Foto: Unsplash | Pan Xiaozhen

Kreativ sind wir alle – doch die Schule trainiert es uns ab

Lesen, rechnen, schreiben – in der Schule geht es klassisch zu. Wir sollen lernen, um zu bestehen. Zuhören, um zu verstehen. Eine ganz wichtige Sache bleibt dabei allerdings auf der Strecke: unsere Kreativität.

Was bedeutet „unkreativ“ überhaupt?

Ist von der Kreativbranche die Rede, denkt man schnell an Kunst, Design und Mode. Die Annahme, dass jedoch nur die Berufe, die handwerkliche Aktivitäten erfordern, kreativ sind, ist eine klare Fehlinterpretation. Denn gibt es überhaupt Branchen, die unkreativ sind? Die keine Innovationen schaffen und in ihren alten unkreativen Mustern verhaftet bleiben?

Die Welt ist im Wandel, die Branchen sind im Wandel. Kreativität, also Innovationen zu schaffen und das Unternehmen mit der Zeit weiterzuentwickeln, ist essentiell, wenn man im Wettbewerb mit konkurrierenden Unternehmen weiter bestehen will.

Wenn ich doch nur kreativ wäre …

Sätze wie „Ich würde das auch gerne können, aber ich bin einfach nicht kreativ genug“ vermitteln den Eindruck, Kreativität wäre Talentsache und eben nicht jedem auf dieser Welt vergönnt. Dabei ist das purer Unsinn. Ich erinnere mich noch gut an die erste Stunde unserer Chor-AG in der Schule, in der der Lehrer gleich zu Beginn deutlich machte:

„Singen kann jeder. Und, wenn jemand hier anderer Meinung ist, beweise ich ihm das Gegenteil.“

Recht hat er. Und genauso wie jede*r singen kann, steckt in jedem*r genügend Kreativität. Man muss sie lediglich zulassen und trainieren.

Nur ist eben genau das das Problem. Denn in dem Alter, in dem wir uns in unserer Kreativität weithin austoben sollten, sind wir in der Schule. Und dort passiert bisher genau das Gegenteil: Wir lernen Vokabeln, pauken Matheformeln ohne Ende, wälzen Fachliteratur von der einen Seite auf die andere. Selbst Kunst und Musik sind meistens verschult und oft die ersten Fächer, die bei Lehrermangel vom Stundenplan gestrichen werden. Das einzige „künstlerische“ Talent, was uns beigebracht wird, ist, genug zu lernen, um die nächste Prüfung zu bestehen. Wir werden darauf konditioniert, zu beobachten, zuzuhören und unseren Lehrer*innen das zu geben, was sie erwarten. Und wehe, da traut sich jemand, zu weit „outside the box“ zu denken.

Gegen die Konformität

Diese antrainierte Konformität wird uns spätestens in der Arbeitswelt zum Verhängnis. Denn kreativ sind wir nach Abschluss der Schule vermutlich nicht, dafür jedoch konform. Wir hüpfen von einem Meeting ins nächste, erledigen die Dinge, die von uns erwartet werden und werden viel zu selten dazu ermutigt, „outside the box“ zu denken und uns an komplett Neues zu wagen. Das Ergebnis, das auch Autor Tham Kai Meng in seinem Artikel für den „Guardian“ deutlich machte: Die meisten Führungskräfte sind Asse im Business-Bereich, vergessen dabei jedoch, dass eine gute Führungskraft nicht nur Business Leader, sondern auch Creative Leader sein sollte. Sprich: Er*Sie sollte die kreativen Prozesse innerhalb des Unternehmens fördern und Raum schaffen für Innovationen. Denn das Business-Konzept kann noch so gut sein – auf lange Sicht wird es nur funktionieren, wenn das Unternehmen bereit ist, sich den Veränderungen der Zeit anzunehmen und Business mit Innovation zu kombinieren.

Gerade in einer Welt, in der unserer Handgriffe mehr und mehr von Maschinen übernommen werden, müssen wir uns die Fähigkeit erhalten, die uns die Maschinen bisher nicht nehmen können: quer zu denken und Dinge zu kombinieren, die zuvor unvorstellbar waren. Warum nutzen wir Meetings also nicht nur, um Angelegenheiten zu besprechen, die das Tagesgeschäft betreffen, sondern genauso, um Ideen weiterzuspinnen, naiv, innovativ und unkonventionell zu sein? Denn vielleicht entsteht aus dem Input vieler kreativer Leute vielleicht ein Produkt, Service oder Projekt, das es so zuvor noch nie gegeben hat.

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