In einer Großstadt wie Berlin verliert man schnell den Überblick: Welche Party findet wo statt? Welche Ausstellung sollte ich wirklich nicht verpassen? Die App AskHelmut soll dir Antworten bieten. Wir haben die Co-Gründerin Conny Lohmann getroffen.
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Du lebst in einer Großstadt mit einem unendlichen Angebot an Events, Konzerten und Ausstellungen. Trotzdem gehst du immer in die gleichen Clubs und zu den gleichen Partys. Nur selten traust du dich aus deinen gewohnten Kreisen heraus.
Genau das wollte Conny Lohmann gemeinsam mit ihren drei Co-Gründern ändern: Sie erfanden Helmut. Eine App, die passend für jeden Nutzer das Spannendste und Nächstgelegene aus der „Hoch-, Off- und Club-Kultur“ heraussucht: Wo finden gerade die besten Ausstellungen statt? Was passiert heute Abend im Umkreis von drei Kilometern? Welche Party sollte ich nicht verpassen? Im Mai 2014 launchten sie die App, im vergangenen Jahr kam die Website hinzu. Wer genau sich hinter Helmut verbirgt, wie die Idee dazu entstanden ist und wie Helmut das Leben von Conny verändert hat, hat uns die Co-Gründerin im Interview erzählt.
Quelle: Inga Turczyn
Liebe Conny, warum Helmut? Wer ist Helmut überhaupt?
„Helmut ist natürlich dein bester Freund, der genau weiß, was geht und was zu dir passt. Zudem hat Helmut Gästelistenplätze für Shows parat, die ausverkauft sind, oder Theaterproduktionen, für die es gar keine Tickets mehr gibt – oder aber Fashionshows, zu denen ,Normalos‘ gar nicht hingehen können. Kurz gesagt: Helmut macht’s dir möglich.
Zu dem Namen inspiriert hat uns Armin Müller-Stahl als Taxi-Fahrer Helmut in dem Film ,Night on Earth‘, ein unfassbar guter Film.“
Was hast du vor Helmut gemacht?
„Nach meinem BWL-Studium habe ich fünf Jahre
im Bereich Innovationsmanagement und Marketing gearbeitet. Das heißt: Ich habe großen Marken
geholfen, von der alten Welt in die neue Welt zu kommen, neue digitale Geschäftsmodelle und Digitalkampagnen entwickelt, beispielsweise für Coca
Cola, Volkswagen oder Google.
Anderthalb Jahre davon habe ich in China gewohnt, um dort für die Firma eine Niederlassung aufzubauen. Das war für mich genau richtig. Zum einem, weil ich nach dem Studium niemals auf die Idee gekommen wäre, selber zu gründen. Zum anderen habe ich diese Zeit gebraucht, um meinen Weg zu finden und auch, um für mich das Selbstvertrauen zu gewinnen und zu wissen: Ich habe eine Firma mit aufgebaut, das kann ich eigentlich auch für meine eigene Firma machen.“
Neben der Motivation braucht man zusätzlich eine gute Idee. Wie ist denn die Idee für die App entstanden?
„Als ich wieder zurück nach Berlin gekommen bin, habe ich meinen alten Bekannten Beat getroffen, mit dem ich schon mal für ein Projekt zusammen gearbeitet hatte. Als Musiker und Komponist spielt er aktuell mit Marteria und Marsimoto. Da er dadurch die Veranstaltungsseite von beiden Seiten kennt, sowohl aus Künstler als auch Besuchersicht, hat er die Lücke klar erkannt. Er meinte: ,Es gibt jeden Tag in Berlin
tausende von verschiedenen Events. Wenn du ausgehen willst, gehst du aber doch
immer in die gleichen Läden oder du erstickst in der Recherche.‘ Das traf es einfach auf den Punkt.“
Inwiefern wollt ihr das mit Helmut ändern?
