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Mit einem Literaturstudium findest du später bestimmt keinen Job? Von wegen!

Du hast eine Leidenschaft für Sprachen und Literatur, denkst aber, dass du lieber etwas „Vernünftiges“ machen solltest – sonst findest du später keinen Job? Hannah Zirkler vom mairisch Verlag erzählt uns, wie sie diesem Irrtum auf die Schliche kam.

 

„Ich fühlte mich nie in der Luft hängend

Du studierst Literaturwissenschaft und Französisch? Aber du willst keine Lehrerin werden? Was willst du denn dann später damit anfangen? Fragen, die man als Geisteswissenschaftler nur zu gut kennt. Dass man sehr wohl etwas mit einem Sprachen-Studium anfangen kann und worauf es in der Verlagsbranche ankommt, hat uns Hannah Zirkler vom mairisch Verlag erzählt.

Hannah Zirkler: „Ich hatte das Gefühl, dass ich etwas ‚Vernünftiges’ machen sollte.“ (Quelle: mairisch)

Was wolltest du als Kind gerne werden?

„Wie wahrscheinlich jedes Kind hatte ich damals verschiedene Phasen. In der einen wollte ich unbedingt Tierärztin werden, dabei habe ich eigentlich Angst vor Hunden. Dann wollte ich eine Weile Floristin werden. Gelesen habe ich damals auch schon sehr viel, aber ich habe nie wirklich darüber nachgedacht, dass man mit Literatur auch einen Job verbinden kann. Schließlich festigte sich bei mir der Wunsch Hebamme zu werden.

Bei Vorstellungsgesprächen an Hebammenschulen sagte man mir dann aber, ich sähe zu jung aus und solle noch ein Jahr mit der Ausbildung warten und dann kam irgendwie alles doch anders.“

Stattdessen hast du dich für ein Studium entschieden?

„Erst einmal bin ich nach dem Abitur für ein Jahr nach Paris gegangen. Ich bin sehr ländlich aufgewachsen und wollte einfach mal raus in die Welt. In Paris habe ich dann richtig Französisch gelernt und meine Leidenschaft für Sprachen und andere Kulturen entdeckt.

Ich habe also geschaut, welche Studienfächer es im Bereich Sprachen gibt. Lehrerin wollte ich nicht werden, aber ich hatte das Gefühl, dass ich etwas ‚Vernünftiges’ machen sollte. Deshalb entschied ich mich für den Studiengang ‚Moderne Fremdsprachen, Kulturen und Wirtschaft’ an der Universität Gießen. Ich studierte also Französisch, Englisch und BWL und etwas Spanisch. Aber BWL lag mir so gar nicht. Für den Master wechselte ich dann nach Würzburg, um dort deutsch-französische Literaturwissenschaften zu studieren.“

Hattest du mit dieser Fächerkombination schon eine konkrete Vorstellung, in welche berufliche Richtung es gehen soll?

„So genau wusste ich es damals noch nicht. Während meines Bachelors besuchte uns einmal eine Literaturagentin und stellte ihren Beruf vor. Das fand ich sehr spannend und da realisierte ich auch zum ersten Mal, dass man tatsächlich mit Büchern und Literatur arbeiten kann. Ich hatte aber damals noch keine Ahnung, wie genau ein Verlag funktioniert und welche Jobs es dort gibt. Das wollte ich dann mit Hilfe von Praktika herausfinden.“

Wo hast du deine Praktika dann absolviert?

„Ich wollte ein Praktikum in einem Verlag machen, was aber zunächst furchtbar schwer zu bekommen war. Jeder Verlag wollte schon Vorkenntnisse, die ich aber natürlich noch nicht vorweisen konnte. Das war sehr frustrierend. Schließlich hatte ich aber Glück und der Argument Verlag in Hamburg nahm mich als Praktikantin im Lektorat- das öffnete mir viele Türen.“

Inwiefern haben sich dadurch weitere Chancen ergeben?

„Die Verlegerin beim Argument Verlag empfiehl mich an eine Literaturagentur weiter und die dann an den Arena Verlag. Durch diese Kontakte konnte ich sehr schnell Erfahrungen in verschiedenen Bereichen sammeln. Ein besonderes Highlight für mich war meine Teilnahme an dem deutsch-französischen Austauschprogramm für junge Buchhändler und Verlagsmitarbeiter. Ich durfte drei Monate in dem kleinen Pariser Verlag Cambourakis Erfahrungen sammeln und lernte so auch einmal die Abläufe eines französischen Verlags kennen.“

Ich stelle es mir aber auch sehr anstrengend vor, so viele Praktika zu machen – zumal sie gerade im Verlagswesen häufig unbezahlt sind. 

