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Waxing für 12-Jährige – Geht’s noch?

Eine Enthaarungs-Studio-Kette will mit einer Marketing-Aktion nun auch Kinder ansprechen. Der Claim: Sie sollen sich endlich in ihrer Haut wohlfühlen.

 

Nicht jede Zielgruppe ist sinnvoll

Liebes Wax-in-the-City-Marketing-Team, heute Morgen war ich in einem eurer Studios in Berlin und mein Blick fiel auf eine Broschüre, die in einem Blumentopf aus Plastiksteinchen lag (dass ich diese Dekoration nicht verstehe, ist eine andere Geschichte). Auf der Rückseite befand sich euer Angebot für Teenies zwischen 12 und 17 Jahren – was genau genommen nicht einmal ein Teenie ist, denn ein Teenie wird man erst mit 13, davor ist man also noch: ein Kind! 

Ein blondes, junges Mädchen, mit Duckface, schaute mich auf der Vorderseite mit gekreuzten Armen an und fragte: „Warum soll ich mich erst mit 18 wohl auf meiner Haut fühlen?“ Ernsthaft, liebes Wax-in-the-City-Marketing-Team? Ihr glaubt wirklich, man kann sich nur nach einer Enthaarung wohlfühlen? 

Der Flyer der Waxing-Studio-Kette. (Foto: Jolki Palki)

Der Preisunterschied zu einem gewöhnlichen Waxing für über 17-Jährige liegt bei sieben Euro, Brazilian Waxings werden laut Broschüre erst ab 16 Jahren angeboten, vor dem ersten Waxing ist von jedem minderjährigen Kunden eine unterschriebene Einverständniserklärung der Erziehungsberechtigten vorzulegen. Die Preisliste richtet sich an „teens her“, aber auch an „teens him“. Wie erreicht diese Werbung ihre Zielgruppe? Sehen Mütter und Väter diese Broschüre in einem eurer Studios und denken: „Ah, super, ich habe letztens im Schwimmbad gesehen, dass Alexandra (12,5 Jahre alt) Haare da unten bekommen hat, ich bringe ihr das mal mit“ oder „Ui, Maximilian (13 Jahre alt) hat jetzt seine erste Freundin, bestimmt wird sie ihn nur mit gewaxtem Bauch lieben, ich werde ihm davon erzählen und vielleicht einfach beide das nächste Mal mitbringen“? 

Ich kann mir diese Situation schwer vorstellen. Sollte die Information doch an die Zielgruppe gelangen, stellt sich mir auch schon die nächste Frage: Welcher Junge unter 18 Jahren würde wirklich in eines eurer Studios gehen, wo zwischen Wartebereich und Empfangsschalter nicht einmal eine Schrittlänge Distanz ist und wirklich alle bei der Anmeldung bereits wissen, welches Waxing inklusive der Pofalte man heute bekommt? Soweit ich mich erinnern kann, ist alles, was mit Haaren, Pickeln und Gerüchen in der Pubertät zu tun hat, peinlich und wird versteckt. Oder gehen die unter 18-Jährigen gar mit ihren Eltern zum Waxing?

Vielleicht liegt diese Altersgruppe so weit von mir entfernt, dass ich nicht weiß, was sie beschäftigt. Und nicht selten liest man über frühpubertäre Kinder und 13-jährige Eltern. Aber brauchen wir heute wirklich Waxing ab 12? Ab einem gewissen Alter verspürte ich den Wunsch, an bestimmten Stellen glatt und haarlos zu sein und sich nicht mehr mit Rasurpickeln und Rasurbrand abzumühen. Aber hätte ich mir während der Schule ein Waxing von 30 Euro leisten können? 30 Euro (wenn nicht noch weniger) waren mein Taschengeld für einen Monat, später habe ich Nachhilfe gegeben und in der Schulbäckerei ausgeholfen. Davon habe ich mir manchmal ein Top von H&M oder einen günstigen Nagellack gegönnt, oder eine Kinokarte oder ein gutes Buch, um dann wieder dem neuen Monat entgegenzufiebern. 

Gilt dieses Teenie-Angebot also nur für reiche Kids aus Berlin-Zehlendorf, Hamburg Eppendorf oder München Schwabing? Ich zumindest habe noch nie einen Teenie im Wartebereich in einem eurer Waxing-Studios gesehen. Schon für mich kostet es Überwindung, vor einer fremden Person die Beine zu spreizen und unter einer Neonröhre jede kleinste Körperfalte freizulegen. Wie empfinden Teenies diese Stellung? Gibt es bald auch Waxing-Sprechstunden, so wie es die zum Glück in Gynäkologie-Praxen gibt? 

Liebes Wax-in-the-City-Marketing-Team, führt doch lieber Rabatte ein. Für Erwerbslose, Menschen mit Behinderung, Studierende und ältere Schülerinnen und Schüler, Asylsuchende, Rentnerinnen und Renter und Wohnungslose. Aber nicht für Kinder zwischen 12 und 17 Jahren. Haare sind etwas Natürliches, nicht Ekeliges. Lasst Kinder und Teenies selbst – ab einem deutlich höheren Alter! – entscheiden, ob sie ihre Haare behalten möchten oder nicht. Schreibt ihnen doch nicht vor, wie sie sich wohlzufühlen haben. Oder kann man sich als Kind nur ohne Haare wohlfühlen?!

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