Foto: Unsplash | Samantha Sophia

Warum du nicht wissen kannst, was deine Freunde wirklich über dich denken

Wer meint, er wüsste, wie sein Umfeld über ihn denkt, liegt falsch. Denn habt ihr schon mal was vom „Blind spot“ gehört?

 

Bitte kein Video von mir! 

Sei es bei der Moderation eines Events, auf einem Panel, bei einer Rede auf einer Hochzeit oder einem Interview – bereit dazu sind wir immer gerne, die Video- und Fotoaufnahmen haltet ihr dann aber bitte fern von uns. Warum? Weil wir nicht unsere eigene Stimme hören oder unsere Bewegungen beobachten möchten und unser gutes Gefühl nach dem Event zerstören lassen wollen. Dachten wir, unser Auftritt sei ein Erfolg gewesen und unsere Nervosität hätten wir unter Kontrolle gehabt, zeigen uns die Videoaufnahmen eine ganz andere Person: mit einer anfangs flattrigen Stimme, in einer Sitzposition, die auf dem Video irgendwie arrogant rüberkommt und einem Ausdruck, der nach Langeweile schreit. Nein, das bin doch nicht ich!

Während viele meinen, dass es ihnen egal sei, was andere über sie denken, ist es das anderen eben nicht. Schließlich sind wir alle soziale Geschöpfe, die ihren Platz in einer Clique, einem Unternehmen oder einer Branche gefunden haben und den wollen wir bitte nicht in Gefahr bringen. Schon gar nicht mit fiesen Bewegtbilder! Was sollen denn jetzt die anderen über mich denken, wenn sie dieses Video von mir sehen?! 

Der „blinde“ Teil von uns 

Das hier beschriebene Phänomen lässt sich anhand des „Blind spots“ erklären, schreibt Christian Jarrett auf BBC. Denn so flattrig und nervös, wie wir uns in diesem Video wahrnehmen, kennen uns unsere Freunde vielleicht gar nicht. Vermutlich sehen sie in uns etwas ganz anderes, das für uns „blind“ bleibt: Wie wäre es mit Selbstbewusstsein, einem Kommunikationstalent und Aufgeschlossenheit? 

Dass unser Umfeld meist ein ganz anderes Bild von uns hat, als wir annehmen würden, hat eine Studie im Jahr 2013 gezeigt. 65 Studenten wurden dazu aufgefordert, ihre Persönlichkeit anhand von 37 Thesen einzuschätzen. Sie konnten beispielsweise bestätigen, dass sie hilfsbereit sind oder verneinen, dass sie faul sind. Anschließend sollten Familienmitglieder den gleichen Bogen über den Studenten ausfüllen. Das Ergebnis: Das Umfeld bewertete die befragte Person teilweise ganz anders, als diese angenommen hätte. So wurde ein Student beispielsweise von seinem Umfeld als faul charakterisiert, obwohl der Student diese Eigenschaft niemals mit seiner Person assoziiert hätte. 

Zeig dein Hidden Self! 

Die Martin-Luther-Universität ging mit ihrer Studie noch einen Schritt weiter. In Gruppen von vier Studenten gab jeder Teilnehmer eine Selbst- sowie eine Idee der Fremdeinschätzung ab. Diese wurden schließlich mit der tatsächlichen Fremdeinschätzung verglichen. Das Ergebnis: Je selbstbewusster und ausgeglichener oder, je vertrauter du mit deinen Mitmenschen bist, desto mehr verbindest du deine Selbsteinschätzung mit der Fremdeinschätzung. Und so hat man immer weniger Ahnung davon wie dich andere Leute wirklich sehen. Nach dem Motto: Du findest dich okay, du beschreibst dich als hilfsbereit, faul oder aufgeschlossen – dann sehen die anderen das doch ganz genauso. Nun ja, so ist es leider nicht. Die Ängstlicheren unter uns können ihr Fremdbild hingegen meist ganz gut vorhersagen, weil sie sich damit gedanklich viel mehr auseinandersetzen, heißt es in dem Artikel weiter. 

Aber, Studie hin oder her: Wenn du wirklich wissen willst, was andere Leute über dich denken oder du dein Fremdbild etwas auffrischen willst, dann sprich deine Mitmenschen doch ganz einfach an! Nicht nur dein Umfeld kann dir durch dein „Blind Self“, also ihre Fremdeinschätzung, neue Einblicke gewähren – auch du kannst ihnen durch dein „Hidden Self“, den Part deines Ichs, den nur du kennst, neue Seiten offenbaren. 

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