In Langzeitbeziehungen lernen wir uns sehr gut kennen. Dieses Wissen benutzen wir auch hin und wieder in Streitereien. Ein Beziehungscoach verrät unserem Partner Business Insider, wie wir mit einem Wort der Streitspirale entkommen können.
Das ungefilterte Ich
In einer Langzeitbeziehung zu sein, bedeutet, dass euer Partner euch sehr gut kennt — und das ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits müsst ihr euch nicht verstellen, wenn ihr mit eurem Partner zusammen seid — ihr könnt problemlos euer ungefiltertes, manchmal ungewaschenes und schlechte-Witze-reißendes Ich zeigen. Andererseits lernt dieser dadurch auch ganz genau, was euch besonders aufregt.
Hal Runkel fasst diesen Zustand ganz gut zusammen: „Niemand kann euch so berühren wie die Person, der gegenüber ihr euch am meisten öffnet, und niemand kann euch so stark verletzen wie die Person, der gegenüber ihr euch am meisten öffnet.“
Runkel ist Paar- und Familientherapeut sowie Autor zahlreicher Erziehungs- und Beziehungsratgeber, wie beispielsweise „Choose Your Own Adulthood“. Bei seinem Besuch im Business-Insider-Büro im Mai hat Runkel die besten Tipps mit unserem Partner Business Insider geteilt, mit denen ihr einen außer Kontrolle geratenen Konflikt mit eurem Partner entschärfen könnt.
Ein kleines Wort kann viel bewegen
Dabei handelt es sich genauer gesagt einfach nur um ein einziges Wort: „Autsch“. Es ist ein Wort, das in Beziehungen kaum verwendet wird, so Runkel. „Wenn ihr einen Streit habt, werdet ihr zwangsläufig etwas sagen, das die andere Person verletzen wird, indem ihr vertrauliche Informationen, die ihr über diese Person habt oder sie über euch hat, nutzt.“
Ein Beispiel: Euer Partner weiß, dass ihr abnehmen wollt und wirft euch dann etwas vor wie „Natürlich hast du dir keine fünf Minuten genommen, um mit dem Hund spazieren zu gehen — du warst zu beschäftigt damit, dich vollzufressen!“ In so einer Situation, erklärt Runkel, „wollt ihr eurem Gegenüber auch unbedingt etwas an den Kopf werfen:‚Oh ja? Und du wirst deiner Mutter immer ähnlicher!‘“
Und hier kommt das Wort „autsch“ ins Spiel. Laut Runkel ist das die beste Antwort in solch einer Situation: „Autsch. Das hat mich verletzt. Ich weiß nicht, ob du mich verletzten wolltest, ich bin mir nicht sicher, ob es das ist, was du beabsichtigt hast, aber das ist, was du getan hast.“
Verletzlich sein
Euer Partner könnte abwehrend reagieren und beispielsweise sagen: „Du hast einige schmerzhafte Dinge zu mir gesagt!“ Darauf solltet ihr folgendermaßen antworten: „Du hast Recht. Das habe ich getan und ich hasse mich dafür, dass ich es getan habe.“
„Dieser Streit nimmt nun einen ganz anderen Verlauf, denn einer von euch hat sich dazu entschieden, verletzlich zu sein“, sagt Runkel.
„Es war kein Schritt, um euren Partner von euch wegzustoßen. Es war ein Schritt, um euch [eurem Partner] anzunähern, indem ihr sagt: Weißt du was? Ich bin dir gegenüber so offen, dass du mich tatsächlich verletzen kannst. Und wie wäre es, wenn wir jetzt wieder so miteinander reden, als würden wir uns wirklich lieben?“
Verletzlichkeit zeigen, ist nicht einfach
Diese Zurschaustellung eurer Verletzlichkeit ist entscheidend — und schwieriger als man denkt. Zu viele von uns neigen dazu, so zu tun, als wären wir emotional abgehärtet — wir tun so, als würde es uns nichts ausmachen, wenn unser Partner uns beleidigt oder uns nicht genügend beachtet.
Wenn ihr Runkels Strategie anwendet, wird euer Partner im Idealfall wohlwollender und ihr seid in der Lage, ruhig über eure Probleme zu sprechen. Runkel hat zudem hinzugefügt, dass die Reaktion eures Partners auf eure Verletzlichkeit einiges über eure Beziehung verrät.
Alles, was ihr im Grunde wirklich tun könnt, ist das Gespräch zu beginnen: „Das hat mich verletzt. Erkläre mir, was ich jetzt tun soll.“
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