Foto: Robert Schlesinger

Camilla Rando: „Eine regelmäßige ‚Date Night’ kann wahre Wunder bewirken“

Unternehmen müssen für arbeitende Eltern noch einiges verbessern. Darüber haben wir mit Mummy Mag-Gründerin Camilla gesprochen. Sie hat außerdem Tipps, wie man neben dem Elternsein auch noch ein Paar bleibt.

 

Arbeitende Eltern brauchen mehr Support

Als Camilla schwanger wurde, fand sie im medialen Angebot kaum etwas, das Mut machte und zu ihr passte. Weil sie anderen eine schöne Vorbereitung auf den neuen Lebensabschnitt wünscht, gründete sie kurzerhand mit Mummy Mag ein eigenes Blogazine, auf dem sie und mittlerweile drei weiteren Redakteurinnen sowie Gastautoren sich mit den unterschiedlichsten Aspekten des Elternseins auseinandersetzen.

Wir haben mit ihr über die Gründung und das Leben als arbeitende Mutter gesprochen. Außerdem natürlich auch darüber, was das Familienleben alles so an Abenteuern mit sich bringt.

Camilla, du hast Mummy Mag während deiner Schwangerschaft gestartet. Welche Themen hast du vermisst, die du dann mit deinem Blogazine abdecken wolltest?

„Als ich schwanger wurde, habe ich angefangen mich über all das, was auf mich zukommt, zu informieren. Leider war zu der Zeit die mediale Wahrnehmung des Mutterseins nicht unbedingt positiv besetzt. Es wurden hauptsächlich die Schwierigkeiten und Probleme thematisiert, die – ganz ehrlich – die Frauen eher vom Kinderkriegen abschrecken, als sie darin zu bestärken. Mir hat insgesamt der positive Tenor und die Information gefehlt, dass man seinen Lifestyle zwar anpassen, aber nicht komplett aufgeben muss. Klar, es ändern sich die Prioritäten und man muss Abstriche machen, aber das heißt nicht, dass man sein bisheriges Leben und berufliche Ziele komplett aufgeben muss. Und genau an diesem Punkt wollte ich angreifen und mit einem Mummy-Team lieber aufzeigen, was alles machbar ist, anstelle zu zeigen, was alles nicht mehr möglich ist.“

Du hast zuvor schon zwei weitere Blogs ins Leben gerufen. Wie findest du denn Zeit, um dich um alle Inhalte zu kümmern?

„Mit viel Motivation und wenig Schlaf (lacht)! Aber ernsthaft, es geht heute nicht mehr ohne die richtige Unterstützung. Ohne den richtigen Partner, die Familie, die Kinderbetreuung oder mein Mummy-Team würde ich das alles nicht schaffen. Es geht also nicht nur um eine gute Organisation, sondern oftmals auch den Support den man bekommt.“

Wie kamst du überhaupt zum Bloggen?

„Ich kam zum Bloggen wie die Jungfrau zum Kinde. Ich musste für meinen damaligen Kunden Blog.de Werbekonzepte schreiben, hatte aber keine Ahnung, was Bloggen eigentlich bedeutet. Also hab ich meinen ersten Blog gestartet und bin dabei geblieben.“

2013 hast du eine Tochter bekommen. Bist du nach der Elternzeit wieder in deinen Beruf eingestiegen?

„Ich habe durch die Gründung von Mummy Mag während der Schwangerschaft mit Helene nie ganz aufgehört zu arbeiten. Auch wenn ich es weniger als ‚Arbeit’, sondern mehr als Freiheit und Ausgleich zum Mama-Alltag empfunden habe und noch so empfinde. Trotzdem bin ich nach der Elternzeit erst einmal in eine Festanstellung gegangen. Es war ein tolles Angebot als Redaktionsleiterin eines Mama-Magazins und der Mut zur Selbstständigkeit hatte mir ehrlich gesagt noch gefehlt. Doch leider musste ich sehr schnell lernen, dass unflexible Arbeitszeiten einer jungen Familie das Leben sehr, sehr schwer machen und diese Zerrissenheit zwischen Arbeit und Familie einen wirklich fertig machen kann.“

Arbeitende Mütter haben oft mit einem schlechten Gewissen zu kämpfen. Stichwort: Rabenmutter. Verlangen wir zu viel von Müttern?