„Anstrengend war es auf jeden Fall und keines meiner Praktika wurde
bezahlt. Das ist leider so in diesem Bereich. Ich habe glücklicherweise
für mein gesamtes Studium Bafög bekommen, das war eine große Stütze für
mich. Nebenbei habe ich trotzdem noch in einer Bar gejobbt und Nachhilfe
gegeben, anders ging es leider nicht.

Aber auch wenn es stressig war,
war es das trotzdem wert. Durch die Praktika habe ich gemerkt, dass
es viele spannende Bereiche in Verlagen gibt und ich hatte die
Möglichkeit viele nützliche Kontakte zu knüpfen, die noch heute
bestehen. Dafür habe ich gerne Semesterferien geopfert und die Praktika
noch neben der Uni gemacht. Mich hat das alles darin bestärkt, dass ich
auf dem für mich richtigen Weg bin und sich die Mühe lohnt.“

Inzwischen hast du die Zeit der Praktika hinter dir gelassen. Wo arbeitest du nun?

„Seit etwas mehr als einem Jahr arbeite ich nun im mairisch Verlag in Hamburg. Schon bevor ich dort anfing habe ich fast jedes dort erschienene Buch gelesen und war ein großer Fan des Verlags. Nun bin ich dort Volontärin, womit ein Traum für mich in Erfüllung geht. Während meiner Praktika habe ich gemerkt, dass ich gerne in einem kleineren Verlag arbeiten möchte. Dort hat man das Gesamtgeschehen besser im Blick und die Aufgaben sind etwas vielseitiger.“

Welche Aufgaben gehören dort zu deinem typischen Arbeitsalltag?

„Ich kümmere mich um die Organisation der Lesungen unserer Autoren, helfe bei der Pressearbeit und im Lektorat und baue unseren Lizenzbereich weiter aus. Ich darf aber auch bei Coverentscheidungen dabei sein und helfe bei der Betreuung unseres Webshops und bei den ganz alltäglichen Dingen die so anfallen.“

Was gefällt dir besonders an dem Job?

„Besonders toll finde ich die Vielseitigkeit meiner Arbeit. Ich bekomme jeden Schritt auf dem Weg zur Buchveröffentlichung mit und darf dabei helfen. Spaß macht mir besonders das Lektorat und der Aufbau des Lizenzbereichs. Aber auch die Pressearbeit ist spannend und ich lerne immer mehr dazu.“

Wenn du noch einmal studieren könntest, würdest du dich wieder für ein Sprachen-Studium entscheiden?

„Ich würde auf jeden Fall wieder die gleiche Richtung einschlagen, mir aber definitiv BWL im Bachelor sparen, damit habe ich mich nur gequält. Aber ja, Sprachen und Literaturwissenschaft war für mich das richtige Studium und ich würde es wieder studieren.

Das Studium war für mich eine sehr schöne Zeit, ich konnte mich in Ruhe mit Themen beschäftigen, die mich interessieren und mich auch unipolitisch engagieren.“

Gab es dennoch manchmal Momente, in denen du an deiner Entscheidung gezweifelt hast?

„Ja klar. Allein schon, dass ich zu Anfang meines Studiums dachte, ich müsste noch etwas Vernünftiges dazu studieren, sonst könne nichts aus mir werden. Auch während ich so viele Absagen für mein erstes Verlagspraktikum bekommen habe, habe ich sehr gezweifelt. Es gibt so viele qualifizierte Geisteswissenschaftlicher da draußen, da bekommt man schnell das Gefühl, immer noch mehr als die anderen machen zu müssen, um am Arbeitsmarkt überhaupt eine Chance zu haben.“

Welche Tipps würdest du anderen geben, die Lektorin werden möchten oder Zweifel haben, ob ein Literaturstudium das Richtige ist?

„Mir hat es sehr geholfen, mich recht früh umzuhören, welche Möglichkeiten man als Geisteswissenschaftler hat und mit Hilfe der Praktika herauszufinden, welcher Bereich mir liegt. Das gab mir ein handfestes Ziel und ich fühlte mich nie wirklich in der Luft hängend.

Gerade im Bereich Literatur sind Praktika und anderes Engagement einfach sehr wichtig, um ein individuelles Profil zu bekommen und sich etwas von der Masse abheben zu können. Dass das viel Zeit und Herzblut fordert ist natürlich klar. Wichtig ist auch, offen allen und allem gegenüber zu sein, denn oft sind es kleine Gespräche oder Dinge, die große Türen öffnen.

Bei mir hat sich vieles einfach irgendwie ergeben und ich glaube, wenn man es zu verbissen versucht und es nur für den Lebenslauf und nicht aus Interesse an der Sache selbst macht, merkt man das schnell.“

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