Foto: Unsplash | Alice Achterhof

Du kannst als Künstlerin nicht erfolgreich sein, wenn du Mutter bist!

Kinder würden die Karriere einer Künstlerin zerstören, sagte Marina Abramovic in einem Interview mit dem Tagesspiegel. Sie selbst hat dreimal abgetrieben. Eine Antwort von Künstlerinnen mit Kindern.

 

Entweder Familie oder Karriere

Den Namen Marina Abramovic verbinden die meisten von uns mit ihrer Performance „The Artist is Present“ aus dem Jahr 2010 im New Yorker Museum of Modern Art, bei der sie tagelang Besuchern gegenüber auf einem Stuhl saß und die Stille zur Kunst machte. Die 69-Jährige sprach in einem Interview mit dem Tagesspiegel über ihre Vergangenheit – und offenbarte dabei eine Ansicht, die für jede Menge Wirbel sorgte:

„Ich habe drei Mal abgetrieben, weil ich überzeugt war, dass es ein Desaster für meine Arbeit wäre. Man hat nur so und so viel Energie in seinem Körper, und die hätte ich teilen müssen. Das ist meiner Ansicht nach der Grund, warum Frauen in der Kunstwelt nicht so erfolgreich sind wie Männer.“

Es gäbe jede Menge Frauen mit Talent, doch würden Männer immer noch die wichtigen Positionen einnehmen, weil Frauen weder Liebe, Familie noch Kinder dafür opfern wollen würden. Kurz gesagt: Abramovic stellt die steile These auf, dass Frauen in der Kunstwelt nicht erfolgreicher sein können als Männer, weil sie Kinder bekommen und sich um ihre Familie kümmern wollen. Familie und Beruf sind also nicht doch vereinbar?

Du kannst Mutter UND erfolgreich als Künstlerin sein!

Diese Behauptung ließen einige Künstlerinnen mit Kindern nicht auf sich sitzen und kamen auf artsy.net in einer Reportage zu Wort. Der Titel ist dabei Programm: „You can be a mother and still be a successful artist“.
Die Autorin Marina Cashdan gibt zu, dass ihre Schwangerschaft definitiv Angst und Unsicherheit in ihr auslösten. Als karriereorientierte Frau, wie sich selbst beschreibt, mit einem Job, den sie liebte, hatte sie Angst, dass ihr Kind all das ändern könnte. Doch, ein Jahr nach der Geburt ihres Sohnes, ist die Angst vergessen. Ihr Sohn hält sie nicht davon ab, als Künstlerin tätig zu sein, sondern bewegt sie dazu, ihre Kräfte anders einzuteilen und effizienter zu arbeiten. 

Die These von Abramovic kann weder sie noch die Künstlerin und zweifache Mutter Laurie Simmons (Lena Dunham ist eine ihrer Töchter) verstehen. Sie beschreibt Abramovics Aussage als „Donald Trump-ish“. Ihrer Meinung nach solle eine kinderlose Frau nicht Frauen mit Kindern für ihre Entscheidung verurteilen. Außerdem, fügt Simmons hinzu, würde diese Debatte, ob Kinder das Leben einer Künstlerin einschränken würden oder nicht, immer nur bei Frauen geführt werden – Was ist denn mit den Männern? Schließlich müssen diese sich doch auch neu einstellen, mehr Verantwortung und Aufgaben übernehmen und ihren Alltag neu strukturieren. 

Die Künstlerin Diana Al-Hadid, so die Autorin weiter, hat genau das in einem Interview auf den Punkt gebracht. Auf die Frage, ob ihre Kinder ihr Künstlerleben verändert haben, antwortete sie: 

„No, my work hasn’t changed, and you wouldn’t ask a man that question. […] No one presumes it’s going to change (a man’s) work – their work is their work and their private life is their private life.”

Doch nicht nur die Medien oder andere Künstler wie Abramovic versuchen, Einfluss auf die Entscheidung für oder gegen Kinder zu nehmen. Auch Kunsthändler würden Künstlerinnen davon abraten, eine Familie zu gründen, da Kinder ihre Karriere deutlich negativ beeinflussen würden. Simmons, heute mit zwei erwachsenen, erfolgreichen Töchtern im Alter von 24 und 30 Jahren, hatte früher keine Künstlerin, deren Beispiel sie folgen konnte. Daher sieht sich nun in der Pflicht, andere Frauen zum Schritt der Familiengründung zu ermutigen und ihnen die Scheu zu nehmen.

 „At a certain point, I felt like I had a responsibility to answer questions because I didn’t want younger women artists to be frightened.“

Um das Leben als Mutter sowie Künstlerin zu vereinen, waren ihr damals insbesondere ein sicheres Umfeld, mit Carroll Dunham ein Partner, der 50 Prozent der Elternaufgaben übernahm, ein Kunsthändler, der ihren Aufgaben als Mutter nicht im Weg stand und eine flexible sowie kinderfreundliche Alltags- und Studiostruktur wichtig. 

Ob als Ärztin, Kassiererin, Künstlerin oder sonst einem anderen Beruf – Ein Leben mit Kindern ist nicht unbedingt das Leichteste. Weder in den Staaten, in Europa, noch in Asien. Doch, klar ist:  Jede Frau hat das Recht, selbst darüber zu entscheiden, ob sie Kinder haben will oder nicht. Aber als kinderlose Frau die eigene Entscheidung als Ultimatum zu setzen und über alle anderen Frauen mit einer anderen Lebensrichtung zu urteilen, ist nicht okay. Und Frauen zu vermitteln, dass sie sich zwischen Karriere und Familie zu entscheiden haben, dass es nur ein entweder oder anstatt eine Kombination gibt, erst recht nicht.

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