Ein Team, das wirklich passt, ist für den Erfolg eines jungen Unternehmens entscheidend. Davon ist die Gründerin Jennifer Browarczyk überzeugt. Wie man so ein Team zusammenstellt, hat sie uns erzählt.
„Braucht das wirklich irgendjemand?“
Jennifer Browarczyks Marktplatz „Foreverly“ will die Hochzeitsbranche digitalisieren – denn die tickt bislang noch sehr analog. Im ersten Teil des Interviews haben wir mit Jennifer über Traditionen, Trends und das Umkrempeln der Branche gesprochen. Im zweiten Teil erzählt sie, wie sie ihr Team aufgebaut hat, was man macht, wenn man ungeeignete Mitarbeiter eingestellt hat und was sie in den Monaten seit der Gründung gelernt hat.
Dein beruflicher Hintergrund liegt vor allem in der Modebranche. Wie hattest du dann die Idee zur Gründung?
„Ich habe einen Inkubator für Startups in Südafrika organisiert und war etwa ein Jahr vor Ort. Die ganzen jungen Techunternehmen dort haben mich so geflasht. Weil ich beobachtet habe, wie kleine Ideen zu Webseiten, zu Traffic, zu Sales gewachsen sind. Dann war es für mich ganz klar, dass ich selbst etwas im Online-Bereich machen will. Und ich wollte etwas mit Leidenschaft machen. Ich fand Mode immer ganz toll, war aber auch froh, wenn ich eine Pause davon hatte. Mit dem Hochzeitsthema darf ich immer noch etwas von der Modewelt mit reinbringen, was mir Spaß macht, ich habe aber viel mehr die Möglichkeit, die Business-Seite mit reinzubringen. Wie sehen die Zahlen aus? Wie geht es dem Team? Sind die Investoren glücklich? Es ist eine größere Herausforderung. Als ich aus Südafrika zurückkam, war klar, dass nichts anderes in Frage kommt.“
Welche Frage hat dich bei der Gründung geleitet?
„Wo ist der Schmerz? Diese Frage habe ich mir immer wieder gestellt. Braucht das wirklich irgendjemand? Ich wollte nicht den Fehler machen, dass ich etwas gründe, das niemand braucht. Das hab ich viel zu oft gesehen in meinem Freundeskreis. Ich bin ein großer Fan vom Scheitern – denn das macht einen stärker. Aber ich wollte sicher sein, dass ich ein Produkt baue, das gebraucht wird. Wenn es dann nicht klappt, kann ich wenigstens sagen: Es lag an anderen Dingen und nicht an der Idee. Ich glaube, es gab auch im deutschsprachigen Raum schon ähnliche Versuche, so etwas zu machen wie wir mit Foreverly, aber ich glaube, es war zu früh. Die Leute waren noch nicht so online, wie sie es heute sind.“
Haben deine Investoren diesen ,Schmerz’ auch gesehen?
„Ja. Unsere Investoren glauben sehr stark an die Idee. Bei einem Marktplatz wissen sie aber auch, dass man den Return on Investment nicht so schnell sieht. Das dauert mehrere Jahre, aber dass so ein Modell funktioniert, ist ja bewiesen. Viele Investoren, mit denen ich gesprochen habe, haben entweder in letzter Zeit selbst geheiratet oder haben Freunde, die heiraten. Alle verstehen: Da ist ein Problem. Es muss gelöst werden. Und keiner hat sich bislang komplett damit auseinandergesetzt.“
Wie ist euer Monetarisierungsmodell?
„Aktuell kommen die Umsätze nur über die Dienstleister, die für Leads bezahlen. Die App für die eigentlichen User, die wir im Juli launchen, wird kostenlos sein. Die ist wichtig, da ein sehr großer Teil des Traffics über Mobile kommt. Sie soll ein Tool sein für die komplette Planung, auch für die finanzielle Seite der Hochzeit.“
Jennifer Browarczyk hat lange als Projektmanagerin und in der Modebranche gearbeitet.
Du hast ganz allein gegründet – ohne Mitgründerin. Wer ist dein Sparringspartner?
„Mein ganzes Team. Sie stehen alle ganz stark an meiner Seite. Für mich war in Kapstadt, als ich Bewerbungen von Startups durchgegangen bin, immer das Team entscheidend, ob es dann für den nächsten Schritt reichen würde. One-Man-Shows haben wir nie in Betracht gezogen. Ich habe einen Mitgründer gesucht und suche auch immer noch. Wir sind noch jung, es kann ja noch viel passieren. Aber ich dachte mir: Bevor ich die falsche Person mit reinnehme, mache ich es allein. Es ist ja wie eine Ehe!“
Wer berät dich noch?
„Ich habe zum Glück in meinem Freundeskreis viele Leute, die schon gegründet haben. Mit ihnen kann ich diskutieren. Ich habe Mentoren. Wenn ich mir am Ende des Tages nicht sicher bin, ob ich das oder das machen soll, sind genug Leute da, die ich fragen kann. So ein Netzwerk ist super. Zeitgleich mit mir haben mehrere Freunde von mir auch gegründet. Es ist toll zu beobachten, wie es bei allen vorangeht.“
Wie hast du dein Team zusammengestellt?
„Damit eine Firma funktioniert, muss ein Team 100 Prozent passen. Besonders am Anfang. Ich habe teils durch Anzeigen, teils durch Empfehlungen mein Team zusammenstellen können. Meine allererste Praktikantin, die mich in der Konzeptionsphase unterstützt hat, ist jetzt fertig mit dem Studium und auch gleich dazugekommen. Es ist super, wenn man Leute dabei hat, mit denen man schon gearbeitet hat. Wir haben auch eine Hochzeitsfotografin dabei. Ich versuche, eine gute Mischung zu haben. Wichtig ist, dass die Leute verstehen, dass wir ein Startup sind und was das bedeutet. Also: In zwei Wochen kann sich schon mal alles ändern. Sie müssen bereit sein, neue Dinge auszuprobieren.“
Kann man da bei einer Personalentscheidung mal falsch liegen?
