Leistungsbereitschaft, Stimmung und Arbeitsergebnisse von Teams hängen maßgeblich davon ab, wie Chefs mit ihrer Macht umgehen. Innerlich gefestigte Manager setzen auf einen Weg – doch wie gelangt man zu dieser Stärke?
Wie Führungskräfte mit ihrer Macht umgehen sollten
Wer kennt das nicht: Ein Chef, der auf seinem Parkplatz direkt vor dem Empfang und andere weithin sichtbare Privilegien besteht. Eine Vorgesetzte, die je nach Lust und Laune mal freundlich und dann wieder in schneidendem Kasernenhofton grüßt. Zielführend ist ein solches Verhalten kaum, denn die Auswirkungen einer solchen Führung auf die Leistungen der Mitarbeiter sind fatal. Es sind ja nicht bloß vermeintliche Oberflächlichkeiten, die die Atmosphäre im Team vergiften. Vorgesetzte, die mit aller Macht auf ihrer dominanten Position beharren, untergraben auch die Motivation und Kreativität der Mitarbeiter; sie umgeben sich gern mit Ja-Sagern und verprellen talentierte Kollegen. Dahinter steckt nicht immer böser Wille des Chefs, sondern oftmals Unsicherheit darüber, wie sie es besser machen können. Das Verhalten von Führungskräften basiert dabei stets auf den gleichen Mustern: ihren persönlichen Erfahrungen, dem individuellen Verhältnis von innerem und äußerem Status sowie der eigenen Einstellung zur Macht, die wie ein Kompass wirkt.
Frühe Erfahrungen mit Macht und Autorität
Eine verantwortungsvolle Führungskraft muss sich intensiv mit ihrem Machtverständnis auseinandersetzen. Nur so kann er so sie die richtigen Schlüsse ziehen und künftig „mächtig gut führen“. Der erste Schlüssel in diesem Prozess ist, bisherigen Erfahrungen mit den Themen Macht und Autorität auf den Prüfstand zu stellen. Wo liegen die ursprünglichen Prägungen für das aktuelle Führungsverhalten? Eine wesentliche Rolle spielt in diesem Zusammenhang die Erziehung, denn durch das erlebte persönliche Verhältnis zu den Eltern in Kindheit und Jugend wird der Grundstein für die innere Haltung zur Macht gelegt. Was waren die Stärken und Schwächen der Eltern, welche Verhaltensweisen waren positiv oder negativ und wirken noch heute im Führungsverhalten nach?
Alle Facetten der Macht kennenlernen
Eine praxisorientierte Möglichkeit, wertvolle Rückschlüsse für die Chefrolle zu gewinnen, bietet das Status-Modell des Improvisationstheaters. Dabei handelt es sich nicht, wie zu vermuten, um ein spontanes Mitmach-Schauspiel, sondern um ein Coaching-Verfahren, das den Facetten der Macht und den Wechselwirkungen von Führen und Geführt-werden auf den Grund geht. Außerdem nehmen die Teilnehmer etwa die Wirkungen des eigenen
Durchsetzungsvermögens bzw. der Nachgiebigkeit unter die Lupe sowie
Themenkomplexe wie Sympathie und Ablehnung.
Das Praxis-Modell des inneren und äußeren Status
Auch wenn man nicht aktiver Teilnehmer eines Impro-Workshops wird, fußt die zentrale Erkenntnis des Status-Modells auf Tatsachen: Schon am Anfang jeder Begegnung zwischen Menschen besteht ein Gefälle: Eine Person ist die Stärkere und befindet sich im Hochstatus, die andere ist als Schwächere im Tiefstatus. Zum Ausdruck kommt dies durch eine Vielzahl nonverbaler (Gestik, Mimik, Blick, Körperhaltung, Intonation) und verbaler Signale (Fach- und Umgangssprache, Demonstration des Bildungsgrades).
Erweitert wird das Modell durch zwei zusätzliche Ebenen: den inneren und
äußeren Status, den eine Führungskraft verkörpert – bezogen auf die beiden
Variablen Respekt und Sympathie. Als Faustformel gilt: Hochstatus-Spieler
zielen vor allem darauf ab, Respekt zu erzeugen; Tiefstatus-Spielern liegt vor
allem daran, gemocht zu werden. Daraus ergeben sich vier Fälle, die praktisch
alle Führungskonstellationen erklären:
Innerlich Tiefstatus, äußerlich Tiefstatus: Dieser Chef zeigt Unterlegenheit und gibt Kontrolle ab. Er will Sympathie – um jeden Preis.
Innerlich Tiefstatus, äußerlich Hochstatus: Nach außen demonstriert eine solche Führungskraft Überlegenheit, aber innerlich ist sie unsicher – und bei einem drohenden Statusverlust nervös bis fahrig.
Innerlich Hochstatus, äußerlich Hochstatus: Die Überlegenheit in Person, hat die volle Kontrolle. Das Ziel lautet: gewinnen, egal was es kostet; auf Sympathie wird kein Wert gelegt.
Innerlich Hochstatus, äußerlich flexibler Status: Vorgesetzte, die den Idealtypus verkörpern – innerlich gefestigt und sicher, können sie mit allen äußeren Situationen spielerisch umgehen. Für sie steht das Ziel im Mittelpunkt, nicht der Machtkampf. Es besteht eine gesunde Balance zwischen Respekt und Sympathie.
Spielerisch zu echter innerer Stärke
Was Führungskräfte Im Improvisationstheater spielerisch lernen, lässt sich natürlich auch außerhalb dessen etwas hürdenreicher erarbeiten: mehr Bewusstsein für die verschiedenen Statuspositionen zwischen Macht und
Ohnmacht und das Erkennen, inwiefern der aktuelle Folge des eigenen emotionalen Zustands und Verhaltens ist. Das Erkennen des vorrangigen Typs lässt echte innere Stärke gewinnen und in Sachen Führungskultur flexibler werden. Das gelingt nur, wenn man das bisherige automatisierte Verhalten hinterfragt. Am Ziel steht eine neue, angemessenere Haltung gegenüber den Teammitgliedern, von der alle profitieren – der Chef, die Mitarbeiter und das Unternehmen.
Ein Kompass, der Orientierung bietet
Der Gewinner auf der Bühne der Führung ist schließlich weder der Rambo-Chef, dem für den Erfolg jedes Mittel recht ist, noch der Kuschel-Manager, der jedermanns Freund sein will – insgeheim aber dafür belächelt wird. Der wahre Gewinner ist die reflektierte, sich selbst-bewusste Persönlichkeit, der eine positive Einstellung gegenüber Macht ein verlässlicher innerer Kompass ist – auch in turbulenten Zeiten. Ein solcher Chef weiß immer, welche Richtung einzuschlagen ist, um sein Team sicher durch alle Untiefen des
Alltags zu führen.
Titebild: Perzonseo | Flickr | perzonseo.com | CC BY 2.0
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