Foto: Jennifer Fey

Klar geht das: Unternehmerinnen erzählen von ihrem Alltag mit Kind

Mutter und selbstständig. Welche Herausforderungen warten hier, wie plant man eine Schwangerschaft und ist das überhaupt notwendig? Genau das haben wir Unternehmerinnen gefragt, die uns aus ihrem Leben als (werdende) Mama erzählt haben – hier kommt Part 1 mit den ersten vier Frauen.

 

Mama werden und Unternehmerin bleiben – so geht’s

Seine eigene Chefin zu sein, hat viele Vorteile, wenn man Mutter wird – aber mit der Doppelrolle warten auch einige Herausforderungen. Doch mit einem guten Plan lässt auch das sich regeln. Welchen sie für sich aufgestellt haben, wie sie sich mit ihrem Partner die Kinderbetreuung aufteilen und wo Hürden stecken, die sie vielleicht erstmal gar nicht vermutet haben, das haben uns vier tolle Frauen für unseren ersten Teil der Serie erzählt. 

Dieses Mal mit dabei sind Kersting Görling (Owner, Hayashi) und Susann Hoffmann (Co-Founder, EDITION F), die ihr Kind noch bekommen werden, sowie Mirna Funk (Autorin) und Franziska von Hardenberg (Founder Bloomy Days), die beide schon Mama sind.

Kerstin Görling, Owner Hayashi

Bild: Marina Ackar

Wie hast du deine Elternzeit geplant? Gibt es eine Vertretung, während du nicht da bist und/oder strukturelle Änderungen im Team?

„Ich habe zwei Monate frei und muss danach die Fashion Week in Paris und Mailand und damit den Einkauf für meinen Store mitmachen. Da der Einkauf der essentielle und kreative Prozess meines Unternehmens ist und von ihm der Erfolg abhängt, gibt es leider keine Vertretung. Doch was muss, das klappt auch. Oma und Partner sind mit von der Partie und unterstützen mich tatkräftig. Ich habe sehr viele Termine an einem Tag, die aber immer nur zwei Stunden dauern. Daher umsorgt die Familie das Baby während eines Termins und ich dann wieder in meinen Pausen. Im Store habe ich zum Glück ein sechsköpfiges wundervolles Powergirl-Team, das mir den Rücken frei hält.“

Wie hast du dich mit deinem Partner bezüglich der Kinderbetreuung besprochen?

„Mein Freund und ich teilen uns auf. Wir sind beide selbständig, dazu noch im selben Job. Wir haben beide Modeläden und arbeiten in unserem Home Office. Der Verkauf wird von unseren Teams gestemmt. Wir kümmern uns hauptsächlich um die komplette Organisation, Einkauf, PR und Buchhaltung und sind nur ein paar Stunden am Tag im Store. Somit haben wir die besondere Möglichkeit, unseren kleinen Wonneproppen komplett gemeinsam zu betreuen. Wir haben den gleichen Tagesablauf, was natürlich wunderschön ist. Das war uns sehr wichtig. Wir wollen beide da sein und gemeinsam unsere kleine Familie wachsen sehen.“

Wirst du auch dein Umfeld einbinden, um Job und Mutterschaft unter einen Hut zu bekommen?

„Da mein Freund und ich für unser Baby da sein können und wir beide von zu Hause aus arbeiten, brauchen wir nur während der Order zur Fashion Week Unterstützung. Am Anfang schaffen wir das mit Oma. Zum Glück sind Ordertermine keine Aufsichtsratssitzungen und man kann auch mit Baby einkaufen gehen. Wenn es zu viel wird, springen dann Nanny oder Oma für zwei Stündchen ein.“

„Neue Herausforderungen machen mich glücklich.“

Wirst du von allen als Unternehmerin noch genauso ernst genommen, wie zuvor oder hast du manchmal das Gefühl „raus“ zu sein?

„Ich habe schon einige dumme Sprüche gehört wie: ‚Wenn man Karriere macht, wozu braucht man ein Baby?‘ ‚Mit Kind kann man nicht planen, du bist zu blauäugig‘ oder ‚Willst du dein Kind dann während der Reisen abschieben?‘ Doch solche Aussagen lassen mich nur müde lächeln. Ich kenne die Zweifler schon aus den Anfängen meiner Arbeitszeit. Als ich den Store mit 26 Jahren in der Innenstadt von Frankfurt eröffnet habe, wurde mir auch schon direkt der Untergang prophezeit. Jetzt sind es schon knapp zehn erfolgreiche Jahre. Ich habe sehr viel Liebe zu geben und eine riesige Menge an Energie. Deshalb zweifle ich keine Minute an meiner Entscheidung, ein Kind zu bekommen. Neue Abenteuer, neue Wege – es gibt nichts Schöneres!“

Worauf freust du dich und was bereitet dir vielleicht Sorge, wenn du auf die Zeit nach der Geburt und den Wiedereinstieg in den Job blickst?