„Ich habe schnell viel über den Hiring-Prozess gelernt und ich habe auch schon die falsche Person eingestellt. Das hat die komplette Atmosphäre verändert, weil es nicht gepasst hat. Ich habe mich eine ganze Zeit lang gefragt: Was ist los? Und es erst nach vier, fünf Wochen gemerkt. Es gibt ja diesen Spruch: ‘Hire fast, fire fast’. Das muss man in dieser Anfangsphase machen, weil der Teamgeist so wichtig ist.“
Was hast du daraus gelernt?
„Ich werde nie wieder jemanden ins Team reinbringen, ohne einen Probetag mit der Person gemacht zu haben. Das sagt jetzt auch das Team. In einem Bewerbungsgespräch kann man nicht alles über die Person herausfinden, was für das Team und die Firma wichtig ist. Wenn man einen kompletten Tag mit ihr verbringt, geht das. Das ist für beide Seiten ganz wichtig. Die neue Person muss ja auch wissen, worauf sie sich einlässt. Ich wünschte, ich hätte das von vornherein so gemacht. Es wäre toll, wenn das überall in der Arbeitswelt so wäre.“
Ist es Zufall, dass ihr nur Frauen seid?
„Ja, es war keine Absicht. Ich bin überzeugt davon, dass die besten Teams gemischt sind, auch altersmäßig. Andererseits finde ich auch, man sollte immer die beste Person für den Job einstellen, die man findet. Wenn das dann wieder eine Frau war, war es mir irgendwann egal. Aber ich habe auch Männer interviewt! Sie konnten sich aber nie richtig mit dem Thema identifizieren, und ich brauche Leute, die 100 Prozent hinter der Idee stehen. In der nächsten Phase bewerben sich aber hoffentlich auch wieder Jungs.“
Wie sieht eure tägliche Arbeit aus?
„Wir machen jeden Morgen ein kurzes Meeting: Progress, Plans, Problems. Jeder darf maximal fünf Minuten reden und nicht länger. So sind wir dann alle im Bilde. Wir setzen uns kleine Ziele, damit wir den Überblick nicht verlieren. Es kann so überwältigend sein. Wenn man nicht die kleinen Sachen trackt und auch mal feiert, vergisst man, dass man Fortschritte macht. Es ist so schön zu sehen, wie die klitzekleinen Sachen sich zu etwas entwickeln.“
Was hast du nach den ersten Monaten gelernt?
„So viel! Ich habe viel besser gelernt, auf mein Bauchgefühl zu reagieren. Wenn irgendwas nicht funktioniert, musst du es schnell ändern. Man hat nicht die Zeit, drei Monate abzuwarten. Man hat als junges Unternehmen ein halbes Jahr Zeit, sich zu beweisen. Man muss lernen, auf sich zu hören und keine Angst haben, neue Sachen auszuprobieren. Ständig mit dem Team sprechen und nicht sagen: Vielleicht ist heute ein schlechter Tag. Sondern dann etwas anderes ausprobieren. Eine E-Mail anders formulieren zum Beispiel. Einen anderen Ansatz, an den man noch nicht gedacht hat. Ich würde den Rat jedem Gründer geben: Den Mut haben, Sachen auszuprobieren. Nur so findet man heraus, was ein Markt braucht und was funktioniert. Man kann natürlich viele Bücher lesen oder viele Blogs, das mache ich auch. Aber es gibt kein Rezept. Sonst hätten es schon alle gemacht. Wir müssen uns fragen: Was ist jetzt – diesen Monat – der beste Weg, unsere Kunden zu erreichen? Es kann im nächsten Monat auch wieder anders sein. Da muss man flexibel genug sein, aber trotzdem fokussiert bleiben – das habe ich auch gelernt.”
Hast du auch etwas über dich selbst gelernt?
„Ich kann mit wenig Schlaf klarkommen (lacht). Ich habe auch gelernt, wieder mehr Zeit mit meinen Freunden zu verbringen. Ich habe eine Zeit lang gedacht, dass ich als Gründerin keine Zeit haben darf, weil man einfach busy ist. Aber du darfst nicht vergessen, wer deine echten Freunde sind. Denn man hat auch harte Momente, und man wird dann Freunde brauchen. Man muss eine gesunde Balance finden, auch mal ein paar Tage frei machen. Das habe ich noch nicht gemacht, ich habe es aber vor, nachdem wir die App gelauncht haben.“
Arbeitest du am Wochenende?
„Ja. Klar!“ (lacht laut)
Was hättest du gern vorher gewusst, was dir niemand gesagt hat?
„Es ist unglaublich wichtig, wenn man auf Investorensuche ist, zu wissen, welche Investoren man reinbringen will. Mit welchen Kenntnissen und welchem Know-how. Ich habe zwei Investoren gewinnen können, die viel Erfahrung mit Marktplätzen haben. Und das ist Gold wert, denn ich kann jederzeit fragen. Es gibt auch Investoren, die tolle Portfolios haben, aber keine Ahnung, wie du das Geschäft aufbaust. Wenn man kann, sollte man Leute finden, die auch Sparringspartner sein können. Dann ist man selbst glücklicher und die Investoren haben auch das Gefühl, sie können die Reise des Unternehmens besser begleiten.“
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