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Warum die Quote eine Gefahr für mittelmäßige Männer ist – und für alle anderen ein Gewinn

Die Quote ist die größte Angst mittelmäßiger bis unfähiger Männer in Führungspositionen – und das zu Recht, wie eine neue Studie zeigt.

Yes, vier Frauen mehr in deutschen Vorständen …

Im ersten Halbjahr 2017 gab es in den Vorständen der 160 börsennotierten deutschen Unternehmen 47 Frauen. Das sind vier mehr als Ende 2016. Insgesamt liegt der Anteil aber immer noch bei mageren 6,9 Prozent. Das zeigt eine neue Studie der Unternehmensberatung Ey. 75 Prozent dieser Vorstände sind weiterhin ausschließlich männlich besetzt. Auch wenn es innerhalb des letzten Jahres (von Juli 2016 bis Juli 2017) sieben Frauen mehr an die Spitze ihrer Unternehmen geschafft haben, ist das nicht unbedingt ein Grund zur Freude. Denn geht es im gleichen Tempo weiter, dauert es noch 23 Jahre bis auch nur ein Drittel der Sitze in den Vorständen mit Frauen besetzt sein wird. Und ein Drittel ist immer noch weit entfernt von einem ausgeglichenen Geschlechterverhältnis. Ist es also nicht absurd, dass es immer noch so viele vehemente Gegner für eine weiterführende gesetzliche Quote gibt?

„Eine Quote führt ja nur dazu, dass im Zweifelsfall weniger qualifizierte Frauen, den Job bekommen und der beste Bewerber nicht mehr gewinnen kann, nur weil er ein Mann ist.” – ungefähr so lässt sich die Angst der Gegner einer gesetzlichen Quote in einem Satz runterbrechen. Die deutsche Wirtschaft wird also den Bach runtergehen, wenn der Anteil der Frauen in den Vorständen börsennotierter Unternehmen irgendwann die aktuelle, klägliche Prozentzahl von 6,9 überschreitet? Wie schön, dass es nun eine neue Studie gibt, die einmal mehr belegt, dass das absoluter Quatsch ist.

Der mittelmäßige Mann ist in großer Gefahr

Ökonomen der renommierten London School of Economics fanden nämlich heraus, dass Unternehmen mit einer Mindestquote nicht etwa ihre Leistungsfähigkeit mindern, sondern im Gegenteil, inkompetente Männer gegen fähigere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter austauschen – und damit erfolgreicher werden.

Um das herauszufinden haben die Wissenschaftler sich auf Schweden konzentriert. Dort hat die sozialdemokratische Partei 1993 freiwillig eine Quote für ihre eigenen Kandidaten durchgesetzt. Diese selbsterlegte Quote wurde als „Krise des mittelmäßigen Mannes” bekannt, weil eben genau diese inkompetenten Männer in Führungspositionen bei einer Quote das Meiste zu befürchten haben. Denn, das fand die Studie heraus, in den politischen Regionen Schwedens, in denen die Quote am meisten Einfluss hat, stieg auch die generelle Kompetenz der männlichen Politiker. Um die Kompetenzsteigerung zu errechnen, verglichen die Wissenschaftler die privaten Einkommen (in Schweden ist es durchaus normal, dass Kommunalpolitiker ihre eigentlichen Jobs behalten) der verschiedenen Politiker einer Region aus der selben Alters-, Bildungs- und Berufsschicht. Die Argumentation der Wissenschaftler: Ein kompetenter Kommunalpolitiker verdient mehr als das Mittel der Politiker mit ähnlichen Eigenschaften (Alter, Bildungsstand, Berufsschicht).

Im Durchschnitt sorgte eine zehn prozentige Mehrbeteiligung von Frauen unter den sozialdemokratischen Politikern für einen drei prozentigen Anstieg der Anzahl kompetenter (also besser verdienender) männlichen Politiker. Bei den weiblichen Politikerinnen war keine wahrnehmbare Leistungssteigerung zu erkennen. Sie machten wohl vorher schon einen guten Job.

Ein Gewinn für alle anderen

Um zum Ausgangsvorwurf zurückzukommen: Ja, die Quote in Schweden hat dafür gesorgt, dass mehr Frauen und damit weniger Männer die wichtigen Positionen in der Partei erhielten. Darüber hinaus kamen die Wissenschaftler aber auch zu dem Schluss, dass die Quote ein altes, sehr gemütliches Konzept von mittelmäßig bis unfähigen Männern in Führungspositionen aufbrechen konnte. Mittelmäßig qualifizierte Männer neigen nämlich dazu, sich selbst mit mittelmäßigen Mitarbeitern zu umgeben, damit ihnen niemand gefährlich werden kann und ihre Position dadurch gesichert wird. Quoten, so die Forscher, sorgen dafür, diese gemütlichen Arrangements aufzubrechen. Denn mittelmäßige Politiker werden so entweder entlassen oder gehen freiwillig und machen Platz für neue, besser qualifizierte Kandidaten und Kandidatinnen. Diese haben dann keine Angst vor guter Konkurrenz und damit steigt die Qualität der politischen Arbeit allgemein. Ein Gewinn also für alle Beteiligten ­– außer für die mittelmäßigen Männer.

Wahrscheinlich sollte noch einmal erwähnt werden, dass natürlich nicht jede Frau kompetenter und damit besser geeignet für einen Job ist als ihre männlichen Kollegen – aber es stehen definitiv noch so viel mehr qualifizierte Frauen in den Startlöchern als die lächerlichen Prozentsätze in den Vorständen glauben machen könnten. Letztlich erhöht eine Quote den Wettbewerb, wie sich in Schweden zeigte, und macht damit insgesamt mehr Platz für gute Führungskräfte, die keine Angst vor starken Mitstreitern haben müssen. Denn, auch da sind sich die Forscher sicher, die Ergebnisse der Analyse aus Schweden lassen sich auch auf Unternehmen übertragen. Insofern ist die Studie auch für die Vorstände der börsennotierten Unternehmen hierzulande spannend. Vielleicht würde es sich ja doch lohnen, die Strukturen etwas schneller aufzubrechen?

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