernhard fremd und fliegt mit einer anderen Frau in den Liebesurlaub nach Mallorca, whoops. Welches Männerbild soll uns da vermittelt werden?

Barbara ist temperamentvoll und stolz „anders“ zu sein. Studium oder Ausbildung werden nie thematisiert, in Folge 55 nimmt sie die Stelle der Urlaubsvertretung für Pichler, den Assistenten des Bürgermeisters an und unterstützt: „Frauen in Neustadt“, eine emanzipierte Bewegung von Karla Kolumna, der rasenden Reporterin.

Ach, Karla <3

Über Karla Kolumna persönlich weiß man nicht viel, dabei redet sie eigentlich ununterbrochen. Das Markenzeichen der investigativen Reporterin ist natürlich ihr Roller mit dem sie immer vor Ort ist, wenn etwas „sensationelles” passiert. Von Uniformen und Titeln lässt sie sich nicht beeindrucken. Ihr Netzwerk ist unvergleichbar für Neustädter Verhältnisse und für sie steht der journalistische Auftrag an erster Stelle. Eine Karrierefrau möchte man sagen. Privatleben: Fehlanzeige.

Bibi 4.0: Wie würde Neustadt heute aussehen?

Würde man die Hörspielgeschichten komplett neu aufziehen wäre Barbara bestimmt alleinerziehend, vielleicht hätte sie eine Beziehung mit Tante Amanda und in einem Mehr- Generationen-Haushalt mit Hexen jeder Altersklasse leben. Bernhard wäre natürlich nach wie vor der Vater für Bibi, vielleicht hätte er eine neue Freundin, die ebenfalls ein Kind, eventuell adoptierter Transgender, mit in die Beziehung bringen würde. Bei denen würde Bibi dann die Ferien und Wochenenden verbringen. Karla würde E-Roller fahren und vegan leben, meditieren und gegen Impfungen sein.

Der Bürgermeister oder der Polizeichef wären definitiv Frauen, aber von mir aus ebenso unfähig. Oder vielleicht ein Paradebeispiel für die Vereinbarkeit von Kindern und Beruf: den Spagat zwischen Familie und Karriere perfekt meisternd. Vielleicht würde Moni, Bibis beste Freundin,Türkin sein und Marita zweisprachig aufwachsen, weil ihre Mutter Expat wäre. Florian wäre homosexuell und gerade in der Bootstrappingphase für sein zweites Startup.

Tina wäre im Schüleraustausch auf einer Ranch in Texas und Alex Youtuber. Flauipaui wäre Beauty-Bloggerin und Schubia auf Entzug. Die Folgen wären politisch korrekt und Whatsapp-Nachrichten würden mit Gedankenstimme vorgelesen werden.

Vielleicht würde Bibi ein Musically-Video aufnehmen und dabei ein Zitat von Donald Trump wählen. Frau Müller-Riebensehl würde Flüchtlinge als Interviewpartner in die Politikstunde einladen und das ganze per Instagram Stories teilen.

360° und es wird noch heißer

Bestimmt wäre die Hörspielreihe auch interaktiv und natürlich als Podcast auf Spotify. Es gäbe Live-Shows, Theaterstücke und Meet & Greets mit dem Hologram von Bibi auf Beautymessen. Bibi Blocksberg würde Snappen und mit ihrer Community interagieren. Dort würde sie dann auch manchmal über Produkte sprechen, Fotos aus ihrem Leben teilen und sich für mehr Bildung und Relevanz im Netz einsetzen.

Die Grenzen aus Hörspielwelt und realer Welt wären überschritten, denn Flauipaui wäre wirklich Bloggerin und Alex auch wirklich mit einem erfolgreichen Channel auf Youtube. Das Format würde also zu einer Mischung aus Reality Show/Vlog/Podcast/Politiksendung und Werbeplattform mutieren, denn irgendwie muss man heute ja überleben.

Ja, ich glaube die Zeit ist reif. Mit Modern Family-Themen ein Hörspiel cross-medial neu zum Leben erwecken. Á la Pokémon Go Nostalgie und aktuelle Trends nutzen und verbinden. Bibi Blocksberg ist bereit für eine Generalüberholung. 

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