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Bittere Wahrheit: So schlecht steht es um die Bildungschancen von Mädchen aus fragilen Staaten

Weltweit haben 130.000.000 Mädchen keinen Zugang zu Bildung. Der Bericht einer Hilfsorganisation zeigt, welche 10 Länder besonders betroffen sind und erklärt, warum.

 

130 Millionen Mädchen ohne Schulbildung

Vor wenigen Wochen begann in Deutschland das neue Schuljahr. Wieder standen angehende Erstklässler mit bunten Schultüten und viel zu großen Ranzen in den Aulas dieses Landes und warteten gespannt auf das, was man gemeinhin als den Ernst des Lebens bezeichnet.

Dass genau dieser „Ernst des Lebens“ ein wahnsinniges Privileg ist, wird klar, wenn man sich die Bildungschancen von Kindern weltweit anschaut. Immer noch gibt es zu viele Länder, in denen ein Schulbesuch alles andere als selbstverständlich ist. Besonders hart trifft es dabei Mädchen und junge Frauen. In Ländern mit schlechten Bildungschancen ist die Wahrscheinlichkeit, dass Mädchen nicht die Grundschule besuchen können oder dürfen um 57 Prozent höher als für Jungen. Je älter die Kinder werden, desto größer wird die Kluft zwischen ihnen. Weltweit haben aktuell 130.000.000 Mädchen keinen Zugang zu Bildung.

Ein trauriges Ranking

Im Zuge des Weltmädchentages hat die Hilfsorganisation ONE einen Bericht über die Bildungschancen von Mädchen in unterschiedlichen Teilen der Welt veröffentlich. Die Auswertung macht deutlich, in welchen Ländern es für Mädchen am schwersten ist, die Schule zu besuchen. Miteinbezogen werden dabei unter anderem die Anzahl von Schulabschlüssen, der Schlüssel von Schülern und Schülerinnen, die eine Lehrkraft betreuen muss und der Alphabetisierungsgrad unter Frauen und Mädchen. 

Diese zehn Städte schnitten bei der Auswertung von ONE am schlechtesten ab:

  1. Süd-Sudan
  2. Zentralafrikanische Republik
  3. Niger
  4. Afghanistan
  5. Tschad
  6. Mali
  7. Guinea
  8. Burkina Faso
  9. Liberia
  10. Äthiopien

Bildung als Weg aus der Armut

Neun der zehn Länder liegen in Afrika, alle gelten als fragile Staaten und sind von extremer Armut betroffen. Dadurch bedingt erkranken viele Kinder schon in jungem Alter aufgrund von Mangel- und Unterernäherung. Das allein erlaubt Rückschlüsse darauf, warum die Bildungsmöglichkeiten in besagten Ländern so schlecht ausfallen. Doch schaut man sich die Ergebnisse des Berichtes genauer an, werden weitere Gründe deutlich, warum gerade Mädchen so selten die Schule besuchen und abschließen können.

Kinderarbeit und Rollenverständnisse

In vielen der Länder des Ranking ist es normal, dass Kinder schon sehr früh Arbeiten müssen, um ihre Familie zu unterstützen. Durchschnittlich trifft das auf jedes vierte Mädchen zu. Außerdem werden Erntearbeiten und die Instandhaltung des Haushaltes noch immer überwiegend von Mädchen und Frauen übernommen.

Heirat von Minderjährigen

Die Hälfte aller Mädchen aus den betroffenen Ländern heiratet vor ihrem 18. Geburtstag. Ist eine Kinderehe erstmal geschlossen, kommt es meist aufgrund von mangelnder Aufklärung und Verhütungsmöglichkeiten zu Schwangerschaften. In ihrer Rolle als Mutter oder aufgrund ihrer vermeindlichen Pflichten als Ehefrau haben viele Mädchen nach einer Heirat keine Möglichkeiten mehr, eine Schule zu besuchen.

Unterrichtsausschluss aufgrund der Periode

Mitunter werden Mädchen aufgrund ihrer Menstruation vom Unterricht ausgeschlossen. Das hat einerseits mit kulturellem Stigma zu tun, dass der Regelblutung noch immer anhaftet, andererseits auch damit, dass viele Familien sich die nötigen Hygieneprodukte für ihre Töchter nicht leisten können. So verpassen die Mädchen aufgrund einer völlig natürlichen Körperfunktion wertvolle Unterrichtsstunden und werden daran gehindert, Neues zu lernen.

Wie kann man das ändern?

Wie kann man die Bildungschancen, insbesondere für Mädchen, weltweit verbessern? Die Organisation ONE sieht die mögliche Lösung dieses Problemes vor allem auf politischer Ebene. „Als größte Volkswirtschaft Europas hat Deutschland die Verantwortung, einen angemessenen Beitrag zur Finanzierung der globalen Bildungspartnerschaft zu leisten. Aktuell beträgt dieser nur sieben Millionen Euro pro Jahr. Das ist viel zu wenig. ONE und andere zivilgesellschaftliche Organisationen fordern, dass Deutschland mindestens 100 Millionen Euro pro Jahr aufwenden sollte.“, sagt Stephan Exo-Kreischer, Deutschland-Direktor von ONE. Außerdem versucht die Organisation durch die Social-Media-Kampagne #GirlsCount das Thema in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken.

Auch Projekte wie das „Buy One, Give One“-Programm von Ruby Cup, das Menstruationstassen an afrikanische Mädchen spendet, können im Kleinen etwas bewirken. Wichtig ist vor allem, sich dem Thema bewusst zu werden und nach neuen Möglichkeiten zu suchen, wie wir sowohl als Einzelpersonen als auch als Gesellschaft etwas an den unfairen Bildungschancen unserer Welt ändern können.

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