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Neues Gesetz zur Lohntransparenz: Erfahren wir jetzt, wie viel unsere Kollegen verdienen?

Seit dem Wochenende ist ein neues Gesetz zur Lohntransparenz in Kraft – aber können wir jetzt wirklich konkret herausfinden, ob unsere Kollegen mehr verdienen als wir selbst? Und wem nützt das Gesetz überhaupt?

 

Neues Gesetz, mehr Transparenz?

Der Name klingt abschreckend und kompliziert (Entgelttransparenzgesetz), das neue Gesetz zur Lohntransparenz hat aber eigentlich gute Absichten: nämlich die in Deutschland immer noch enorme Gehaltslücke zwischen Männer und Frauen zu schließen. Seit dem 6. Januar 2018 ist das Gesetz in Kraft (eigentlich sollte das schon im Sommer des vergangenen Jahres passieren, aber vielleicht, weil es so kompliziert ist, wurde den Unternehmen noch ein halbes Jahr Schonfrist gewährt, um sich gebührend darauf vorzubereiten), jedenfalls ist wichtig zu wissen:

– Seit dem 6. Januar 2018 kannst du erfahren, wie viel andere Mitarbeiter in deinem Unternehmen verdienen, allerdings nur, wenn einige Voraussetzungen gegeben sind, die wichtigste und damit für viele schon das K.O.-Kriterium: Dein Unternehmen muss mehr als 200 Mitarbeiter haben – das trifft derzeit in Deutschland auf 18.000 Betriebe zu. 14 Millionen Menschen in Deutschland können also einen Antrag stellen, die anderen 26 Millionen, die in kleineren Firmen arbeiten – nicht.

– Das Gesetz sieht vor, dass man sich nur über das Gehalt von Kolleginnen und Kollegen informieren kann, die eine ähnliche Tätigkeit ausüben wie man selbst. Solltest du also zum Beispiel Sachbearbeiter sein, kannst du dich nicht darüber informieren, wie viel deine Abteilungsleiterin verdient. Die Arbeit der Kollegen muss „gleichwertig“ sein, um die Gehälter abfragen zu können; „gleichwertig“ bedeutet zum Beispiel, dass die Kollegen sich gegenseitig ersetzen könnten – wer es genau wissen will, dem sie diese Broschüre des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend empfohlen.

– Auskunft gibt anonym der Betriebsrat. Man kann sich auch direkt an die Personalabteilung wenden – dann aber nicht anonym. Ein Antrag muss schriftlich, also per Brief oder E-Mail, gestellt werden. Du kannst dich nicht nur nach dem Gehalt erkundigen, sondern auch nach Jahresboni oder Dienstwagenregelungen fragen.

Es geht nicht um das Gehalt eines bestimmten Kollegen

– Man kann nicht das Gehalt eines bestimmten Kollegen oder einer bestimmten Kollegin abfragen. Vielmehr ist es so, dass so genannte Vergleichsgruppen gebildet werden: Der Betriebsrat muss einen Mittelwert des Gehalts von mindestens sechs Kollegen des anderen Geschlechts offenlegen; diese Kollegen müssen wie bereits erwähnt einer „gleichwertigen“ Tätigkeit nachgehen wie man selbst.

Das bedeutet: Je kleiner das Unternehmen ist, in dem du arbeitest, und je höher die Hierarchieebene, auf der du arbeitest, desto geringer ist die Chance, dass es genug Kollegen gibt, um diese Vergleichsgruppe zu bilden – ohne ausreichend große Vergleichsgruppe gibt es keine Auskunft.

– Dieser Mittelwert aus den Gehältern der sechs Kollegen wird nicht, wie man meinen könnte, aus dem Durchschnitt gebildet (dafür würde man alle sechs Gehälter addieren und die Summe durch sechs teilen). Angegeben wird der sogenannte Median: Der Median teilt einen Datensatz oder eine Stichprobe in zwei gleich große Hälften. Nehmen wir mal an, zwei Kollegen verdienen 3000 Euro, einer 3500 Euro, einer 4000 Euro, einer 4500 Euro und einer 6000 Euro – dann ist der Median: genau zwischen 3500 und 4000 Euro, also 3750 Euro. Diese Zahl informiert dich aber nicht darüber, ob es Ausreißer nach oben gibt – der Kollege, der am meisten verdient, könnte auch 12.000 Euro verdienen – davon wirst du nie erfahren durch deine Anfrage. Du weißt (ganz grob) nur, dass die eine Hälfte der Kollegen unter 3750 Euro verdient und die andere mehr als 3750 Euro.

– Das Gesetz sorgt für eine neue Auskunftspflicht – damit ist aber nicht automatisch eine Anpassungspflicht verbunden: Nur, weil du jetzt weißt, dass du weniger verdienst als Kollegen in ähnlicher Position, ist das Unternehmen nicht verpflichtet, die Gehälter anzupassen. Natürlich kann man versuchen, das neue Wissen in der nächsten Gehaltsverhandlung zu nutzen – wenig Mut machen da aber Fälle wie der von Birte Meier – die preisgekrönte ZDF-Journalistin hatte herausgefunden, dass männliche Kollegen erheblich mehr als sie verdienten, und wehrte sich vor Gericht – um sich dort vom Richter anhören zu müssen, die Kollegen hätten eben einfach besser verhandelt.

Leider müssen wir davon ausgehen: Diese neue Gesetz wird am Gender-Pay-Gap nichts großartig ändern. Vielleicht könnte man sich mal an Island orientieren? Damit wären wir einige Schritte weiter.

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