Foto: Justin Faust

Magdalena Rogl: „Sei die Chefin, die du dir früher selbst gewünscht hättest“

Mit 30 Jahren wurde Magdalena Rogl Chefin der digitalen Kanäle bei Microsoft Deutschland. Im Interview spricht sie über Pannen, Stress und Lebenskrisen.

„Ich bin davon überzeugt, dass Glück eine Entscheidung ist“

Magdalena Rogl ist ein Vorbild für viele: Mit gerade einmal 30 Jahren wurde sie zum „Head of Digital Channels“ bei Microsoft Deutschland. Rogl ist eigentlich ausgebildete Erzieherin und arbeitete als alleinerziehende Mutter von zwei kleinen Kindern in einer Kinderkrippe, als sie das Angebot für einen Nebenjob im Community-Management bei Focus Online bekam. Mittlerweile arbeitet sie in einer Führungsposition bei Microsoft, lebt in einer Patchworkfamilie mit vier Kindern und setzt sich für Gleichberechtigung in der digitalen Welt ein. In den Bereichen Social Media, Newsroom, Blog und Influencer Relations versucht sie, die richtigen Menschen zu verbinden und Kontakte zu knüpfen. Sie berät ehrenamtlich Startups und NGOs und teilt als Dozentin und Speakerin gerne ihr Wissen.

Das Interview führte Carina Kontio vom Handelsblatt.

Frau Rogl, was sind Ihre Stärken?

„Ich bin schon immer eine unverbesserliche Optimistin und gleichzeitig ein unglaublicher Dickkopf. Meine größte Stärke ist aber glücklich zu sein. Vor ein paar Jahren bin ich durch eine private Krise gegangen und war irgendwann so wütend darüber, immer traurig zu sein, dass ich mich dazu entschieden haben, wieder glücklich zu werden. Ich bin davon überzeugt, dass Glück eine Entscheidung ist – aber manchmal muss ich mich selbst wieder daran erinnern.“

Wer ist Ihr persönliches Rolemodel und warum?

„Es gibt viele großartige Menschen, die ich bewundere! Ein ganz bestimmtes Rolemodel habe ich aber nicht. Mich beeindrucken Menschen, die mutig sind, neu denken und andere unterstützen. Unsere Werkstudentin Ronja Fink, die frische Ideen hat und immer ihre Hilfe anbietet; meine Kollegin Bianca Bauer, die mit ihrer positiven Energie alle Mitarbeiter ansteckt; mein Opa Hans Maier, der sich trotz seines hohen Alters laut und deutlich politisch engagiert; Vera Schneevoigt, die eine beeindruckende Managerin ist und sich gleichzeitig mit ganzem Herzen für Flüchtlinge einsetzt. Was wir aber oft vergessen, wenn wir über Rolemodels sprechen: Es geht nicht darum, so zu sein wie andere. Wir können und sollten auch selbst Rolemodel für uns selbst sein! Ich finde es so wichtig, sich immer wieder daran zu erinnern, welche Ziele man erreicht hat, welche schwierigen Situationen man durchgestanden hat und stolz auf sich selbst zu sein.“

Ich unterstütze meine Mitarbeiter*innen und Kolleg*innen in schwierigen Situationen, indem…?

„…wir alle im Team sehr gerne und viel lachen. Wenn es stressig und schwierig wird, lösen wir das meist mit noch mehr Humor als sonst – oder Schokolade. Ich versuche auch immer meine Hilfe anzubieten: Oft reicht es schon einfach zuzuhören, zu zeigen ,Ich bin da, wenn du Unterstützung brauchst‛ und das auch wirklich zu meinen.“

Eine Freundin, Kollegin oder Mitarbeiterin denkt: „Ich verdiene den Erfolg gar nicht“, „Ich bin gar nicht gut genug“, „Das schaffe ich nie“, „Andere sind um Welten besser als ich…“ – Was raten Sie ihr?

„Ich glaube das Wichtigste in so einer Situation ist zu spüren, dass man damit nicht allein ist. Das Impostor-Syndrom ist ja ein bekanntes psychologisches Phänomen. Sich erstmal sachlich mit diesem Phänomen auseinandersetzen, kann schon mal helfen. In versuche dabei zu helfen in Ruhe darüber nachzudenken, woher diese Gedanken gerade kommen und der Ursache auf den Grund zu gehen. Gleichzeitig würde ich die Kollegin daran erinnern, was sie schon alles geschafft und erreicht hat. Und es ist wichtig zu wissen, dass es eigentlich allen ab und zu so geht – außer Narzisst*innen vielleicht. Eine meiner Mentees war kürzlich vollkommen überrascht, als ich ihr erzählt habe, dass ich diese Gedanken auch habe. Ich glaube es ist gut auch als Managerin ab und zu eigene Schwächen zuzugeben – das nimmt den Druck.“

Ein No-Go im Umgang mit Mitarbeiter*innen ist für mich…?

„…Unehrlichkeit, Intransparenz, Unfairness, Neid – eigentlich alles, was man sich auch im Privatleben nicht wünscht. Ein Manager kann nur dann gut sein, wenn er ein gutes Vertrauensverhältnis zu seinem Team hat, offen und ehrlich mit schwierigen Situationen oder Veränderungen umgeht, alle Teammitglieder fair behandelt und nicht neidisch wird, wenn Mitarbeiter über ihn hinauswachsen. Mein persönliches Ziel ist es, Menschen in meinem Team zu haben, die besser sind als ich.

Feedback ist für mich…?