„Genau das ist es, was ich meine. Ich liebe es zu arbeiten und meine Arbeit gut zu machen. Ich will damit etwas erreichen. Aber natürlich hat mein Kind absolute Priorität. Und schon steckt man in der Zwickmühle. Wir Frauen verlangen auf alle Fälle zu viel von uns selbst: Wir wollen die perfekte Mutter, Partnerin und Freundin sein, Erfolg im Beruf haben, dazu noch Ernährungsgenies sein und Modelmaße haben. Da ist das Scheitern doch bereits vorprogrammiert. Der gesellschaftliche Druck von Außen macht es dann noch schwerer, wobei hier sehr viel Druck seitens der Frauen aufgebaut wird. Ich würde mir wünschen, dass wir Frauen und Mütter uns grundsätzlich viel mehr Anerkennung und Unterstützen entgegenbringen, anstelle über andere zu urteilen. Das würde es uns enorm erleichtern.“ 

Was müsste sich denn gesellschaftlich und von Seiten der Unternehmen ändern, damit es für Eltern leichter wird?

„Zuallererst sollte dringend das starre „9 to 5“-Denken aufgebrochen werden. Arbeitgeber sollten flexiblere Arbeitszeiten möglich machen, das gibt es bisher leider viel zu selten. Auch muss es endlich mehr Anerkennung und Unterstützung für arbeitende Mütter geben. Artikel wie kürzlich in der Brigitte „Mütter sind schlechte Arbeitskräfte“ haben meiner Meinung nach nichts mehr in der Medienwelt zu suchen. Klar, sie bringen erst einmal Traffic, aber letztlich ist es doch so, dass aus einer schlechten Mitarbeiterin keine gute wird, weil sie Mutter ist – aber aus einer guten Mitarbeiterin wird sicherlich eine noch bessere! Ich habe fünf Jahre mit vielen Müttern – darunter auch Saskia aus meinem Team – in Teilzeit zusammengearbeitet und war immer beeindruckt, was sie alles am Tag wegrocken können, ohne mal eine Pause zu machen. Heute weiß ich auch, wie das geht.“ (lacht)

Kürzlich habt ihr einen Blogpost zum Thema Elternschaft und Sex veröffentlicht. Ist das vielleicht die letzte Bastion, die man neben Vereinbarkeit von Beruf und Familie nicht mehr hinbekommt?

Den Artikel hat zum Glück Janine mit ihrem unglaublichen Wortwitz geschrieben. Aber ja, das Thema haben wir vier untereinander und mit Freundinnen schon häufiger diskutiert und ist natürlich allgegenwärtig. Dass Kinder eine Belastungsprobe für die Beziehung sind, ist uns klar, aber selbst in den besten Beziehungen ist der Sex nun mal nicht mehr der, der er sicherlich mal war. Da heißt es unbedingt sich ein paar Freiräume als Paar schaffen.“

Hast du vielleicht Tipps, wie man sich als Paar nicht verliert?

„Ja, manchmal ist das gar nicht so einfach, bei all den alltäglichen Herausforderungen mit Arbeit und Kids. Ich meine, wenn du am Abend erst einmal drei Tobsuchtsanfälle unter Kontrolle bekommen musst, weil das Kind nicht die Zähne putzen oder einen anderen Schlafanzug anziehen will und der Lieblingshase nicht aufzufinden ist, dann ist man nicht unbedingt in der besten Stimmung für Sex, oder? Ok, ich fand das früher verdammt klischeebelastet, aber eine regelmäßige ‚Datenight’ kann da wirklich wahre Wunder bewirken.“

Alle Eltern sind bemüht, ihren Kindern „das Richtige“ mit auf den Weg zu geben. Was würdest du sagen, ist das Wichtigste, das dein Kind von euch lernen soll?

„Im Kindergarten haben sie uns zu Beginn einen leeren Zettel mitgegeben, auf dem wir genau das ausfüllen sollten. Der Zettel ist bei uns bis heute leer… Es ist nämlich gar nicht so einfach, darauf zu antworten. Ich hoffe, dass Helene von uns lernt, Vertrauen in sich selbst und in den Rückhalt ihrer Familie zu haben. Sie soll sich nicht vor neuen Herausforderungen fürchten und dem Leben mit viel Offenheit begegnen.“

Und was hast du vielleicht von deinem Kind gelernt, dass die „alte Camilla“ nicht wusste?

„Das Muttersein hat mich sehr viel Geduld gelehrt und mein Leben – zumindest wenn wir Familienzeit haben – ungemein entschleunigt. Es ist unglaublich faszinierend zu erleben, wie Helene die Welt sieht und als Erwachsener lernt man auch die Dinge wieder anders wahrzunehmen und auf ganz andere Dinge im Leben zu achten. Natürlich wusste ich vorher auch nicht, wie sehr ich über mich hinauswachsen oder mit wie wenig Schlaf der Mensch auskommen kann – und wie viel Produktivität in zwei Stunden Mittagsschlafzeit passt! Unglaublich wozu man als Mutter oder als Eltern plötzlich fähig ist. Das sind quasi Superkräfte!“

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