„Naja, es gibt die unfassbar tollsten Produktionen und trotzdem steht keiner im Publikum – weil es Künstler häufig nicht verstehen ihr Publikum zu finden oder überhaupt darüber zu informieren, gerade wenn sie noch klein sind. Wir fanden: Gerade jetzt, im Zuge der digitalen Entwicklung, muss es auch kleinen Künstlern, die kein Marketingbudget zur Verfügung haben, möglich sein, ihre Veranstaltung und ihre Arbeit zu promoten.
So kommt man aus den gewöhnlichen Kreisen heraus, entdeckt Neues und wird zufällig auf Veranstaltungen und Orte aufmerksam.“
Quelle: AskHelmut
Ihr habt aber nicht nur zu zweit gegründet – wer ist denn noch in eurem Team?
„Wir haben zu viert gegründet. Beat als Musiker und Komponist, Tine, unsere Grafikdesignerin, die ist auch Theaterdramaturgin, Nils, unser Programmierer, und ich kümmere mich um Strategie, Marketing sowie den Kunstbereich. Außerdem unterstützt uns noch unsere studentische Hilfskraft Andreas, auch Programmierer, an zwei Tagen in der Woche. Wir haben alle sehr komplementäre Skills, das ist ein großer Vorteil.“
Dass ihr mit Berlin gestartet seid, ist plausibel. Aber warum habt ihr euch als zweite Stadt für Leipzig entschieden?
„Berlin war von vornherein klar, weil wir hier leben und es einfach eine geile Stadt ist. Natürlich haben wir uns mit Berlin die größte Stadt mit der höchsten Veranstaltungsdichte ausgesucht – und natürlich auch die Stadt, in der es am meisten Konkurrenz gibt.
Weil wir lernen wollten, AskHelmut in einer kleineren Stadt aufzubauen, aber gleichzeitig nahe an Berlin bleiben wollten, ist unsere Wahl auf Leipzig gefallen: eine coole Stadt mit einer coolen Szene, die noch nicht so gesetzt ist. Natürlich haben wir auch über Hamburg, Köln und München nachgedacht – das wird auch alles bald kommen – doch wollten wir erstmal nahe an Berlin bleiben. Auch übers Ausland denken wir nach, dafür müssen wir jetzt aber erst mal ein bisschen Geld verdienen.“
Apropos Geld verdienen. Die App ist ja kostenlos – jetzt die große Preisfrage: Wie finanziert ihr euch?
„Gute Frage. Unsere Partner, sprich Museen, Clubs, Booking-Agenturen, von denen wir die Veranstaltungen übernehmen, müssen nichts dafür zahlen. Aus einem einfachen Grund: Wir wollen kleine Veranstaltungen genau so gut sichtbar zu machen wie die großen Theaterproduktionen, die viel Marketingbudget haben. Bei AskHelmut soll nur dein Geschmack und deine Relevanz darüber entscheiden, ob die Veranstaltung weiter oben oder unten erscheint.
Daher arbeiten wir alle parallel noch nebenbei. Kooperationen mit großen Marken oder künftig auch mit Hotels, sollen uns irgendwann ermöglichen, nur noch exklusiv für AskHelmut zu arbeiten.“
Tagsüber AskHelmut, abends oder am Wochenende Events und dann zusätzlich noch deinen zweiten Job – deine Woche muss sehr voll sein.
„Ja, die Woche ist definitiv sehr voll, aber den Job nebenbei für die Beratungsfirma, bei der ich früher gearbeitet habe, mache ich mal zwei, drei Monate und dann widme ich mich drei Monate lang wieder voll und ganz AskHelmut. Gerade ist der Job natürlich eine Doppelbelastung, aber die ist glücklicherweise auch irgendwann wieder vorbei. Ziel ist natürlich, dass wir sobald wie möglich nur noch exklusiv für Helmut arbeiten können.“
Weil du gerade schon erwähntest, dass es in Berlin viel Konkurrenz gibt – spürt ihr die denn? Seht ihr euch in Konkurrenz zu anderen Medien wie „Mit Vergnügen“ oder „Tipp“?