„Ich freue mich sehr auf unser neues Abenteuer mit unserem kleinen Würmchen. Da ich meine Arbeitszeit frei einteilen kann, habe ich keine Angst vor dem Weiterarbeiten. Ich habe nach knapp zehn Jahren Hayashi ein tolles Team, das den operativen Part des Stores erfolgreich übernimmt. Ich stehe nur noch wenige Stunden selbst im Verkauf, um meine Kunden herzlich zu pflegen und mich mit meinem Team auszutauschen. Da mein Freund auf gleiche Art arbeitet, schaffen wir das. Angst habe ich keine, ganz im Gegenteil: Neue Herausforderungen machen mich glücklich. Mein Motto: The only way to be truly happy is to keep yourself busy.“

Susann Hoffmann, Co-Founder EDITION F

Bild: Jennifer Fey

Wie hast du deine Elternzeit geplant? Gibt es eine Vertretung, während du nicht da bist und/oder strukturelle Änderungen im Team?

„Geplant schon. Nur wenn man den guten und zahlreichen Tipps von Familie, Freunden und Fremden traut, gehen diese Pläne selten auf. Zuversicht wird einem nicht gerade vermittelt. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf. Wenn’s glatt läuft, bleibe ich drei Monate zu Hause und mein Freund danach ebenfalls so lange. Wenn es anders wird, wird improvisiert. Bei EDITION F geht jedenfalls alles seinen Gang: Das ist das Tolle an zwei Gründerinnen. Außerdem haben wir gerade eine Assistenz eingestellt, die Nora dann in der Zeit unterstützt. Ich wohne aber auch ganz nah am Büro und werde wohl weder Handy noch Internet nach der Geburt ausstellen. Home Office und Skype ahoi.“

Wie hast du dich mit deinem Partner bezüglich der Kinderbetreuung besprochen?

„Wir sind beide Unternehmer und nehmen alle Freiheiten und Pflichten mit. 50/50 finden wir beide gut, aber wir wollen auch nicht jede Stunde aufrechnen. Es wird Zeiten geben, in denen ist der eine und dann wieder der andere mehr gefragt. Inzwischen haben wir ja viele befreundete Eltern um uns herum: Manche Sachen, die die sich für ihre Organisation und Erziehung ausgedacht haben finden wir super, andere ganz und gar nicht. Es gibt also inzwischen so eine Art ‚Family-Pakt‘ zwischen mir und meinem Freund, der festhält, wie wir es ‚auf keinen Fall‘ machen wollen. Wenn einer dann doch in die Falle tappt, kann man sich gegenseitig hoffenlich schnell wieder da raus holen. Und das mit Humor. Vor dem eigenen Kind konnten wir über die Verhaltensweisen des anderen ja schließlich auch immer gemeinsam lachen.“

Wie werdet ihr das Kind betreuen lassen? Wirst du dein Umfeld einbinden, um Job und Mutterschaft unter einen Hut zu bekommen?

„Unsere Eltern sind zu weit weg oder arbeiten noch. Das ist also keine Option. Wir haben uns jetzt mal bei ein paar Kitas vorgestellt. Ob und wann das was wird, steht in den Sternen, aber wir machen uns nicht verrückt.  Zur Not wird am Anfang mit einer Nanny überbrückt. Am liebsten mit noch jemandem zusammen. Denn diese Betreuungsvariante ist echt ganz schön kostenintensiv – und damit eher gründerunfreundlich.“

„Ich freue mich riesig auf das Familienleben, auf den neuen kleinen Menschen, darauf, ihn kennenzulernen und mit ihm zu wachsen.“

Wirst du von allen als Unternehmerin noch genauso ernst genommen, wie zuvor oder hast du manchmal das Gefühl „raus“ zu sein?

„Was jemand hinter vorgehaltener Hand sagt, weiß ich natürlich nicht, aber zumindest hat sich bisher niemand direkt negativ geäußert. Ich mache meinen Job bis jetzt genauso intensiv weiter wie immer – und bin jetzt in der 32. Woche. Ich stehe auf Bühnen, halte Vorträge und mache alles mit. Ich glaube schon, dass diese Stärke auch nach außen hilft, Vorurteile und abfällige Bemerkungen abzuhalten. Das ist aber vielleicht auch ein bisschen der Druck, den ich mir selbst mache: Bloß nicht weniger Gas geben, Schwäche zeigen oder Grenzen formulieren – denn dann bedienst du das Mummy Cliché. Dabei finde ich es bei anderen total OK – oder eigentlich genau richtig – zu sagen, wann es zu viel wird. Trotzdem gehe ich offensiv mit der Schwangerschaft um und sehe keinen Sinn darin, irgendwas zu verheimlichen.“ 

Worauf freust du dich und was bereitet dir vielleicht Sorge, wenn du auf die Zeit nach der Geburt und den Wiedereinstieg in den Job blickst?

