Über das Gehalt sollte nicht das Geschlecht, sondern die Qualifikation entscheiden. Doch Frauen verdienen in gleichen Positionen weniger. Selbst schuld.
Equal Pay Day: Die Lücke muss weg
Jedes Jahr im März gehen die Zahlen zum Gender Pay Gap durch die Medien: Dann ist Equal Pay Day, der Tag an dem die Ungerechtigkeiten auf dem Lohnzettel in der Breite diskutiert und thematisiert werden.
Die Debatte um das Gehalt kenne ich auch aus meinem Freundeskreis. Die größte Unsicherheit bei der Frage nach der Bezahlung vermitteln vor allem meine Freundinnen. Männer, auch in meinem Freundeskreis, verdienen meist mehr. Und sind sich oft auch sicher, dass sie ihr Geld wert sind.
Der Gap, glaubt man den Zahlen des Statistischen Bundesamtes, liegt derzeit noch immer bei etwa 22 Prozent in Deutschland. Schaut man genauer hin, kommt man auf die bereinigte Differenz. Bei der vergleicht man die Jobs auf Augenhöhe, also dieselbe Branche, Position, Ausbildung. Hier kommen die Statistiker immerhin noch auf sieben Prozent Unterschied.
Es bleibt: Der Unterschied.
Die Zahlen ändern sich seit Jahren kaum. Laut einer aktuellen Studie von Oxfam wird es noch sehr lange dauern, bis sich die Lücke schließt. Ganze 61 Jahre nämlich. Diese Zeit zu verkürzen sollte ein Anliegen von uns allen sein, von Frauen und Männern, Arbeitgebern und Arbeitnehmern.
Die Schuld für diese lange Zeitspanne und den Gap alleinig auf die Arbeitgeber zu schieben, wäre leicht, ist aber sicher nur eine Seite des Problems. Wir Frauen tragen nämlich ebenfalls eine Verantwortung. Das sage ich auch immer meinen Freundinnen. Und mittlerweile spreche ich auch aus der Arbeitsgebersicht.
Frauen verhandeln schlechter. Schaue ich auf meine eigene berufliche Laufbahn, bin ich wahrscheinlich in allen meinen Jobs unter meinen finanziellen Möglichkeiten geblieben. Die Gründe dafür sind banal. Ich war mir unsicher, wie viel Geld ich tatsächlich wert sein könnte. Selbst jetzt als Gründerin, habe ich ein schlechtes Gewissen, dass ich mir überhaupt etwas zahle. Paradox, wenn ich meine Minimalzahlungen mit den Zahlungen von manch anderen Gründern vergleiche.
Jeden Job, den ich bisher gemacht habe, wollte ich unbedingt haben. Mein Volontariat hatte einen festen Gehaltssatz, doch schon im ersten Job nach dem Studium musste ich im Gespräch die Frage nach dem Gehaltswunsch beantworten. Und ich machte mir im Vorfeld Gedanken. Wie viel Gehalt wollte ich für diesen Job bekommen? Wo lag meine Untergrenze? Was könnte die Firma bezahlen? Und was würde ich in Anbetracht meiner Qualifikationen als angemessen betrachten.
Mehr als eine angestellte Medien-Tussi
Ich sprach mit Bekannten aus der Branche, recherchierte und fragte mich selbst. Und mir war klar, dass ich höher einsteigen musste, damit ich am Ende meine Mindestanforderung nicht unterschreiten würde. Den Mut, zu fordern, was ich mir wert war, brachte ich zum ersten Mal auf.
Am Ende landete ich genau bei meiner Vorstellung – und bekam einige Goodies wie eine Fahrkarte, einen Handyvertrag und eine feste Steigerung sowie eine umfangreiche Fortbildung im ersten Jahr dazu.
In meiner Führungsposition baute ich als Redaktionsleiterin ein Team auf und saß daher nun auch auf der anderen Seite des Verhandlungstisches. Schnell wurde mir schmerzlich bewusst: Frauen verhandeln schlechter. Oder gar nicht.
Männer wussten in 80 Prozent der Fälle ganz genau, was sie verdienen wollten und äußerten ihre Gehaltsvorstellungen selbstbewusst. Frauen hingegen hatten entweder gar keine Antwort parat, fragten mich nach meinen Vorstellungen oder nannten eine Gehaltsspanne.
Mein Gefühl: Frauen treiben einige Sorgen um. Sie haben häufiger Angst zu hoch zu pokern, sie haben Angst sich mit ihren Forderungen ins Abseits zu stellen. Und sie treibt ein Grundbedürfnis nach Harmonie und Verbundenheit mit dem Chef und Unternehmen. Doch die Sorgen sind unbegründet.
Eine genaue Vorstellung von seinem Wert zu haben, ist eine Qualifikation, Verhandlungsgeschick zudem ein großen Plus für die spätere Zusammenarbeit mit Kunden oder Dienstleistern. Ein Unternehmen, welches einen Mitarbeiter tatsächlich für sich gewinnen will, wird zudem immer ein Gegenangebot machen, wenn die Vorstellung nicht komplett überzogen ist.
Verhandeln zahlt sich also aus. Es liegt an uns, das zu bekommen, was wir wollen. In diesem Sinne: Viel Mut für die nächste Verhandlung.
Hinweis: Dieser Artikel erschien im Rahmen von Noras Kolumne „Die Frauenversteherin“ zuerst im Handelsblatt.
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