„Nein, wir arbeiten eigentlich ganz viel zusammen, helfen einander und stehen ständig in Kontakt. Mit Vergnügen hat auch schon über uns geschrieben, als wir noch ganz am Anfang standen. Auch heute treffen wir uns immer mal wieder, helfen ihnen, wenn sie Veranstaltungen haben, stehen eigentlich ständig
in Kontakt. Meiner Meinung nach, hat sich Mit Vergnügen sehr stark von den reinen Veranstaltungstipps weg hin zu einem großen Magazin entwickelt. Uns sehe ich hingegen vielmehr als Empfehlungsplattform für Events
– jedoch mit einer viel größeren Vielfalt und viel spezifischer. Letztlich konkurrieren da alle miteinander
in der Wahrnehmung, aber wir alle haben unsere Nischen.“
Die App habt ihr vor knapp zwei Jahren gelauncht. Wann hattet ihr denn das Gefühl, dass Helmut immer beliebter wird?
„Jetzt kürzlich, im November
hatten wir den stärksten Monat seit langem. Da hatten wir 30 Prozent Wachstum
in allen Bereichen und engagement-mäßig sogar noch viel, viel mehr. Seitdem wachsen wir insgesamt schneller als vorher – warum genau, ist für uns manchmal nur schwer nachvollziehbar.“
Was ist dir denn als Co-Gründerin im Arbeitsalltag wichtig? Was motiviert dich?
„Ich find’s unheimlich wichtig, im Team gemeinsame Momente zu erleben, das ist immer
besonders motivierend. Ansonsten sind es Gespräche mit Kunden oder
Feedback von Nutzern, die anrufen und sagen: ,Es ist geil, was ihr macht.‘
Oder wie jetzt: Momentan rufen mich
dauernd Gewinner von der Fashionweek an. Normalerweise verlosen wir 250 Tickets
pro Woche und es ruft nie jemand an, und jetzt bei der Fashionweek tun sie’s alle – die rufen an und drehen durch.
Auf die Dauer nervt es
natürlich auch, aber es ist wirklich schön: Wir merken, wir haben jemanden glücklich
gemacht. Nutzer sind glücklich, Veranstalter sind glücklich, wir können gut mit
Kunden zusammenarbeiten. Dass es voran geht, ist einfach toll.“
Inwiefern hat sich dein Leben seit Helmut verändert?
„Ganz stark hat sich natürlich mein Tagesablauf verändert. Früher war ich immer um 9.30 Uhr im Büro und habe dann immer bis spät gearbeitet. Jetzt arbeite ich wahrscheinlich mehr, weil es mir
unfassbar viel Spaß macht und mich ganz anders motiviert. Aber wir fangen als Team nicht vor 11 Uhr in unserem kleinen Büro an – man kann Künstler einfach nicht so früh ins Büro zerren (lacht). Allein die Leute, die
ich seitdem kennengelernt habe, waren es auf jeden Fall wert, AskHelmut zu
gründen – was auch immer daraus werden wird.“
Gibt es etwas, das du lieber vor dem Gründen gewusst hättest?
„Es ist eigentlich alles anders gekommen, als ich ursprünglich dachte. Ich hätte nie gedacht, dass ich so gut klar komme mit der Unsicherheit. Anfangs habe ich gedacht, wir kriegen Geld aus irgendeinem Fördertopf, aber das hat natürlich nicht geklappt. Ich bin motiviert wie selten. Das Wichtigste ist, dass man einfach Dinge macht und nicht zu lange abwägt, ob das jetzt richtig oder falsch ist. Im Endeffekt, gerade im Digitalgeschäft, muss man einfach Dinge ausprobieren und Fehler machen, sonst findet man selbst auch die Antworten nicht.“
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