„Ich freue mich riesig auf das Familienleben, auf den neuen kleinen Menschen, darauf, ihn kennenzulernen und mit ihm zu wachsen. Ich glaube, dass ich an mir ganz neue Seiten, Eigenschaften und Gefühle entdecken werde – das merke ich ja jetzt schon in der Schwangerschaft – und darauf bin ich wahnsinnig gespannt. Meine größte Sorge ist, dass das Gefühl, zwischen Arbeit und Familie hin und her gerissen zu sein, einen großen Raum einnimmt und ich das Gefühl habe, niemandem mehr gerecht werden zu können. Die Entscheidung für ein Kind war ja sehr bewusst – genauso wie die für EDITION F. Zwei ‚Babys‘, die viel Zeit und Aufmerksamkeit brauchen. Und natürlich gilt das auch für die Paarbeziehung und die Beziehung zu sich selbst. Also das Leben scheint deutlich komplexer zu werden. Nora würde sagen: ,Projektmanagement ist ja nicht gerade deine Stärke.‘ Aber meine Antwort ist: Vielleicht wird das ja besser ab jetzt. Denn irgendwie muss es ja klappen.“

Mirna Funk, Schrifstellerin und Autorin

Bild: William Minke

Wie hast du deine Schwangerschaft in Bezug auf deine Elternzeit, Finanzen, Kunden, Betreuung usw. geplant? Oder hast du das einfach auf dich zukommen lassen?

„Ich habe vorher nichts geplant. Für mich war von Anfang an klar, dass sich durch meine Schwangerschaft nichts ändern soll. Das heißt, ich habe bis zum Geburtstermin einfach weitergearbeitet. Das gleich gilt für die Zeit nach der Geburt. Die ersten sechs Wochen habe ich von Zuhause ein bisschen was gemacht. Natürlich sehr wenig und nur das, was ich wollte. Ab der sechsten Woche bin ich wieder zwei Tage à sechs Stunden arbeiten gegangen und mein Mann hat in der Zeit auf unsere Tochter aufgepasst. Die anderen drei Tage haben wir uns die Betreuung 50/50 geteilt und ich bin dann meiner freien Arbeit nachgegangen.“

Wie lasst ihr das Kind betreuen?

„Mein Mann betreut Etta ungefähr zu 60 Prozent. Die restlichen 40 Prozent übernehme ich. In der Zwischenzeit arbeite ich. Wenn er beruflich nicht da ist, kümmert sich eine Nanny.“

„Männer nutzen jede Gelegenheit und jedes Schlupfloch, um doch aus der verabredeten Verantwortung zu entkommen. Da muss man schon wahnsinnig streng sein.“




Hättest du gedacht, dass das Leben als arbeitende Mutter so ist, wie es nun ist – oder hättest du es dir anders vorgestellt? 

„Es ist ehrlich gesagt genauso wie ich es mir vorher vorgestellt habe. Ich führe immer noch dasselbe Leben wie vor der Schwangerschaft, nur dass jetzt noch das tollste Wesen aller Zeiten mit dabei ist.“

Wo liegen Schwierigkeiten, mit denen du nicht gerechnet hast? Und was ist einfacher als gedacht?

„Die größte Schwierigkeit ist eigentlich auf partnerschaftlicher Ebene, nicht auf beruflicher. Für eine gleichberechtigte Arbeitsaufteilung muss man die ganze Zeit kämpfen. Männer nutzen jede Gelegenheit und jedes Schlupfloch, um doch aus der verabredeten Verantwortung zu entkommen. Da muss man schon wahnsinnig streng sein, damit es wirklich läuft. Dass ich weiter schreiben kann und ein Kind mich nicht bremst, habe ich mir von Anfang an gedacht, auch wenn alle etwas anderes behaupteten. Seit Etta sechs Monate ist, ist es überhaupt kein Problem, einen Artikel auf dem Sofa zu schreiben, während sie das Bücherregal ausräumt.“

Wirst du von allen als Selbstständige noch genauso ernst genommen, wie zuvor?