„Ich glaube das hängt von der Situation ab. Positives Feedback sollte man meiner Meinung nach vor möglichst großem Publikum geben (wenn das die*derjenige Mitarbeiter*in denn mag), zum Beispiel im Teammeeting, im internen Newsletter oder auch offen auf Social Media. Erfolge kann man nicht oft genug feiern. Negatives oder ,schwieriges‛ Feedback dagegen versuche ich immer 1:1 und konstruktiv zu geben, damit man in Ruhe darüber sprechen kann und sich niemand bloßgestellt fühlt. Am besten endet so ein Gespräch positiv: Was haben wir aus der Situation gelernt? Wie kann ich dir dabei helfen, das zu verändern? Ich selbst finde, Feedback ist immer eine wichtige Chance sich weiterzuentwickeln.“

Über ihre Erfolge sollten Frauen…?

„…noch mehr sprechen und stolz sein! Mich persönlich interessiert dabei aber viel mehr der Weg zum Erfolg, als der Erfolg an sich. Ich wünsche mir Ehrlichkeit über die Umwege, Schwierigkeiten, Niederlagen und Krisen – denn die machen uns zu besseren Menschen und zeigen: Jede Krise hat das Potenzial, eine Chance zu werden.“

Her mit dem Geld: Ihr Ratschlag an andere Frauen für Gehaltsverhandlungen?

„Meistens sind wir Frauen ja besonders gut darin, andere zu beraten – und vergessen uns dabei. Ich glaube es hilft, so zu tun, als geht es um die beste Freundin und nicht um einen selbst. Erfahrungsgemäß findet man dann sehr viel bessere Argumente. Grundsätzlich sollte man sich die Frage stellen: Was habe ich geleistet, welche Verantwortung habe ich oder will ich zukünftig übernehmen? Auch Feedback von Mentor*innen oder Kolleg*innen kann dabei helfen, Beispiele zu sammeln und selbstbewusst zu verhandeln.“

Verbündete bzw. Mentor*innen finde ich, in dem…?

„…ich versuche selbst Verbündete und Mentorin zu sein. Es ist meine absolute Leidenschaft, Menschen miteinander zu verbinden, Netzwerke zu bilden und anderen dabei zu helfen, sich weiterzuentwickeln. Und ich habe die Erfahrung gemacht, dass all das auch wieder zu einem zurückkommt: Manchmal habe ich das Gefühl mein ganzes Netzwerk besteht aus Mentor*innen füreinander.“

In Konfliktsituationen bin ich…?

„…nicht immer, aber meistens ruhig und klar. Oft hilft die einfache Frage nach dem ,Warum?‛ oder auch ein simples ,Ich verstehe deinen Standpunkt, meiner ist ein anderer. Lass uns schauen, ob wir eine Lösung finden können.‛ Ich versuche mich nicht verunsichern zu lassen, die Gegenseite zu verstehen und Brücken statt Mauern zu bauen.“

Pannen sind…?

„…menschlich. Und gerade die Menschlichkeit fehlt im Arbeitsalltag manchmal sehr. Deshalb finde ich es wichtig, mit Pannen offen umzugeben und eventuelle Fehler klar zuzugeben. Trotzdem sollte man darauf achten, dass man nicht dem Fail-Hype verfällt. Im Moment sind Fails ja wahnsinnig im Trend und werden zelebriert. Ein Fehler an sich ist nichts, das man feiern sollte – aber das, was man daraus gelernt hat und was einen hoffentlich ein Stück besser, klüger, erfahrener macht. Die wichtigste Frage, die ich mir regelmäßig selbst und meinen Kollegen stelle: Was kann ich besser machen? Wie kann ich euch helfen besser zu werden?“

Wie gehen Sie mit Stress um?

„Ich esse viel zu viel Schokolade. Spaß beiseite: Das ist ganz unterschiedlich. Bei positivem Stress, werde ich euphorisch und sprudle nur so vor Energie, Emotionen und Ideen. Bei negativem Stress hilft es mir oft, die Situation , außen‛ zu betrachten und zu analysieren: Was passiert hier gerade? Warum fühle ich mich so? Ist meine Reaktion gerechtfertigt? Dann einmal tief durchatmen und sich daran erinnern, wie man frühere Stresssituationen gelöst hat.“

Sie merken, dass Sie unglücklich sind in Ihrem Job. Was tun Sie?

„Ich finde es ist absolut in Ordnung, nicht jeden Tag glücklich zu sein. An manchen Tagen ist es eben besonders stressig, besonders langweilig, besonders nervig – oder die Schokolade ist alle. Wenn ich aber dauerhaft mehr unglückliche als glückliche Tage habe, würde ich versuchen herauszufinden, woran das liegt und was ich daran ändern kann. Und ganz wichtig: Hilfe holen. Egal ob Coach, Mentorin oder Freundin. Keiner muss alles alleine schaffen. Und manchmal kann ein Perspektivenwechsel dabei helfen eine Lösung zu sehen, die man selbst vielleicht gerade nicht erkennen kann.“

Anderen Chefs würde ich gerne sagen,…

„,Practice what you preach!‛ Es gibt so viele Manager, die in der Theorie genau wissen, wie gutes Management funktioniert und das auch auf Bühnen und Interviews perfekt erzählen können – aber in der Realität fällt es ihnen schwer das umzusetzen. Deshalb ist mein Vorsatz: Sei die Chefin, die du dir früher selbst gewünscht hättest.“

Frau Rogl, ich danke Ihnen für das Gespräch.

Das Gespräch führte Carina Kontio, Redakteurin bei Handelsblatt. Mehr Interviews zu Diversity, Management und Leadership findet ihr im Handelsblatt-Special „Shift“. Carina hat außerdem eine Karriere-Kolumne bei Audible, die ihr euch jeden Donnerstag anhören könnt.

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