Foto: pexels

Ein Brief an Joko & Klaas: Antwortet mit Liebe! Das wäre mutig!

Eine Botschaft an alle Personen des Zeitgeschehens, die sich jetzt mit Videobotschaften an die Öffentlichkeit wenden: Seid Vorbild. In Menschlichkeit.

 

Was bewegt diese Reichweite?

Glückwunsch! Millionen Klicks und jede Menge Aufmerksamkeit sind
Euch sicher. Es ist gut, richtig und wichtig, dass ihr als Medienmacher Stellung
bezieht. Ihr selbst gebt an, dass das der Beweggrund für eure Videobotschaft
war: Eure Fans zu erreichen. Menschen zu erreichen. Nur leider mit einer
fatalen Botschaft.

Wie kommt Ihr darauf, dass Ihr mit Eurem Statement irgendetwas
verbessert? Wenn es stimmt, dass jeder fünfte Deutsche eine fremdenfeindliche
Gesinnung hat, habt ihr mit eurer „Kampfansage“ diese Menschen öffentlich an
den Pranger gestellt, sie auf unterstem Niveau beschimpft und ebenso niedergemacht, wie sie
es selbst mit Flüchtlingen tun. Kann sein, dass sie das verdient haben. Aber wem
bitte ist damit geholfen? Ihr spaltet die Gesellschaft noch mehr, als sie es eh
schon ist. 

Die Ursache für rechte Gewalt ist nicht Dummheit

Die Ursache für Rechtsextremismus und nationalsozialistisches
Gedankengut ist überwiegend in zwei intrinsischen Motivationen zu suchen: Sicherheit und Kampf. Beide nähren sich aus dem Phänomen der Angst: Angst um die
Sicherheit des persönlichen Lebens, Angst um die Sicherheit des Landes, Angst
vor Veränderung, Angst vor feindlichen Angriffen, Angst vor dem vermeintlich
Bösen. Angst, klein gemacht zu werden. Angst, selbst nicht gesehen zu werden. Diese
Angst löst sich leider nicht dadurch auf, dass man ihren Träger als dumm und
hohl bezeichnet. Wir haben es hier mit irrationalen Gefühlen zu tun. 

Menschen mit einer rechtsextremen Gesinnung kämpfen bereits ihr
Leben lang um Aufmerksamkeit. Sie sind es gewohnt, getreten und abgelehnt zu
werden. Ihre Motivation ist eigentlich ein Schrei nach Liebe. Wenn wir sie aus unserer Gesellschaft
ausschließen und niedermachen, gießen wir nur noch mehr Wasser auf ihre Mühlen.

Dieses Prinzip konnten wir in Heidenau beobachten: Nachdem
Vize-Kanzler Gabriel von „Pack“ gesprochen hatte, standen die Fremdenhasser beim
Besuch von Kanzlerin Merkel beisammen und schrien ihr entgegen: „Wir sind das
Pack“. Jeder Außenseiter, der sich bereits sein Leben eben so behandelt fühlt, wird sich in diesen Randgruppen wohlfühlen, eine Heimat, Sicherheit und Beachtung finden.
Und sei es eine negative. 

Beleidigungen haben nicht den Effekt, den ihr euch wünscht

Mit jeder öffentlichen Beleidigung, jeder öffentlichen
Diskreditierung stärken wir rechtsradikale
Gruppen. Wir stärken sie in ihrem Kampf.
Ganz ehrlich, mir graut davor, bei den nächsten Bränden und Attacken auf
Flüchtlingsheime Worte aus eurem Video zu hören. 

Die Antwort der Gesellschaft muss eine andere sein. Wir müssen
zuhören. Ängste ernst nehmen. Auch diese Menschen integrieren, dem Fremdenhass
mit Liebe begegnen. Auch wenn uns das
nicht passt. 

Mutig wäre ein Austausch mit den Menschen, die wir als Mob
bezeichnen. Das würde ein Zeichen setzen. 

Nur draufzuhauen? Verändert leider – nichts. 

Mehr bei EDITION F

Alle wissen es, alle gucken weg: Rechte Gewalt ist in Sachsen Alltag. Weiterlesen

Ich bin ein Luxusflüchtling – Mir geht es viel zu gut!. Weiterlesen

Madeleine Alizadeh: „Man kann die Ablehnung gegen Flüchtlinge fühlen“. Weiterlesen

Anzeige