„Ich hatte das große Glück im siebten Monat meiner Schwangerschaft noch festangestellt zu werden. Das war von meinen Chefs, die sogar jünger als ich sind und mit der Schlafmarke muun ein Unternehmen aufbauen, eine extrem coole und fortschrittliche Entscheidung. Trotzdem habe ich ihnen, und auch anderen Personen aus meinem beruflichen Umfeld, von Anfang an klargemacht, dass sowohl meine Schwangerschaft wie auch mein Kind etwas völlig Normales sind. Dass ich als Mutter weiterhin arbeiten will, dass ich erfolgreich sein möchte und dass ich kein anderer Mensch sein werde. Ich bin der festen Überzeugung, dass es um die Einstellung geht, und dass Dinge selbstverständlich sein müssen. Ein Kind ist selbstverständlich. Als Mutter arbeiten zu wollen, ist auch selbstverständlich.

Wenn man mit dieser selbstbewussten Einstellung anderen begegnet, reagieren sie darauf mit Vertrauen. Fange ich an unsicher meine Schwangerschaft und mein Kind zu entschuldigen, führt das zu einer völlig anderen Reaktion. Mitunter fängt man dann noch Grundsatzdiskussionen über die Vereinbarkeit von Kind und Karriere an. Und wenn man ein bisschen über seinen deutschen Tellerrand schaut, sieht man, dass wir so gut wie das einzige Land dieser Welt sind, in der solche altbackenen Diskussionen noch geführt werden. Es müssen radikale Veränderungen her: Beide Elternteile sollten das erste Jahr gemeinsam in Teilzeit arbeiten dürfen – bei vollem Lohnausgleich – um sich gemeinsam um das Kind zu kümmern, und gleichzeitig ihrer Arbeit nachzugehen. Mit einer solchen Lösung wären nicht nur beide im selben Maße verantwortlich für die Familie, es gäbe auch keinen Karriereknick und kein Regretting-Motherhood-Quatsch.“

Franziska von Hardenberg, Gründerin Bloomy Days

Bild: Patrick Wüstner

Wie habt ihr die Betreuung eures Kindes organisiert und wie teilt ihr euch untereinander auf?

„Wir haben eine Nanny, die auf unsere Tochter aufpasst und das klappt ganz hervorragend. Sie freut sich sehr, wenn sie morgens kommt und genauso, wenn ich dann wieder da bin.  Ich habe das Gefühl, dass sie in sehr guten Händen ist und sie tolle Dinge unternehmen. Das gibt mir das gute Gefühl mich tagsüber auf mein Unternehmen konzentrieren zu können.“

„Man muss auf sein eigenes Bauchgefühl hören und sollte sich nicht verunsichern lassen.“

Hättest du gedacht, dass das Leben als arbeitende Mutter so ist, wie es nun ist – oder hättest du es dir anders vorgestellt?

„Ich habe es mir gewünscht. Alle haben gesagt, dass sich nach der Geburt alles ändern wird und man vorher viele Pläne machen kann, die dann eh nicht umsetzbar sind. Ich muss sagen, ich habe es genauso geplant und für uns funktioniert es super. Man muss auf sein eigenes Bauchgefühl hören und sollte sich nicht verunsichern lassen. Kinder sind das größte Geschenk auf Erden und ich genieße jede Sekunde mit meiner zauberhaften Tochter. Man wird jedoch kein anderer Mensch mit Kindern. Ich liebe auch mein Unternehmen und trage eine große Verantwortung gegenüber meinen Mitarbeitern und auch meinen Gesellschaftern. Nur weil ich Familie haben möchte, kann ich ja diese Verantwortung nicht aufgeben. Die Kombination von beidem erfüllt mich zu 100 Prozent und macht mich zu einem noch glücklicheren Menschen.“

Wo liegen Schwierigkeiten, mit denen du nicht gerechnet hast? Und was ist einfacher als gedacht?

„Wie eben schon gesagt, ist eigentlich alles so gekommen wie ich es mir vorgestellt und geplant habe. Ich empfinde es wirklich nicht als Herausforderung, sondern als großes Glück. Ich wünsche mir, dass viel mehr Frauen die Angst davor ablegen Karriere und Kinder zu vereinbaren. Es ist möglich und es macht einfach so einen großen Spaß die Welt wieder durch Kinderaugen zu sehen. Es gibts außerdem nichts bei dem ich so gut abschalten kann, wie in der Sandkiste mit meiner Tochter.“

Hast du im Business-Kontext mit dummen Sprüchen zu kämpfen? Wirst du als Unternehmerin noch genauso ernst genommen wie zuvor?

„Würdet ihr diese Frage auch jemals einem Mann stellen der Kinder hat? Ich denke nicht. Solange es sich nicht ändert, dass es auch als Frau selbstverständlich ist zu arbeiten, werden wir nie eine gleichberechtigte Wahrnehmung erreichen.  Da ich insofern dafür plädiere solche Fragen radikal zu streichen, werde ich sie auch nicht beantworten.“

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